Haar:Hürden vorm Sportpark

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Weil in der Stadt die Hallenkapazitäten begrenzt sind, verlegen Münchner Vereine ihren Sitz ins Umland. Haar will dem Zuzug nun einen Riegel vorschieben. Örtliche Vereine sollen künftig strenge Kriterien erfüllen

Von Bernhard Lohr, Haar

Es muss nicht immer Fußball sein. So viele Sportarten gibt es mittlerweile und so viele Vereine, die diese anbieten. Zulauf hat etwa Capoeira, eine afro-brasilianische Kampfkunst, bei der begleitet von Musik tänzerische Elemente und Akrobatik ineinanderfließen. Ein ästhetisches Erlebnis ist das Ergebnis. Doch viele dieser Sportarten benötigen geeignete Trainingsräume. Und die sind rar. Ein Bolzplatz tut es eben nicht. Und so hat der Verein Linguado Capoeira München im Jahr 2011 aus gutem Grund seinen Sitz von München nach Haar verlegt. Er hat nicht nur den neuen Sport in die Stadtrandgemeinde gebracht, sondern sich auch den Zugang zu attraktiven Sporthallen geöffnet. Diese Entwicklung will die Gemeinde nun stoppen.

Der im Jahr 2008 in der Landeshauptstadt gegründete Verein Linguado Capoeira München wurde 2011 zu einem Haarer Verein. Dana da Silva, Vorstandsmitglied bei Linguado Capoeira, bestätigt, dass die attraktiven Möglichkeiten, in Haar den Sport zu betreiben, ein Kriterium gewesen seien, den Sitz ins Münchner Umland zu verlegen. Aber auch sonst sei das eine gute Wahl gewesen. Sie wohne jetzt selbst in Haar, sagt sie. Es gebe dort viele junge Familien und Kinder. Der Verein habe viele neue, junge Mitglieder in Haar gewonnen. Aktiv ist der Verein an vielen Orten in Stadt und Umland. Er bietet Kurse ebenso in Pasing wie in Pullach an und war schon immer im Münchner Osten besonders rührig, wo es viele Auftritte im Kulturzentrum Trudering gab. Für das Training nutzt der Verein, wo es sich anbietet, Schulturnhallen. Doch dort einen Platz zu bekommen, ist vor allem in München nicht leicht, wie Friedl Häusler, Vorsitzende des Bayerischen Landessportverbands im Landkreis München, sagt. Hallen seien in München knapp, sie seien oft wenig attraktiv und Nutzungszeiten teuer zu bezahlen. Insofern kann sie nachvollziehen, dass ein Verein wie Linguado Capoeira den Weg nach Haar suchte. Eine große Bewegung von Vereinen raus aus München in die Umlandgemeinden kann Häusler nicht ausmachen. Aber sie hält es für "legitim", wie sie sagt, dass Haar verhindern will, dass das Beispiel im Sportpark Schule macht.

In Haar sieht man offenbar keinen anderen Ausweg. Denn so groß der Sportpark am Haarer Bahnhof auch ist. Der Platz ist endlich und die Kapazitäten sind doch begrenzt. Deshalb erwägt mittlerweile bereits der durch und durch und ausschließlich in Haar verwurzelte TSV einen Aufnahmestopp bei den Mitgliedern zu erlassen. Oliver Eberle, der Leiter des Sportparks, berichtete das im Hauptausschuss des Gemeinderats und machte auch sonst deutlich, dass seiner Meinung nach dringend etwas getan werden muss, um den Ansturm auswärtiger Vereine auf den Sportpark zu stoppen. Laufend sei er dabei, telefonische Anfragen abzuwehren. Viele Münchner Vereine schielten auf das nahe gelegene Haar, sagte Eberle. Zwei Münchner Vereine seien in den vergangenen Jahren zu Haarer Vereinen geworden, um Zutritt zum Sportpark zu bekommen. Ein weiterer hat laut Eberle derzeit genau dieses vor.

Bisher galt als einziges Kriterium, dass ein Verein seinen Sitz in Haar haben muss. Eine Änderung des Eintrags im Vereinsregister reichte. Das will Haar nun ändern. So soll es künftig acht Prüfkriterien geben, die zu erfüllen sind und von denen abhängt, in was für eine Nutzergruppe man eingestuft wird. Als örtlicher Verein, mit all den damit verbundenen Privilegien, soll dann nur noch der gelten, der seit fünf Jahren in Haar im Vereinsregister eingetragen ist. Mehr als die Hälfte der Vereinsmitglieder oder mindestens 30 Mitglieder müssen zudem ihren Hauptwohnsitz in der Gemeinde haben. Außerdem muss der Verein mindestens zehn aktive Mitglieder zählen.

Es ist kein starres System, das nur auf Abwehr abzielt. Das zeigt das Beispiel von Linguado Capoeira. Seit dem Umzug hat sich die Mitgliederstruktur verändert. Mittlerweile kommen viele der insgesamt etwa 140 Capoeira-Sportler eben aus Haar. Zudem ist man kommendes Jahr auch im fünften Jahr in Haar ansässig. Oliver Eberle sagt, Linguado Capoeira werde mit dem Inkrafttreten der neuen Regelung die an einen Haarer Verein gestellten Kriterien erfüllen. Auch sonst ist man offenbar gewillt, Härten zu vermeiden. So will man bei der Interessengemeinschaft für ferngesteuerte Schiffsmodelle und RC-Cars (IFFM), einem relativ kleinen Verein, der lange schon in Haar ist, aber die Quote an Haarer Mitgliedern nicht erreicht, ein Auge zudrücken. Keiner der bisher als örtlich ansässig geführten Vereine würde damit den Zugang zum Sportpark verlieren. Ausnahme ist eventuell die Kirnarra. Der Verein hat bisher auf die Anfrage der Sportparkleitung, die die Kriterien abgeklopft haben will, nicht reagiert. Er soll noch eine Frist erhalten. Der Gemeinderat hat den neuen Nutzungsbedingungen am Dienstagabend einstimmig zugestimmt.

Sie treten damit am 1. Januar in Kraft.

© SZ vom 29.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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