Haar:Juwelen für Jedermann

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Baustellenbesuch im ehemaligen Klinik-Casino: Bezirkstagspräsident Josef Mederer, Oberbayerische Heimstätte-Prokurist Jürgen Hölzl, Bürgermeisterin Gabriele Müller, Architekt Markus Blaimberger, Heimstätte-Geschäftsführer Michael Zaigler und Architekt Werner Zeitler (v. li.). (Foto: Angelika Bardehle)

Die Oberbayerische Heimstätte bezieht das sanierte Casino im Haarer Jugendstilpark und bekennt sich zum Bau günstigen Wohnraums

Von Bernhard Lohr, Haar

Wie hätte es anders sein können. Es wurde wieder Mal vom "Juwel" geschwärmt. Gleich zwei Redner priesen so das Kleine Theater in Haar, das am Donnerstag auch besonders viel hermachte. Die geladenen Gäste saßen an glanzvoll eingedeckten Tischen. Festlich ging es zu in dem weiten Saal, der sonst schon Besucher ins Staunen bringt. Die Oberbayerische Heimstätte feierte im Theater als Wohnungsbau-Unternehmen mit der deutlich kleineren Deutschen Heim ein Jubiläum und den Umzug der Verwaltung. Mit 85 Personen geht es bald ins sanierte Casino der früheren Klinik: Auch das ist ein Juwel - wie jeder beim Blick in dieses Haus ahnen konnte, wenngleich es noch Baustelle ist.

Noch residieren die beiden im Jahr 1935 gegründeten Wohnungs-Unternehmen des Bezirks in der Rablstraße in München-Au. Wenn die Beschäftigten im Januar 2017 das Gebäude gegenüber dem Kleinen Theater in Haar beziehen, werden sie gleich wieder mit einer Baustelle konfrontiert. Die Heimstätte will dann auch die anderen, in ihrem Eigentum befindlichen denkmalgeschützten ehemaligen Klinikgebäude sanieren und wie Juwelen zum funkeln bringen. Seit Jahren laufen die Planungen für das künftige Wohngebiet Jugendstilpark. Der Baubeginn wurde schon oft herbeigesehnt. Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) sagte im Kleinen Theater, kommendes Jahr werde es wirklich losgehen, allerdings nicht, ohne ein "So Gott will" hinzuzufügen. Der Geschäftsführer der Heimstätte, Michael Zaigler, sagte, man werde "hoffentlich" beginnen. Tatsächlich war am Rand der Veranstaltung zu hören, dass noch in diesem Jahr die Erschließungs-Arbeiten beginnen könnten. 400 Miet- und Eigentumswohnungen will die Heimstätte jedenfalls dort schaffen. Die Jugendstilpark München GmbH plant als zweiter Investor in ähnlicher Größenordnung Neubauten zur Verdichtung. 2000 Menschen sollen im Jugendstilpark einmal insgesamt leben.

Auch wenn viel von Juwelen gesprochen wurde, ging es am Donnerstag viel um bezahlbaren Wohnraum. Die Oberbayerische Heimstätte und die Deutsches Heim, deren gemeinsames 80-jähriges Bestehen Anlass zur Rückschau bot, sehen sich da in der Verantwortung. Bezirkstagspräsident Mederer sagte, angesichts vieler anerkannter Flüchtlinge und vieler anderer, die sich Wohnungen kaum noch leisten könnten, sei "günstiger Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten" zu schaffen. Dies hätten die Unternehmen bisher auch "erfolgreich umgesetzt". Er rechtfertigte die Entscheidung des Bezirks als Träger der Klinik in Haar einen Teil des Klinikgeländes an die Heimstätte und einen freien Investor verkauft zu haben als "weitsichtig". Dabei sei es nicht um Spekulation gegangen, vielmehr würden die Erlöse zu 100 Prozent wieder in die Klinikversorgung investiert.

Die Heimstätte baut Wohnungen und verwaltet verteilt auf ganz Oberbayern ihren Bestand von 5400 Wohnungen, wobei ein Schwerpunkt in Haar liegt, wo man alleine 1000 Wohnungen in der Hand hat. In den vergangenen Jahren hat die Heimstätte Mederer zufolge für 150 Millionen Euro insgesamt 1500 Wohnungen saniert und 300 neu gebaut. Bis zum Jahr 2020 sollen weitere 240 Millionen Euro investiert werden. Die Bautätigkeit müsse zunehmen, sagte Mederer und warnte vor "sozialen Problemen". Die Not sei groß. Das merke man auch, wenn Patienten nach psychiatrischer Behandlung der Weg zurück ins Leben versperrt sei, weil Wohnraum fehle. Die Bauträger des Bezirks seien bereit zum Handeln: "Wir stehen Gewehr bei Fuß."

Allerdings fehlen oft die Grundstücke. Bis aus einer Wiese baureifes Land wird, können Jahre vergehen. Xaver Kroner, Direktor des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW), pochte darauf, Bauen günstiger zu machen. Und er identifizierte als größtes Hemmnis die Vorbehalte der ansässigen Bevölkerung gegen sozialen Wohnungsbau. Es müsse ein neues Verständnis von Mietwohnungsbau für Menschen mit geringem und auch bis hin zu mittleren Einkommen entwickelt werden. In den Fünfzigerjahren sei der Bau günstigen Wohnraums positiv besetzt gewesen. Dorthin müsse man zurück.

Dabei sieht Kroner eher einen Vorteil darin, dass die Sozialwohnung mit Belegungsrecht im Rückzug ist. Es gebe genügend andere Modelle. Das Werkzeug habe man zur Hand, sagte er, und meinte damit auch die Heimstätte, die mit Hilfe staatlicher Fördermittel eine Durchschnittsmiete in ihren Wohnungen von sechs Euro ermöglicht. Der künftige Jugendstilpark mit seinen Juwelen dürfte später einmal eher gehobene Wohnansprüche erfüllen. Zuletzt beklagte die Gemeinde jedenfalls, dass die Heimstätte beim Grunderwerb für den Bau des Seniorenheims unter Verweis auf hohe Grundstückspreise in der Region Nachforderungen gestellt hat.

© SZ vom 07.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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