Haar:Blick auf die Visitenkarte

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Wer von der Autobahn kommt und nach Haar reinfährt, der bekommt nicht gleich die schönste Seite der Gemeinde zu sehen. (Foto: Claus Schunk)

Die wenig ansehnliche Wasserburger Straße prägt für Pendler das Ortsbild von Haar. Die Gemeinde will dort mit einem Rahmenplan die bauliche Entwicklung ordnen und Konflikte vermeiden

Von Bernhard Lohr, Haar

Als im Haarer Rathaus kürzlich Pläne für die Bebauung eines Grundstücks an der Wasserburger Straße (B 304) auf den Tisch flatterten, gingen bei einigen die Alarmleuchten an. Ein Investor würde gerne auf einem Eckgrundstück zur Grasbrunner Straße (B 471) eine Wohnanlage errichten; ziemlich dicht bebaut, mit kleinen Appartements und kleinen Balkons zur stark befahrenen Wasserburger Straße. Die Frage kam auf, ob so etwas dort hinpassen würde. Nicht zuletzt rief das Ansinnen den erbittert geführten Streit um ein Bauvorhaben an ähnlich exponierter Stelle wach: den Wohnturm nur ein paar hundert Meter weiter Richtung München.

Spätestens seit diesem Konflikt, der die Bürgerschaft über Monate in zwei Lager spaltete und der selbst nach zwei Bürgerentscheiden nur als oberflächlich befriedet angesehen werden kann, ist klar, dass den Haarern nicht egal ist, wie sich die Hauptdurchgangsstraße baulich entwickelt. Viele fanden den Turm mit 46 Metern einfach zu hoch, andere waren der Meinung, dass an der B 304 Wohnen nicht angesagt ist. Vergangenes Jahr versuchte das Rathaus, mit Hilfe von Studenten in einem städtebaulichen Ideenwettbewerb herauszufinden, wie eine passende Bebauung aussehen könnte und empfahl damals schon, die Gesamtsituation an der B 304 in den Blick zu nehmen. Nun geht das Rathaus das Thema noch mal grundsätzlich an.

Planer sollen in einem städtebaulichen Rahmenplan festlegen, wie sich die 2,2 Kilometer lange Gebäudelinie auf der Südseite der B 304 von der Grasbrunner Straße bis zur Münchner Stadtgrenze entwickeln soll. Der Bauausschuss des Gemeinderats beschloss das am Dienstag einstimmig. 60 000 Euro will sich die Gemeinde das kosten lassen.

Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) sagte, die vorliegenden Pläne für die Wohnanlage an der Grasbrunner Straße hätten "eine gewisse Erschütterung ausgelöst". Als im Ausschuss eine Simulation des Baus an die Wand geworfen wurde, sagte Traudl Vater (SPD): "Das darf nicht wahr sein". Da bleibe kein Grashalm mehr stehen. Das Stimmungsbild im Gremium war eindeutig. Nun soll ein Gesamtkonzept her, um Stückwerk zu vermeiden und weiteren Konflikten vorzubeugen. Müller schlug den großen Bogen zur Gestaltung des Ortszentrums um den Kirchenplatz. Dort sei ein gewisser Abschluss erreicht, sagte sie. Jetzt trete man in "einen weiteren Ring der Entwicklung" ein, sagte Müller. Die Gemeinde müsse sich einen "weiteren Schritt nach außen bewegen", und sich vertieft Gedanken darüber machen, was und wie an der Wasserburger Straße gebaut werden solle. So sei zu klären, wie viele Geschosse wünschenswert seien, welche Nutzungen man wolle, wo Freiflächen geschaffen und wo Fuß- und Radwege angelegt werden sollten. Mit dem Rahmenplan will das Rathaus auch Bauwerber wie aktuell die BW Bayern Wohnen mit ihrem Projekt an der Grasbrunner Straße einbremsen. Die Sorge ist, dass Investoren wegen fehlender planrechtlicher Vorgaben Baurecht nach ihren Wünschen durchdrücken. Man stehe da auch unter Zugzwang, sagte Müller.

Viele Münchner und Umlandpendler haben bisher nicht das beste Bild von Haar. Sie kennen die Gemeinde von der wenig ansehnlichen Wasserburger/Münchner Straße aus. Nun soll dort eine qualitätvolle Bauentwicklung angestrebt werden. Müller wies darauf hin, dass der umstrittene Wohnblock auf einem exponierten Grundstück am Ortseingang geplant sei. Antonius van Lier (FWG) bezeichnete die B 304 als "Visitenkarte" Haars, die ein bauliches "Mischmasch" präge. Paul Wieser (CSU) lobte, die Entwicklung eines Konzepts entspreche ganz den Vorstellungen der CSU. Alexander Zill (SPD) mahnte, man werde einen "langen Atem" brauchen.

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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