Haar:Jubiläumsgruß der Himmelsstürmer

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Beim Schnupperflugtag durften Jugendliche die Modellflugzeuge steuern. (Foto: Claus Schunk)

Loopings, Turns, Rollen und Piroflips: Die Mitglieder des Modellbau Clubs München präsentieren anlässlich der 1000-Jahr-Feier von Salmdorf ihr fliegerisches Können. Der Flugtag erinnert an die Jahrzehnte prägende Nachbarschaft zum Verkehrsflughafen Riem

Von Claudia Engmann, Haar

"In einem echten Hubschrauber würde der Pilot solche Kunststücke nicht überleben: Er würde sich die Wirbelsäule brechen." Moderator Herbert Utz kommentiert die spektakulären Loopings, Turns, Rollen, Piroflips und Tic-Tocs, die Mitglieder des Modellbau Clubs München (MCM) beim Helikopter-Kunstflug vorführen. Der 1970 gegründete Verein hat einen eigenen zehn Hektar großen Flugplatz in Salmdorf, Gemeinde Haar. Anlässlich der 1000-Jahr-Feier von Salmdorf stand dort das gesamte Wochenende im Zeichen der Hobbyflieger. Beim Schnupperflugtag am Samstag und beim Jubiläumsfliegen am Sonntag gab es in direkter Nachbarschaft des langjährigen, ehemaligen Münchner Verkehrsflughafens viel zu erleben.

Von 1939 bis 1992 war der Flughafen München-Riem direkter Nachbar von Salmdorf, der massiven Einfluss auf das Leben im Ort nahm. Erst mit dem Flughafenumzug nach Erding begann für die Salmdorfer ein neues Kapitel in ihrer Geschichte. Heute hat der Ort mit der Fliegerwiese für den Modellflugsport - mehr als 20 Jahre nach dem Ende des Flughafens München-Riem - ein kleineres und viel vergnüglicheres Andenken an die 50 Jahre Flughafen-Zeit.

"Mein Enkel Felix darf seit zwei Monaten alleine fliegen", sagt am Sonntag stolz Vereinsmitglied Wolfgang Berner. Der zehnjährige Felix ist eines der jüngsten Mitglieder und begann, wie jeder Fluganfänger, im Schüler-Lehrer Team. Bei den Vorführungen macht er beim Fun-Club-Fallschirmabwurf mit und beim spektakulären Ballonstechen mit den "Styronator" genannten Fliegern. Der Bauplan für diese Flieger stammt aus dem Internet, die Modelle wurden von den Klubmitgliedern gemeinsam gebaut. Sie sind nicht so teuer wie Fertigbausätze und wenn sie kaputt gehen, kann man sie zum Großteil wieder zusammenflicken. Vorläufige Schadensliste nach dem Luftballonstechen: vier Abstürze, davon zwei Totalschäden und ein Motorabwurf. Ein Flieger konnte gleich an Ort und Stelle mit viel Kleber wieder einsatzbereit gemacht werden.

Eine interessante Entwicklung zurück zu den Wurzeln gibt es mit den RES-Segelfliegern: die Konstrukteure möchten mit diesen Modellen an die Kreativität der Anfangszeit des Modellbaus anknüpfen, zu der mit vorhandenem Know-how und einfachem Material in Teamarbeit hochwertige Segelflugmodelle selbst konstruiert und gebaut wurden. Bedingung heute: eine Spannweite von zwei Metern und überwiegende Holzbauweise. Nur für Holm, Nasenleiste und Heckrohr sind Glas- oder Kohlefaser zugelassen. Die Steuerung erfolgt über Seitenruder (Rudder), Höhenruder (Elevator) und Bremsklappe (Spoiler), daher der Name RES. Von diesen Modellen wurden drei Flieger vorgeführt. Sehr elegant: das Fangen der Segelflieger bei der Landung mit der Hand. Einen RES-Wettbewerb mit 50 Teilnehmern gibt es nächsten Samstag.

Nicht ganz einfach auch der Bannerschlepp mit drei Flugzeugen: Die Modelle haben ebenfalls eine Spannweite von zwei Metern und Elektromotoren mit 1,5 PS. Die Banner müssen nacheinander abgeworfen werden, damit sie sich nicht verfangen. Vom Moment des Abwurfs an ändert sich die Aerodynamik und es muss anders gesteuert werden. Aber auch da gelingt die Vorführung ohne größere Probleme. Der Dreidecker von Gerhard Köberlein landet nicht ganz perfekt, aber auch da ist das Steuern nicht so ohne, noch dazu bei leichten Windböen. Bei der abschließenden Fuchsjagd-Vorführung schießen die Styronatoren-Flieger noch einmal mit einem langen Krepp-Band am Heck befestigt in den Himmel und versuchen, das Kreppband der anderen mit dem Propeller abzuschneiden.

Unter die Rubrik "kuriose Flugkörper" lässt sich ein "fliegender Mann" von Dietmar Hirsch aus Poing vermutlich einordnen. Auch diese Fluggerät ist natürlich selbst gebaut. Die genauen Baumaße waren Moderator Utz nicht bekannt: auf alle Fälle ist es ein Unikat.

Der Modellbau Club München zählt mit seinen zahlreichen Teilnahmen an Welt- und Europameisterschaften in den Klassen F3B, F3J und F1C zu den erfolgreichsten Vereinen Deutschlands. Nächster Höhepunkt für die 130 Mitglieder wird das traditionelle Fliegen um den Oktoberfest-Pokal sein. 100 Spitzen-Piloten inklusive der amtierende Europa- und Weltmeister messen sich dabei in Salmdorf von 26. bis 28. September in einem internationalen Wettbewerb für ferngesteuerte Segelflugmodelle der Klasse F3B miteinander. Bereits zum 39. Mal findet das Turnier statt.

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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