Haar:Der Himmel ist gnädig

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Der Spätsommer beschert den Segelflugmodell-Piloten zum Abschluss ihres Weltcups in Salmdorf eine gute Thermik

Von Laura Zwerger, Haar

Während im Festzelt unter dem Himmel der Bayern das Bier fließt, fliegen am Wochenende keine 30 Kilometer entfernt Modellflugzeuge dem wirklichen Himmel entgegen. Denn in der Gemeinde Haar, auf dem Salmdorfer Flugplatz, haben sich am Wochenende die weltbesten Segelflugmodell-Piloten versammelt, um beim "Oktoberfestpokal" ihren Meister zu ermitteln.

Der Wettkampf beschließt den diesjährigen Weltcup der Sportart, zwölf Wettkämpfe sind in den vergangenen Monaten bereits ausgerichtet worden. Der Oktoberfestpokal in Haar, der bereits zum 41. Mal stattfand, wurde vom Modellbau Club München ausgerichtet. Dafür nach München angereist sind Teilnehmer aus Russland, den USA oder Chile, etwa die Hälfte der Piloten kam aus Deutschland oder angrenzenden Ländern. Und die deutschen Piloten hatten am Sonntag dann allen Grund zum Feiern - sie teilten sich die ersten drei Plätze: So ist der Stuttgarter Martin Herrig Weltcup-Sieger geworden, gefolgt von Jens Buchert aus München und Martin Herrigs Bruder Andreas auf Platz drei. Bereits im Vorfeld wurde Martin Herrig als heißer Kandidat für den diesjährigen Wettbewerb gehandelt - in den Wettkämpfen zuvor hatte der 36-Jährige bereits überordentlich gut abgeschnitten und nun kämpfte er sich mit der höchsten Punktzahl in Salmdorf auf Platz eins.

Herrig, der als Entwicklungsingenieur tätig ist, betreibt den Modellflugsport wie die meisten der Teilnehmer als Hobby. Geld lässt sich in dieser Sportart kaum verdienen, meist erhalten die Gewinner Sachgeschenke wie eine Fernsteuerung oder einen Pokal. Das hindert die Piloten allerdings nicht daran, auf dem Flugplatz mit Kampfgeist zu stehen und ihre aus Carbon gefertigten Flugmodelle, die meist eine Spannweite von drei Metern haben, vom Boden aus zu steuern.

Neben den Piloten trägt ein Team aus zwei Helfern dazu bei, das Flugzeug auf dem idealen Kurs zu halten. (Foto: Angelika Bardehle)

Herrig, der sein Flugmodell in der Luft konzentriert mit den Augen fixiert, hat das Fliegen bereits als Kind für sich entdeckt. "Ich habe schon, als ich klein war, Flieger gebaut und sie dann vom Hang geschubst", sagt er. Während der drei Wettkampftage auf dem Flugplatz in Haar sind die Teilnehmer in insgesamt fünf Runden und in jeweils drei Disziplinen gegeneinander angetreten: dem Zeit-, Geschwindigkeits- und Streckenflug. Bei ersterer Aufgabe wird das Flugfeld in Gruppen von jeweils zehn Personen eingeteilt. Ziel ist es, mit seinem Modell genau zehn Minuten vom Start bis Landung in der Luft zu bleiben. 600 Punkte kann ein Pilot für eine genaue Flugdauer erreichen, gleitet ein Flieger zu früh oder zu spät zurück auf den Boden, bedeutet dies Punkteabzug. Bis zu 100 zusätzliche Punkten gibt es, wenn das Modell auf einer gekennzeichneten Fläche landet. "Am meisten hängt es dabei von der Thermik ab, da kann es leicht oder schwer fallen, so lange oben zu bleiben", erklärt Armin Hortzitz, Leiter des Wettbewerbs und selbst erfahrener Segelflugmodellpilot.

Auf die Thermik kommt es auch bei der zweiten Disziplin, dem Geschwindigkeitsflug, an. Hier befindet sich nur ein Modell in der Luft, der Pilot muss dann eine Strecke von 150 Metern möglichst schnell viermal abfliegen. Dabei sind die Flieger mit rund 200 Stundenkilometern unterwegs, das bisher beste Ergebnis ist laut Hortzitz vor drei Jahren in Florida mit 11,9 Sekunden auf 600 Meter erzielt. Die schnellste Zeit wird dann mit 1000 Punkten gewertet, die anderen Teilnehmer erhalten je nach Ergebnis proportional weniger.

Direkten Kontakt zum Flugzeug haben die Piloten nur beim Start. (Foto: Angelika Bardehle)

Weniger um die Geschwindigkeit als um die Geschicklichkeit eines Piloten kommt es bei dem Streckenflug an. Fünf Modelle treten dabei in einem Zeitfenster von sieben Minuten an, jeder Pilot muss sich dann vier Minuten darin aussuchen, in denen seiner Meinung nach die Luftbedingungen am besten sind, um eine 150 Meter Strecke so oft wie möglich innerhalb dieser Zeit abzufliegen. "Oft sind die Ergebnisse dabei eng und liegen nah aneinander", erzählt Hortzitz. Eine Rundenanzahl von 30 sei ein sehr gutes Resultat, schnelle und genaue Wenden gäben den Ausschlag.

Daher stehen jedem Piloten zwei Helfer zur Seite, die während des Wettkampfes das Modell durch ein Visier beobachten und genaue Anweisungen geben, wann es am Streckenende gewendet werden muss. "Das Team ist ein wichtiger Faktor", bekräftigt Jens Buchert. "Es ist wie bei der Formel 1 und den Jungs dort, man braucht einfach seine Helfer."

Neben Helfern visiert auch je ein Schiedsrichter pro Pilot das Flugmodell an und achtet auf die Einhaltung der vorgegebenen Strecke. Dass alles nach Regeln und fair verläuft, ist bei dem Wettkampf höchste Priorität. Alle Modelle sind daher geprüft und gekennzeichnet, selbst Dopingkontrollen könnten in Stichproben durch einen Facharzt vorgenommen werden.

Auch tragen die Gruppeneinteilungen zur Fairness bei: "Befinden sich mehrere Piloten gleichzeitig mit ihren Modellen in der Luft, dann haben alle die gleichen Luftbedingungen in diesem Zeitrahmen", sagt Hortzitz. Dennoch brauche es auch Glück. Glück, dass die Luft ruhig ist und die Thermik stimmt. Und auf dem Flugplatz in Salmdorf hat sich der Spätsommer das ganze Wochenende wohlgesonnen gezeigt; die Teilnehmer des Weltcups konnten ihre Modelle bei Sonnenschein aufsteigen lassen und gute Ergebnisse danach bei dem ein oder anderen Bier auf dem Oktoberfest begießen.

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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