Haar:Jedem seine Streichliste

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Das Grundstück an der Katharina-Eberhard-Straße ist über die Jahre verwildert. Die mehr als haushohen Bäume werden kaum zu erhalten sein. (Foto: Angelika Bardehle)

Grüne und Freie Wähler wollen die Kosten für kommunale Wohnungen durch den Verzicht auf Parkplätze senken. Die CSU will lieber die Radständer einsparen

Von Bernhard Lohr, Haar

Auch wenn die Entscheidung noch nicht gefallen ist, wer am Ende die Mietshäuser an der Katharina-Eberhard-Straße in Haar bauen wird. Für das Rathaus und die Gemeinderäte ist es ein besonderes Projekt. Der kommunale Wohnungsbau erlebt eine Renaissance. Und so sollen nun auch in Haar wieder Wohnungen als Neubauten entstehen, die entweder die Gemeinde selbst errichtet oder von einem Partner bauen lässt. Auf jeden Fall liegt den Gemeinderäten besonders viel an dem Vorhaben, in relativ zentrumsnaher Lage nach aktueller Planung 24 Gemeindewohnungen in zwei Gebäuden zu schaffen. Den Grünen und der Freien Wählergemeinschaft (FWG) ist dazu Außergewöhnliches eingefallen.

Die beiden kleinen Fraktionen im Gemeinderat ziehen öfter mal gemeinsam an einem Strang. Und manchmal erreichen sie auch etwas damit. So letztens, als Mike Seckinger (Grüne) in beider Namen vortrug, dass der Einstieg in den kommunalen Wohnungsbau eine gute Gelegenheit wäre, sich einmal grundsätzlich Gedanken über innovatives Bauen zu machen. Immer wieder liefen gerade der öffentlichen Hand die Kosten davon, sagte er. "Wie gelingt es, Bauprojekte aus der üblichen Spirale herauszubringen, dass sie wieder teurer werden?" So sollte seiner Meinung nach durchforstet werden, was für Vorschriften verzichtbar wären. Es könnte überlegt werden, ob die späteren Bewohner der Wohnungen nicht selbst zu Schaufel und Spaten greifen könnten, um die Grünanlagen zu schaffen. Ein anderer Vorschlag, den Seckinger machte, war, zu schauen, ob die Wohnungen nicht auf bestimmte Bevölkerungsgruppen ausgerichtet werden könnten, um so vielleicht teure Stellplatznachweise zu vermeiden. Für Seniorenwohnungen etwa würden weniger Parkplätze benötigt.

Es waren nur erste Ideen, denen sich aber schnell weitere hinzugesellten. CSU-Fraktionschef Dietrich Keymer etwa fragte, - freilich nicht im Sinn der Grünen -, ob wirklich immer Fahrradstellplätze angelegt werden müssten. Diese seien ein Kostentreiber, und auch noch einer, den der Gemeinderat mit der gemeindlichen Fahrradstellplatzsatzung selbst verschuldet habe. Keymer fand es auf jeden Fall sinnvoll, zu versuchen, eine "Trendwende" bei öffentlichen Bauten hinzubekommen. Der Gemeinderat beschloss einstimmig, eine Arbeitsgruppe einzurichten. 50 000 Euro stehen dieser kommendes Jahr zur Verfügung, um Ideen umzusetzen und etwa Fachleute mit heranzuziehen. Nach Ansicht von Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) ist das zunächst nicht mehr als eine Art Platzhalter. Entweder man werde gar kein Geld benötigen, sagte sie, oder man werde deutlich mehr benötigen. Das werde man sehen. Im Dezember noch soll laut Rathaus die Besetzung des Arbeitskreises festgelegt werden und die Arbeit soll baldmöglichst beginnen.

Ob die Gemeinde selbst baut, die Baugesellschaft München-Land oder eine Baugenossenschaft, das ist noch vollkommen offen. Derzeit läuft das Bebauungsplanverfahren und in dem zeigt sich jetzt schon, dass gerade Grüne und FWG einige Kröten werden schlucken müssen. So wird der gewachsene Baumbestand auf dem verwilderten Grundstück weitgehend weichen. Ein Antrag der Grünen, den Antonius van Lier (FWG) ausdrücklich unterstützte, sollte einen Ausweg aus dem Dilemma weisen, dass man möglichst große Baukörper mit vielen Wohnungen anstrebt, ohne zu viel Grün zu zerstören. So sollte die Katharina-Eberhard-Straße im engsten Abschnitt zur verkehrsberuhigten Straße erklärt werden, um haushohe Bäume am Grundstücksrand zu schonen, die bei der Anlage eines Gehwegs verloren wären. Van Lier kritisierte, dass die Gebäude womöglich zu groß geplant worden seien. Es sei "frustrierend", wie von Seiten der Planer hier vorgegangen worden sei.

Doch damit drang er nicht durch. Bürgermeisterin Müller wehrte sich gegen Abstriche an den Gebäuden, die sich in ihren Ausmaßen aus städtebaulichen Gründen an den Häusern in Richtung Münchner Straße orientieren. Mit einer verkehrsberuhigten Spielstraße in diesem Bereich wird Müller zufolge den Kindern Sicherheit nur vorgegaukelt. Jetzt soll auch nach Appellen von Paul Wieser (CSU) zumindest versucht werden, einen solitär stehenden Baum im Westen des Areals zu erhalten. Das wurde gegen die Stimmen von Grünen und FWG beschlossen.

© SZ vom 08.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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