Haar:Forensik-Patienten spielen Theater

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Psychisch kranke Straftäter bringen Goldoni-Komödie auf die Bühne

Das ungewöhnliche Projekt, bei dem sich Patienten der Klinik für forensische Psychiatrie in Haar einem Theaterpublikum präsentieren, gibt es schon seit einigen Jahren. Gleichwohl ist für die Protagonisten, die sich auf die Bühne wagen, dieser Schritt immer eine Herausforderung - ob sie nun Routine haben oder nicht. Am Donnerstag, 30. April, führen zehn Patienten und vier Mitarbeiter das Lustspiel "Diener zweier Herren" im Gesellschaftshaus des Isar-Amper-Klinikums München-Ost auf. "Einige Patienten haben bereits in den vergangenen Jahren Erfahrung auf der Bühne gesammelt, für einige ist es Neuland", erklärt Regisseur Bernd Wengert. Die Nervosität sei hoch, die Motivation freilich ebenso: "Sehr engagiert und mit viel Leidenschaft proben die Schauspieler", konstatiert Wengert, der seit knapp 20 Jahren Stücke mit Laiengruppen, aber auch mit psychisch Kranken inszeniert.

Insgesamt vier Wochen dauert das Projekt - es ist die bisher fünfte Inszenierung mit Patienten der forensischen Psychiatrie. Die gesamte Bühnenlogistik - Kulissen und Requisiten, Licht- und Tontechnik, Transport und Aufbau des Bühnenequipments - wird von den Teilnehmern in Zusammenarbeit mit der Arbeitstherapie des Klinikums realisiert. In der Forensischen Abteilung werden Menschen psychiatrisch behandelt, die ein Gericht als gemeingefährlich eingestuft hat, die aber aufgrund psychiatrischer Gutachten als nicht oder nur vermindert schuldfähig gelten. Die oft zu jahrelanger Therapie Verurteilten haben beim Theaterprojekt die Möglichkeit, selbstverantwortlich an etwas zu arbeiten, das im Idealfall auch therapeutische Wirkung zeitigt.

Das Stück "Diener zweier Herren", 1746 von Carlo Goldoni geschrieben, dürfte den Mitwirkenden schon aufgrund seines lustvollen, aufgedrehten Charakters Spaß machen. Im Mittelpunkt steht der Diener Truffaldino, der bei seinen beiden Arbeitgebern Chaos entfacht. In 90 Minuten erzählen die Schauspieler Liebesgeschichten, zeigen menschliche Stärken und Schwächen, die in veritable Verwicklungen münden. Klassiker wie "O sole mio" oder "Bello e impossibile", gespielt von der Ersten Allgemeinen Forensikband, bilden den musikalischen Rahmen. Der Eintritt ist frei. Die Vorstellung im Gesellschaftshaus auf dem Gelände des Isar-Amper-Klinikums, Ringstraße 36, beginnt um 18 Uhr.

© SZ vom 29.04.2015 / wat - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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