Haar:Lange Leitung

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Solche Leerrohre wurden in Haar bisher an zwei Stellen verlegt; unter anderem in der Schubertstraße. (Foto: Jens Büttner/dpa)

Haar schließt mit Hilfe der bayerischen Breitbandinitiative Lücken im Datennetz. 17 Kommunen im gesamten Landkreis nutzen das Förderprogramm. Für die Zukunft könnten sie sich mit Masterplänen wappnen

Von Bernhard Lohr, Haar

Wer weiß schon wirklich, was sich unter Gehsteigen befindet und hinter grauen Schaltkästen verbirgt. Bei genauerem Hinschauen ist mit Überraschungen zu rechnen. Und manches Rätsel wird gelöst. Das Haarer Rathaus hat in Zuge des Ausbaus des Breitbandnetzes das Büro Corwese aus Seefeld im Landkreis Starnberg damit beauftragt, die Qualität der Datenleitungen im Gemeindegebiet zu untersuchen. Und so wurde deutlich, warum ausgerechnet die Bewohner im Bereich Jagdfeldring/Dianastraße so wenig Freude am Surfen im Internet haben; ein Schicksal, das sie mit denen der Gärtnersiedlung in Salmdorf und sogar den Firmen teilen, die an der Richard-Reitzner-Allee Büros haben.

Haar durchläuft mit 16 anderen Kommunen aus dem Landkreis München gerade das von der Staatsregierung im Breitbandförderprogramm vorgesehene Verfahren, um an Zuschüsse zu kommen. Ein flächendeckender Ausbau des Netzes bis zum Jahr 2018 auf Geschwindigkeiten von 50 Megabit/Sekunde ist das Ziel. Vor einer Vergabe von Zuschüssen steht eine Bestandsaufnahme. Dann müssen die Netzbetreiber, die ja in Gebieten, in denen es sich für sie lohnt, auf eigene Kosten Netze aufbauen, abgeklopft werden, um zu klären, ob das Problem nicht auch ohne staatliche Unterstützung zu beheben ist.

In Haar liegt jetzt die Bestandsaufnahme vor und es ist bekannt, dass im Bereich Jagdfeldring/Dianastraße noch alte Koaxialkabel im Boden liegen, die der dortige Netzbetreiber Kabel Deutschland trotz mehrmaliger Aufforderung bisher technisch nicht nachgerüstet hat. Um in der Gärtnersiedlung etwas zu erreichen, müsste eine Glasfaserleitung von Salmdorf aus hinverlegt werden. Auch für die Richard-Reitzner-Allee etwa - wo sich Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) kürzlich noch sehr über angebliche Defizite bei der Breitbandversorgung wunderte - ist eine Nachrüstung mit Glasfaser im Gespräch.

Andere Lücken im Datennetz, wie an der Gronsdorfer Straße, an der Keferloher Straße und an der Blumenstraße, könnten geschlossen werden, indem eine alte Vermittlungsstation am Bahnhof umgebaut wird. Um die anvisierten Verbesserungen zu erreichen, müsste die Gemeinde nach Schätzungen 127 000 Euro in die Hand nehmen. 60 Prozent der Kosten würden über das Förderprogramm finanziert.

Auf die erwartete digitale Revolution wäre man damit nicht unbedingt vorbereitet. Michael Räbiger, Diplom-Ingenieur vom Büro Corwese, empfahl, einen Masterplan erstellen zu lassen. Dieser soll die Grundlage darstellen, um in den nächsten 15 bis 20 Jahren alle Haushalte mit Glasfaser zu versorgen, was weit höhere Datenraten ermöglicht. Finanziell leistbar ist das nach seinen Worten nur, wenn Zug um Zug bei laufenden Arbeiten so genannte Leerrohre im Boden verlegt werden. Später könnte sich ein solches leistungsfähiges Netz in der Hand einer Kommune zu einer Einnahmequelle entwickeln, sagte Räbiger, wenn Durchleitungsgebühren kassiert werden könnten. Räbiger verwies bei der Einschätzung auf den Bayerischen Gemeindetag und führte das Beispiel der Gemeinde Essenbach bei Landshut an, die freilich wegen des Kernkraftwerks Isar II über außergewöhnlich hohe Steuereinnahmen verfügt und einen Netzausbau mal schnell selber schultert. Essenbach hat laut Räbiger für 18 Millionen Euro ein Glasfasernetz aufgebaut, dieses an M-Net vergeben, und hat jetzt fixe Einnahmen. In Haar wird noch anders gerechnet. Alexander Zill (SPD) und Werner Kozlik (Grüne) fragten vorsichtig nach, ob es sich lohne, für 50 000 Euro zum relativ abgelegenen Wasserwerk an der Forsthausstraße ein Kabel zu verlegen. Man sollte es sich leisten, fand Bürgermeisterin Müller, weil von dort die gesamte Wasserversorgung gesteuert werde.

Mit Hilfe eines Masterplans soll bis in 20 Jahren ganz Haar mit Glasfaser versorgt sein. Der Breitbandausbau in Zuge des bayerischen Förderprogramms könnte Michael Räbiger zufolge bis August 2017 abgeschlossen sein.

© SZ vom 03.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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