Historie:Spannende Zeitreise

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Die neue Chronik Feldkirchens dokumentiert auf 564 Seiten und in vielen Bildern die Geschichte der Gemeinde vom heiligen Emmeram bis in die jüngere Vergangenheit

Von Nadja Tausche, Feldkirchen

Eine der wichtigsten Geschichten Feldkirchens, sagt Cornelia Oelwein, sei die des heiligen Emmeram. Die Geschichte des Bischofs ereignete sich etwa im achten Jahrhundert und ist in der neuen Gemeindechronik, welche die bayerische Landeshistorikerin verfasst hat, nacherzählt: Emmeram hatte einer Regensburger Herzogstochter, die ein uneheliches Kind erwartete, seine Hilfe angeboten. Sie solle ihrem Vater sagen, er sei der Vater. Der Bischof machte sich auf den Weg von Regensburg nach Rom und hoffte, nach seiner Rückkehr sei Gras über die Sache gewachsen. Der Bruder der Schwangeren wurde aber so wütend, dass er Emmeram folgte und ihn, als er ihn fand, auf eine Leiter band und verstümmelte. Seine Begleiter wollten ihn noch zu einer nahegelegenen Kirche bringen, er starb jedoch auf dem Weg.

Heute erinnert die Kapelle St. Emmeram an die Stelle seines Todes. Ursprünglich wurde hier eine Kirche gebaut, die Autorin der Chronik: eine Kirche im Feld, deshalb der Name Feldkirchen. Die Gründungsgeschichte des Ortes ist eine von vielen Geschichten auf den 564 Seiten der Chronik. "Es geht darum, sich zu erinnern", sagt Bürgermeister Werner van der Weck (SPD) bei der Vorstellung der Chronik diese Woche. Er vergleicht das Werk, das von dem Münchner Verlag Franz Schiermeier herausgegeben wird, mit dem Fotoalbum einer Familie, in dem wichtige Ereignisse festgehalten werden. "So was schüttelt man nicht einfach aus dem Ärmel", sagt van der Weck.

In der NS-Zeit mrachieren die Anhänger des Regimes durch den Ort. (Foto: Schiermeier Verlag)

Die Chronik ist eine Neuauflage der ersten Gemeindechronik aus dem Jahr 1990, die ebenfalls von Oelwein geschrieben wurde - damals noch ohne Computer. Seit Veröffentlichung dieser ersten Chronik hat sich einiges verändert. Das heutige Rathaus ist entstanden, die Einwohnerzahl Feldkirchens hat sich mehr als verdoppelt, außerdem wurde 1992 der Flughafen vom nahegelegenen Riem ins Erdinger Moos verlegt. In der neuen Chronik geht es um diese neuen Entwicklungen, um den Skatepark und um die Vereine, aber auch um geschichtliche Ereignisse.

Die Geschichte Feldkirchens sei im Kleinen auch die Geschichte Bayerns und des ganzen Landes, sagt Bürgermeister van der Weck. Das zeigt sich in der Chronik etwa in den Schilderungen zum Zweiten Weltkrieg. Wegen der Nähe zum Flughafen in Riem hatte Feldkirchen immer wieder unter Fliegerangriffen zu leiden. Meist richteten die Bomben jedoch keinen größeren Schaden an. In Feldkirchen wurden auch Straf- und Kriegsgefangene eingesetzt. Sie mussten in Feldkirchen hauptsächlich beim Reichsbahnbau und in der Landwirtschaft arbeiten. "Es gab kaum einen Hof im Landkreis München ohne Fremdarbeiter", schreibt Oelwein.

Eine der wichtigsten Geschichten Feldkirchens: Bischof Emmeram hatte einer Regensburger Herzogstochter, die ein uneheliches Kind erwartete, seine Hilfe angeboten. (Foto: Verlag Schiermeier)

Insgesamt wurden zwischen 180 und 200 Mann aus Feldkirchen zum Kriegsdienst eingezogen, 32 Soldaten sind zwischen 1939 und 1945 gefallen, so hat es der Pfarrer Josef Hobmair im Kriegsbericht der Gemeinde notiert.

Den Pfarrer habe sie persönlich gekannt, sagt Luzia Beck, er sei damals in der Schule ihr Religionslehrer gewesen. Beck ist zur Vorstellung der neuen Chronik gekommen. Sie will sich eines der blauen Bücher kaufen. "Damit ich meinen Kindern und Enkeln was erzählen kann", sagt sie. Beck ist geborene Feldkirchnerin und mittlerweile seit zehn Jahren Mitglied des Gemeinderats. Auch die erste Chronik hat sie gelesen. Sie interessiere eben alles, was im Ort passiert.

Erwin Huber kann einen Teil seiner eigenen Geschichte in der Chronik nachlesen. 1972 stellte die Blaskapelle Feldkirchens den ersten Maibaum im Ort auf, Huber war damals als 17-Jähriger dabei. Heute spielt er immer noch in der Kapelle. Eine solche Bindung an einen Ort sei heutzutage seltener geworden, sagt Huber. Die Leute ziehen häufiger um, viele Bürger arbeiten oft nicht mehr im Ort selbst. "Die Gemeinde hat nicht mehr die Bedeutung von früher", so Huber. Das soll sich ändern, weshalb die Gemeinde die Chronik auch an die Schulen verteilen wird. Schließlich sei die Geschichte interessant, findet van der Weck: "Es ist nicht nur eine Doku, sondern eine spannende Zeitreise."

Historisches Feldkirchen: Altbürgermeister Leonhard Baumann, Autorin Cornelia Oelwein, Bürgermeister Werner van der Weck und Verleger Franz Schiermeier bei der Präsentation der Chronik. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Chronik ist für 18 Euro erhältlich im Rathaus an der Infostelle, im Buchhandel oder direkt beim Verlag Franz Schiermeier (www.franz-schiermeier-verlag.de).

© SZ vom 16.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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