Handynutzer:Universitätsstadt im Funkloch

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Im Garchinger Norden gibt es bislang kein LTE-Netz. Grund hierfür sind Vereinbarungen mit der Baugesellschaft München-Land

Von Gudrun Passarge, Garching

Wer wissen möchte, wie es um das Handynetz in Garching bestellt ist, kann auf einer Seite der Telekom nachschlagen und stößt schnell auf zwei weiße Löcher im ansonsten gut mit LTE (Long Term Evolution) versorgten Landkreis. Stadtrat Manfred Kick (CSU) regt das Thema auf. "Seit vielen Jahren sind wir Universitätsstadt Garching und dann haben wir das schlechteste Internet im ganzen Landkreis. Es kann nicht sein, dass wir hier mit 2 G verhungern und kein LTE haben", schimpfte er im Stadtrat. Das Problem hängt zusammen mit der Baugesellschaft München Land und den Schweizer Grenzwerten und mit der Telekom, die auf deutsche Grenzwerte setzt. Aber es zeichnet sich Bewegung ab.

Fakt ist, östlich vom Auweg und in Teilen östlich der Freisinger Landstraße gibt es viele Handynutzer, die vergeblich auf ein LTE-Netz hoffen. Versorgt wird diese Gegend durch einen Mast, der an der Königsberger Straße auf einem Haus installiert ist, das der Baugesellschaft München-Land gehört. Diese aber setze auf die Schweizer Standards, die sich nicht mit dem LTE-Ausbau vertrügen, teilte Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) im Stadtrat mit. Richtig, sagt der Geschäftsführer der Baugesellschaft, Ulrich Bittner. Es gebe einen Beschluss, wonach für Masten auf Gebäuden der Gesellschaft die strengeren Schweizer Grenzwerte gefordert würden. Komme ein Antrag eines Mobilfunkbetreibers, dann prüfe ein Sachverständiger, ob die Schweizer Werte eingehalten werden. In Garching würden sie überschritten, wenn die Telekom die Leistung ausbauen würde.

Den Antrag dazu hat die Telekom vor sechs Jahren gestellt, wie Pressesprecher Markus Jodl berichtet. Bisher verfügt der Mast nur über GSM und UTMS, die Telekom wollte deswegen auf LTE, die dritte Generation der Mobilfunkstandards, erweitern. Für Handynutzer bedeutet das, sie sind schneller im Netz unterwegs und können mehr Daten runterladen. Der Firmensprecher stellt klar, die Telekom halte sich wie überall sonst auch beim Ausbau stets an die deutsche Gesetzgebung. Hier gelte die Bundes-Immissionsschutzverordnung, deren Einhaltung die Bundesnetzagentur überprüfe. "Garching liegt in Deutschland und ist kein Kanton in der Schweiz", sagt Jodl. Dort werde anders gemessen und das Modell führe auch zu mehr Standorten. Da stellten sich dann gleich die Fragen: "Ist das wirtschaftlich finanzierbar? Und wer soll das bezahlen?" Auch anderswo, wie beispielsweise in München, sei man von den strengeren Grenzwerten weggekommen, sagt der Pressesprecher der Telekom. Jodl weist darauf hin, dass sich die Diskussion über Mobilfunk mit den Jahren gewandelt habe. Früher sei mehr über die Auswirkungen des Mobilfunks auf die Gesundheit diskutiert worden, heute gehe es eher um Funklöcher. Die Telekom sei Experte auf dem Gebiet des Netzaufbaus, Kommunen müssten bereit sein, auf die Expertise derjenigen zu vertrauen, die dieses Netz bauen. Nach Ansicht des Pressesprechers ist Garching eh schon spät dran. "Sie müssen aufpassen, dass sie nicht den Zug der Zeit verpassen", denn, so führt er aus, die Technik sei inzwischen schon weiter als bei LTE, der neue Mobilfunkstandard werde das 5-G-Netz werden. Aber, "wo es kein LTE gibt, wird es auch kein 5 G geben".

Jodl sieht den Ball jetzt bei der Stadt Garching. Die Telekom sei bereit, den Mast umzurüsten, "bei uns ist es auf dem Schirm", aber wenn, dann nach den hierzulande geltenden Werten, "nicht Italien, nicht Schweiz, nicht nepalesische Werte, deutsche Richtwerte sind unsere Richtschnur", sagt er.

Ulrich Bittner von der Baugesellschaft München-Land verweist auf die bestehenden Beschlüsse der GmbH, er sagt aber auch, wenn die Kommune, in dem Fall Garching, sage, sie wolle den LTE-Mast, dann würde die Gesellschaft das in die Wege leiten. Die Befürchtung von Manfred Kick, Garching müsste jetzt erst auf die nächste Aufsichtsratssitzung im Herbst nächsten Jahres warten, teilt Bittner nicht. Bei einer klaren Ansage der Stadt, die Gesellschaft solle das so umsetzen, "denke ich nicht, dass es extra einen Aufsichtsratsbeschlussbeschluss geben muss".

Bürgermeister Dietmar Gruchmann räumt ein, kein Experte in der Materie zu sein. Er könne nicht beurteilen, "was gesundheitlich zulässig oder grenzwertig ist", da müsse er sich voll auf die Zulassungsbehörden verlassen. Auch er habe schon mitbekommen, dass sich Bürger über das leistungsschwache Netz aufregten. Gerade im Hinblick auf Zukunftsvisionen wie Smart City oder Autonomes Fahren ließe sich eine stärkere Sendeleistung wohl nicht aufhalten. Letztendlich jedoch, so findet Gruchmann, sollte der Stadtrat entscheiden, "nach ausführlicher Vorinformation".

© SZ vom 27.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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