Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Gewerbegebiet auf der Kippe

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Nach jahrelangem Streit entscheidet das Verwaltungsgericht über Siegertsbrunn Nord

Von Gregor Bauernfeind, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Jetzt muss das Gericht entscheiden. Schon mehr als zehn Jahre währt der Streit über das geplante Gewerbegebiet Siegertsbrunn Nord. Die Gemeinde erhofft sich Gewerbesteuereinnahmen, die Anwohner der Siedlung Am Hart, die direkt an das Gewerbegebiet angrenzen würde, möchten Verkehr und Lärm nicht vor der Haustür haben. Sie bemängeln die fehlende Bürgerbeteiligung und sehen Ungereimtheiten beim Bebauungsplan. Nach ihrer Normenkontrollklage hat sich diese Woche das Bayerische Verwaltungsgericht in München mit dem Fall befasst. Die Entscheidung, ob und in welcher Form der Bebauungsplan umgesetzt werden kann, wird für kommenden Freitag erwartet.

"GE 202" heißt die umstrittene Fläche im Norden von Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Auf dem Gebiet zwischen Hohenbrunner Straße im Osten, Hinterem Altlaufweg im Norden und den S-Bahn-Gleisen sowie der dahinterliegenden Siedlung Am Hart im Westen plant die Gemeinde ein knapp vier Hektar großes Gewerbegebiet. Doch bereits früh in der Planungsphase formierte sich dagegen Widerstand aus der Bevölkerung. Schon 2008 taten sich Anwohner zur Bürgerinitiative "Siedlung am Hart" zusammen, die mittlerweile mehr als 60 Unterstützer hat. Bei Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) sei man aber auf wenig Gehör gestoßen, sagt Sabine Hoogen von der Bürgerinitiative: "Man hatte den Eindruck, dass eine Zusammenarbeit gar nicht erwünscht ist." Die fehlende Bürgerbeteiligung war dann auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung am Verwaltungsgericht.

Schon die Einsichtnahme der Pläne, die auf einem kleinen Tisch ohne Sitzgelegenheit im Gang des Rathauses auslagen, sei nicht angemessen gewesen, monierte der Vorsitzende Richter Hans-Joachim Dösing, stellte aber auch klar, dass der Bebauungsplan deshalb nicht in Bedrängnis komme. "Solche Verfahrensfehler sind eine Verzögerung, sonst nichts", sagte er.

Schwerer wiegen könnten andere Kritikpunkte der elf gemeinsam klagenden Anwohner der Siedlung. Sie werfen der Gemeinde unter anderem vor, sich nicht ausreichend mit alternativen Standorten für das geplante Gewerbegebiet beschäftigt zu haben. "Da gibt es mindestens drei", sagte Udo Link, einer der beiden Anwälte der Kläger, und nannte Gebiete östlich der Hohenbrunner Straße, westlich der Münchner Straße und östlich der Sportplatzstraße.

Zentraler Punkt der Kläger ist die zu erwartende Lärmbelästigung durch das Gewerbegebiet. Ihre Anwälte sehen 60 Dezibel und damit die Grenze zur Gesundheitsgefährdung überschritten. Sie bemängeln Fehler beim Lärmschutzgutachten, unter anderem fehle eine Messung des Nachtwertes. Entscheidend dürfte auch sein, wie das Gericht den "Schienenbonus" bewertet, den Wolfgang Würfel, der Anwalt der Gemeinde, geltend machen möchte. Das aus Sicht der Anwohner hinter S-Bahn-Gleisen gelegene Gewerbegebiet könnte von dieser Sonderregelung, die im Schienenbereich fünf zusätzliche Dezibel zulässt, profitieren.

Von Belang könnte auch sein, ob die Siedlung, in der sich neben Wohnhäusern auch eine kleine Schreinerei befindet, als "allgemeines" oder als schutzwürdigeres "reines" Wohngebiet eingestuft wird. Eine ganze Reihe solcher Detailfragen gilt es für die Verwaltungsrichter nun abzuwägen. Ihre Entscheidung am kommenden Freitag könnte dann Nachbesserungen am Bebauungsplan nötig machen, das Projekt aber auch komplett scheitern lassen.

© SZ vom 11.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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