Steuerausfälle:In Haar geht's ans Eingemachte

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Der Jugendtreff Dino muss dringend erneuert werden. Das soll nun in einem nachhaltigen Modellprojekt geschehen. (Foto: Claus Schunk)

Bürgermeister Andreas Bukowski gibt seinen Vorgängern die Schuld an der Finanzmisere.

Von Lydia Wünsch, Haar

Der etwas abstrakte Begriff von der "Kreisumlage" hat bei der Bürgerversammlung in Haar eine entscheidende Rolle gespielt. Schon Landrat Christoph Göbel (CSU) ging in seinem Grußwort zu Beginn darauf ein und entschuldigte sich fast dafür, dass die jährliche Zahlung der Kommune an den Landkreis mit 26,04 Millionen Euro im Jahr 2023 so hoch ausfallen werde. Die Kreisumlage wird auf Grundlage der Steuerkraft berechnet, die vor zwei Jahren galt. Und da verzeichnete Haar dank Nachzahlungen von dem mittlerweile nicht mehr in der Gemeinde ansässigen Pharmaunternehmen MSD Sharp & Dohme exorbitante Gewerbesteuereinnahmen. Kommendes Jahr dagegen erleben Haars Finanzen einen exorbitanten Absturz.

In den vergangenen Jahrzehnten hat man in Haar nach den Worten von Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) den Fehler begangen, sich auf ein paar wenige, starke Gewerbesteuerzahler zu verlassen. Dies sei eine gefährliche Strategie gewesen, wie man nun deutlich sehe. Mehrere Standbeine zu errichten, um alles auf mehrere zu verteilen, das sei nun das langfristige Ziel. Kurzfristig heißt es aber, auf die immerhin hohen Rücklagen von mehr als 77 Millionen Euro zurückzugreifen. "Aber das wird dahinschmelzen", warnte Bukowski. Denn nicht nur die laufenden Kosten müssten gedeckt werden, sondern auch Investitionen stünden an.

Andreas Bukowski will, dass sich Haar künftig finanziell mehrere Standbeine verschafft. (Foto: Claus Schunk)

Außer für den laufenden Betrieb der Verwaltung, für Feuerwehr und Kindertageseinrichtungen steckt die Gemeinde Geld in Bauvorhaben wie die Erweiterung des Ernst-Mach-Gymnasiums und den Neubau des Jugendzentrums Dino. Soeben hat der Gemeinderat beschlossen, die Sportanlage an der Vockestraße zu ertüchtigen und in Teilen für die Allgemeinheit zu öffnen. Dafür erhält die Gemeinde immerhin eine Förderung, sodass sich der Gemeinderat trotz der schwierigen Finanzlage für die Umgestaltung des Sportplatzes entschieden hat.

Auch die Sanierung des Bürgerhauses und des Gasthofs zur Post will sich die Gemeinde weiterhin leisten. Hinzu kommen Investitionen für den Einstieg in eine Geothermie-Versorgung sowie die bereits geplante Investition in den Streckenabschnitt des Radweges Ebersberg-München entlang der Bahn. Für Letzteres erhalte die Gemeinde eine Förderung in Höhe von 80 Prozent von der Radoffensive Bayern, sagte Bukowski, sodass der Eigenanteil sehr gering ausfalle.

Bukowski ist zudem zuversichtlich, die Lücke, die MSD derzeit hinterlässt, wieder schließen zu können. "Wir befinden uns in einer attraktiven Region und einer attraktiven Gemeinde. Daher bin ich überzeugt davon, dass wir über kurz oder lang wieder Gewerbesteuerzahler anlocken werden", sagte er.

Die Haarer Bürgerversammlung war eine Premiere in doppelter Hinsicht. Zum einen war es die erste hybride Bürgerversammlung, bei der die Haarer sich sowohl direkt im Bürgerhaus als auch online ein Bild von der Gemeinde machen konnten. Zum anderen war es für Bukowski im dritten Jahr seiner Amtszeit die erste Bürgerversammlung, die er in Präsenz abhalten durfte. In seinen ersten beiden Jahren fand die Veranstaltung wegen Corona nur online statt. Die Bürger nutzten beide Formate. Zirka 70 Personen saßen im Bürgerhaus, während sich etwa weitere 70 online zugeschalten hatten. Diese konnten ihre Fragen in den Live-Chat stellen, die teilweise von den Mitarbeitern bereits während der Rede des Bürgermeisters beantwortet wurden.

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