Haar:Profit für die Allgemeinheit

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Die Gemeinde weitet die sozialgerechte Bodennutzung aus

Von Bernhard Lohr, Haar

Haar reagiert auf die steigenden Grundstückspreise. Die Gemeinde passt die Regelung für eine sozialgerechte Bodennutzung an. Demnach sollen Grundstückseigentümer, deren Flächen durch Bauleitplanungen der Gemeinde an Wert gewinnen, auch im sogenannten Innenbereich einen Beitrag für die Allgemeinheit leisten. Seit 1994 gilt in Haar eine entsprechende Regelung für neue Wohn- oder Gewerbeflächen. Künftig sollen Gebiete im Ort, die verdichtet werden oder etwa von Gewerbe- in Wohngebiete umgewandelt werden, gleich behandelt werden. Wer weniger als 500 Quadratmeter Geschossfläche dazugewinnt, bleibt unbehelligt.

Noch ist nichts beschlossen. Der Gemeinderat hat das letzte Wort. Aber wie es aussieht, dürfte die Neuerung durchgehen. Der Bauausschuss des Gemeinderats empfahl die Neuerung mit der Mehrheit von SPD, Grünen und Freier Wählergemeinschaft gegen die Stimmen der CSU. Deren Fraktionsprecher Dietrich Keymer sah noch "Diskussionsbedarf" in seiner Fraktion. Andreas Rieder forderte, die Freigrenze mindestens auf 1000 Quadratmeter Zugewinn anzuheben. Auch Gerlinde Stießberger fand 500 Quadratmeter problematisch. Damit treffe man "auch die Kleinen", sagte sie. Das sahen die übrigen Ausschussmitglieder anders. Auch der Anwalt Gerhard Spieß, der die Gemeinde berät, fand: "Für mich sind das keine Kleinen mehr." Wer ein zweites Haus in sein Grundstück reinsetze, der sei nicht betroffen.

Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) sprach von einer wichtigen Entscheidung, um den in der bayerischen Verfassung verankerten Grundsatz zur Wirkung zu bringen, dass Eigentum verpflichtet. Damit würden nun auch Wertsteigerungen im Innenbereich der Kommune berücksichtigt. Gerade in Haar sind das auch die Flächen, die sich am stärksten verändern. Es wird baulich verdichtet oder neu genutzt. So wie etwa am Brennerei-Gebäude in Salmdorf und auch in Gronsdorf geschehen. Mittlerweile stehen dort Wohnhäuser. Müller meinte, dies wären klassische Fälle gewesen, um einen Teil der Gewinne abzuschöpfen. Künftig soll das möglich sein. Aus Sicht von Müller ist das auch deshalb in Haar geboten, weil große Entwicklungsflächen im Außenbereich fehlen.

Offenbar steht Haar mit seiner Neuerung nicht alleine. Fachanwalt Gerhard Spieß führte Beispiele vieler Kommunen in Oberbayern an, die Planungsgewinne im Innenbereich nicht alleine bei den Grundstückseigentümern belassen. Gauting und Planegg lassen sich von der Kanzlei Döring-Spieß beraten. Er schilderte Fälle aus Geretsried und Landsberg, wo größere Gewerbeflächen in Wohnbaugebiete umgewandelt werden - mit entsprechenden Gewinnen für die Grundstückseigentümer.

Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller nannte die Ausweitung der sozialgerechten Bodennutzung die zweite Säule des gemeindlichen Engagements auf dem Wohnungssektor. Abgesehen vom Bau von Gemeindewohnungen soll damit etwa das so genannte "Haarer Modell" gestärkt werden. Dieses sieht vor, dass sich die Gemeinde in einem Wohngebiet vom Bauträger ein Belegungsrecht für einen Teil der Wohnungen überschreiben lässt, in denen Bürger unter einer bestimmten Einkommensgrenze von vergünstigten Mieten profitieren.

© SZ vom 20.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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