Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Billiger bauen dank Carsharing und E-Bike

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Ein Auto für viele: Mit Carsharing, so die Überlegung, lassen sich teure Tiefgaragenplätze einsparen. (Foto: Florian Peljak)

Wer beim Hausbau Alternativen zum Auto vorsieht, soll auf teure Parkplätze und Tiefgaragen verzichten dürfen

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Verstopfte Straßen, überteuerte Wohnungen und Lokalpolitiker im Dauerstress: Wer auch immer verstehen will, was der Zuzug für Probleme schafft, kann mit Gewinn nach Höhenkirchen-Siegertsbrunn schauen. Jetzt könnte sich auch für alle der Blick in die Gemeinde lohnen, die nach Lösungen suchen. Denn das Rathaus möchte ein Steuerungsinstrument in die Hand bekommen, das Bürger dazu bringt, ihr Auto stehen zu lassen, das Bauen im Innenraum fördert und überhaupt günstiger macht. Der Schlüssel zum Glück: eine modifizierte Stellplatzsatzung.

Franz Josef Weigand von der Pöttinger Immobiliengruppe hat im Bauausschuss des Gemeinderats ein Bonuskonzept vorgestellt, das honoriert, wenn Investoren beim Bau von Wohnanlagen Alternativen zum Auto anbieten. Für ein Carsharing-Fahrzeug, das den Bewohnern der Anlage zur Verfügung steht, soll demnach auf bis zu sieben Stellplätze verzichtet werden können; bei drei E-Lastenrädern oder vier E-Bikes ist es jeweils einer. Nach einem Berechnungsmodell für eine Wohnanlage mit 100 Appartements müssten in Höhenkirchen-Siegertsbrunn nach aktuellem Stand 175 Stellplätze geschaffen werden. Bis zu 53 könnten nach Weigands Modell eingespart werden. Bei den Gemeinderäten kam das trotz Nachfragen, wie das in der Praxis funktionieren soll, gut an.

Denn ein Kostentreiber beim Bau von Wohnungen würde entschärft. Tiefgaragen könnten kleiner ausfallen und Wohnraum günstiger geschaffen werden. Vor allem würde das Auto verzichtbar. Peter Guggenberger (CSU) sprach von einem "sehr spannenden" Ansatz. Andere äußerten sich ähnlich. Die Vorstellung vom Leben auf dem Land mit einem Fahrzeug, das man sich teilt, schreckte im Gemeinderat niemanden. Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) bekannte, sie glaube fest an die Zukunft der Elektromobilität.

Den Reiz der Modellrechnung machte auch aus, dass einfließt, wie nahe die Wohnanlage an Infrastruktur-Einrichtungen angebunden ist. Steht die Grundschule weniger als einen Kilometer vom Wohnort, wird ein größerer Mobilitätsbonus gutgeschrieben, als wenn sie weiter entfernt liegt. Gleiches gilt für die S-Bahn, den Kindergarten oder Geschäfte des täglichen Bedarfs. Auf diese Weise würde das Bauen im Innenraum indirekt gefördert. Flächenversiegelung und unnötiger Verkehr würden auch so vermieden.

Freilich gibt es Fallstricke. Groß erprobt wurde das Konzept bis dato nicht. Mindy Konwitschny (SPD) warnte vor einer Fehlentwicklung, sollten im verdichteten Innenraum weniger Stellplätze geschaffen werden, ohne dass die Leute auf ihre Autos verzichteten. Dann wären die Straßen vollends dicht, sagte sie. Andere verwiesen auf fehlende Radwege. Ein Lastenfahrrad auf der Bahnhofsstraße würde den Autoverkehr blockieren, warnte Manfred Eberhard (UB). Die Gemeinde bleibt am Thema dran. Juristische Fragen sollen geklärt werden. Dann kommt es wieder auf den Tisch.

© SZ vom 28.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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