1,28 Millionen Euro, mit diesem Preis steht aktuell eine Doppelhaushälfte in Garching im Internet zum Verkauf. Dieses Geld hat nicht jeder, deswegen war es kein Wunder, dass die Informationsveranstaltung zu Genossenschaftwohnen im Baugebiet Kommunikationszone am Dienstagabend äußerst gut besucht war. Dicht an dicht gedrängt standen Jung und Alt im Theater im Römerhof. "Es freut mich, dass wir wirklich anscheinend den Nerv getroffen haben", sagte Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) zur Begrüßung. Genossenschaftswohnen sei eine Möglichkeit, sich lebenslanges Wohnen zu verträglichen Preisen zu sichern und "vielleicht die Wohnform der Zukunft".
Die Kommunikationszone soll einmal Heimat für etwa 3000 Menschen werden. Dort sind ganz unterschiedliche Wohnformen geplant, wie der Bürgermeister erläuterte. Die Grundstückseigentümer müssten 25 Prozent der Geschossfläche an die Stadt abgeben, davon werden 7,5 Prozent für Genossenschaftswohnen zur Verfügung stehen, die Fläche soll ausgeschrieben werden. In Quadratmetern würde das etwa 100 Wohnungen mit je 90 Quadratmetern bedeuten, rechnete Gruchmann vor. Für das Einheimischenmodell sind 12,5 Prozent reserviert, was etwa 110 Wohnungen mit 100 und 35 Reihenhäusern mit circa 130 Quadratmetern entspräche. Die Kriterien für die Vergabe stünden allerdings noch nicht fest, informierte Gruchmann. Er empfahl Interessenten, beide Wege parallel zu verfolgen, also das Einheimischenmodell genauso wie die Baugenossenschaften. Doch auch beim Einheimischenmodell müssten die Garchinger mit 80 Prozent des marktüblichen Preises rechnen. Großes Aufstöhnen bei den Zuhörern.
An diesem Abend stand jedoch der Genossenschaftsbau im Vordergrund. Natalie Schaller von Stattbau erklärte, wie das funktioniert. Hat sich eine Genossenschaft gegründet, kann sie sich auf ein Grundstück bewerben. Das Haus, das die Genossenschaft baut, bleibt lebenslang Gemeinschaftseigentum. Es wird speziell nach den Vorstellungen der Mitglieder gebaut, die ein gutes Team sein sollten. Für die Mitglieder bedeutet diese Wohnform eine Zwischenform zwischen Mieten und Eigentum, erläuterte Schaller. Jedes Mitglied hat auch nur eine Stimme, ganz gleich, wie groß die Wohnung ist. Wer Mitglied werden möchte, zahlt einen Pflichtanteil und ein Eintrittsgeld, es kann auch stille Mitglieder geben, die ihr Geld dort anlegen wollen und dafür Zinsen erhalten. Wer dann tatsächlich eine Wohnung bekommt, der muss Nutzungsgeld je nach Größe zahlen. Bei den Quadratmeterpreisen wurden unterschiedliche Zahlen genannt. Schaller geht von mindestens 500 Euro aus, Markus Sowa von der Genossenschaft "Kooperative Großstadt" nannte 1000 Euro und ein Vertreter der Genossenschaft "Unsere Stadt" hielt eher 1500 Euro für realistisch. Demnach müsste bei 1000 Euro ein Nutzer einer 100-Quadratmeter-Wohnung 100 000 Euro einbringen, die teilweise auch über eine Bank finanziert werden können. Insgesamt müsse eine Genossenschaft 20 bis 25 Prozent Eigenkapital nachweisen, um Kredite bei der Bank zu bekommen, so Schaller.
Die Garchinger hatten viele Fragen. Wann kann es losgehen, wie lange dauert es bis zur Fertigstellung? Welche Chancen hätte eine Garchinger Genossenschaft, zum Zug zu kommen, wie etwa die, die Bastian Dombret mit seiner Initiative "Gemeinsam in Garching" plant? Bürgermeister Gruchmann betonte, jeder könne selbst die Initiative ergreifen und eine Genossenschaft gründen. Schaller bot auch jedem eine Beratung in der Mitbauzentrale in München an. "Ich glaube schon, dass für Garchinger Initiativen die Chancen groß sind, dass sie zum Zuge kommen", sagte Gruchmann. Aber sicherlich würden sich auch andere Genossenschaften bewerben, wie etwa die Wohngenossenschaft der Arbeiterwohlfahrt oder die Baugenossenschaft Ober- Unterschleißheim. Der Stadtrat werde dann über die Vergabe entscheiden. Der Bürgermeister geht davon aus, dass sich die Genossenschaften im Herbst 2020 bewerben können. Bis zur Realisierung würden dann laut Schaller noch zwei bis drei Jahre vergehen.
Die Initiative "Gemeinsam in Garching" informiert am Mittwoch, 13. November, von 19.30 Uhr an im Theater im Römerhof über den aktuellen Stand.