Ismaning:Das Mantra des Flughafenchefs

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Michael Kerkloh, Geschäftsführer der Flughafen München GmbH, warb bei der SPD in Ismaning für den Bau einer 3. Start- und Landebahn im Erdinger Moos. (Foto: Stephan Rumpf)

"Sie wollen immer häufiger fliegen. Das ist eine Tatsache." Airport-Geschäftsführer Michael Kerkloh versucht auf Einladung der SPD in Oberschleißheim Ängste vor den Folgen einer dritten Start- und Landebahn zu zerstreuen

Von Christina Jackson, Ismaning

Michael Kerkloh trug seine Überzeugung im prächtigen Schlosssaal des Ismaninger Rathaus wie ein Mantra vor: "Sie wollen immer häufiger fliegen. Das ist eine Tatsache." Auf Einladung der örtlichen SPD war der Geschäftsführer der Flughafen München GmbH (FMG) zum Kamingespräch gekommen. Dabei gestaltete sich der Abend wie eine Werbeveranstaltung für die Dritte Start- und Landebahn. Eine Bilanz des Flughafenmanagers lautet so: Die Bürger sind reisefreudiger denn je. Deshalb können sie unmöglich gegen eine weitere Startbahn sein.

Mehr noch: Kerkloh führte eine nicht näher benannte Statistik an, die Fluggastzahlen nach Parteizugehörigkeit untersuchte und zu dem Schluss kommt, dass gerade Grünen-Mitglieder die Spitze der Vielflieger bilden. Dazwischen servierte der promovierte Volkswirt seinen Zuhörern einen bunten Mix aus weltanschaulichen Erkenntnissen und Promi-Höhepunkten vom Flughafen-Alltag. Mit unverhohlenem Stolz plauderte er vom Besuch des US-Stars Harrison Ford, den man erst kürzlich erfolgreich vor Schaulustigen abschirmen habe können, ebenso wie von Fußballstars und EU-Politikern, die am Flughafen München ihre Besprechungen abhielten, weil der Knotenpunkt perfekt erreichbar sei.

Kernthema des Abends aber war die Diskussion über die Start- und Landebahn. Kerkloh skizzierte die Entwicklung des Flugverkehrs, indem er auf eine Blütezeit der Billigflieger in den Achtziger- und Neunzigerjahren hinwies, die zu einem kontinuierlichen Anstieg der Passagierzahlen geführt habe. Etwa 100 000 Reisende fertigen die Flughafenmitarbeiter heute jeden Tag ab. Zahlen, die angesichts des steigenden Wohlstands nach Kerklohs Einschätzung weiter steigen werden. Zur Veranschaulichung richtete er den Blick auf China. Dort lebten 1,6 Milliarden Menschen, von denen etwa fünf Prozent in der Lage seien, Flugreisen zu finanzieren. Das wären nach seinen Worten 80 Millionen.

Zum Vergleich wies er auf die 82 Millionen Einwohner Deutschlands hin. "Das sind fast genauso viele Chinesen, die jetzt kommen. Die muss man nicht alle mögen, aber die machen das." Zusammen mit den reisefreudigen Deutschen fliege damit eine Passagierladung auf den Flughafen zu, die das Management nur durch eine Erweiterung des Airports stemmen könne. "Das sind keine Bedingungen, die wir künstlich erzeugen. Das sind Sie, die mehr reisen wollen." Kerklohs Quintessenz: "Nur eine Dritte Start- und Landebahn in München ist ressourcen- und umweltsparend."

Die Tatsache, dass die Flugbewegungen erst seit 2015 und moderat steigen, ließ Kerkloh unerwähnt. Zuvor hatte es sogar eine rückläufige Entwicklung gegeben. Kerklohs Überzeugung nach garantieren aber hohe Klimastandards einen schonenden Flugverkehr. Außerdem führe eine Entscheidung gegen die Erweiterung zu mehr Warteschleifen der Maschinen in der Luft. Neue Maschinen mit spritsparenden Turbinen seien ebenfalls ein Garant für geringeren CO₂-Ausstoß.

Wenig Zustimmung erfuhr Kerkloh mit seinem Vergleich zur Fahrzeugentwicklung: "Sie können der Luftfahrtindustrie mit gutem Gewissen vertrauen. So wie sie den Fortschritten der Automobilindustrie vertrauen." Ebenso kritisch nahmen die Gäste die Ausführungen zu den Begleiterscheinungen eines Startbahn-Baus auf. Offen sprach Kerkloh vom hohen Flächenverbrauch und Lärm, der "auf ein paar Tausend Menschen" zukomme. Anwohner müssten aber realisieren, dass sie ein lohnendes Opfer für die Gesamtgesellschaft brächten. "Es gibt keine einzige Startbahn mehr in Deutschland, die wir bauen könnten." Die dafür benötigten Freiflächen fehlten an allen anderen Standorten. Ein Großteil der Passagiere ist nicht aus beruflichen Zwängen unterwegs: "Über 50 Prozent unserer Kunden sind Privatreisende." Und diese stellten immer höhere Erwartungen an einen Flughafen. So habe man angesichts älterer Fluggäste Hinweisschilder mit extragroßen Buchstaben installiert.

Eine kultursoziologische Kurzanalyse gab Kerkloh ungefragt für Gäste aus dem Orient: "Die Araber wollen Pampers-Service. Die laufen - wenn möglich - überhaupt nicht." Der Flughafen München, das sollten diese kulturellen Schablonen transportieren, sei das "Tor für Bayern" und "ein Ort, an dem die Welt zu Gast ist". Dafür habe sein Team in Zeiten der Terrorbedrohung in den vergangenen Jahren aufgerüstet. "4800 Mitarbeiter kümmern sich ausschließlich um das Thema Sicherheit, das sind 15 Prozent unseres gesamten Personals."

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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