Haar:Alle an einem Tisch

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Im Haarer Jugendstilpark könnten 1000 neue Wohnungen entstehen. Jetzt sollen öffentliche Träger sich äußern. (Foto: Claus Schunk)

Haar und die Investoren verhandeln über die Bebauung des Jugendstilparks, was aus vielerlei Gründen kompliziert ist

Von Bernhard Lohr, Haar

Es geht zwei Schritte voran, und dann wieder einen zurück. Das ist das Tempo, in dem Fortschritte beim größten Wohnbauvorhaben der vergangenen 40 Jahre in Haar gemessen werden. Wie kompliziert das Zusammenspiel von Gemeinde und Investoren bei der Entwicklung des ehemaligen Klinikgeländes in Eglfing ist, zeigte sich wieder in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses des Gemeinderats. Dort sprachen sich die Gemeinderäte dafür aus, im Bebauungsplanverfahren ein weiteres Kapitel aufzuschlagen. So soll nun erst einmal die Beteiligung sogenannter Träger öffentlicher Belange beginnen. Den großen Wurf auf dem Areal traut man sich noch nicht zu, um die schwer berechenbaren Investoren nicht aus der Pflicht zu nehmen.

1000 Wohnungen sollen im Jugendstilpark entstehen, was die 20 000 Einwohner zählende Gemeinde in vielfacher Hinsicht in eine neue Entwicklungsstufe versetzen wird. Je nach Berechnungsgrundlage wird mit 2000 bis 2500 Neubürgern gerechnet, mit allem, was damit zusammenhängt, bei Schulbauten oder Kinderbetreuungseinrichtungen. Doch bis es soweit ist, sind noch ein paar Hürden zu nehmen. So ist zwar der städtebauliche Vertrag, um dessen Ausformulierung monatelang mit den Investoren gerungen wurde, unterzeichnet und seit 28. Januar wirksam. Doch die Gemeinde hält es noch für verfrüht, Baurecht zu schaffen, weil dies die eigene Verhandlungsposition schwächen würde. Doch was fürchtet die Gemeinde noch, wenn das zentrale Dokument unterzeichnet ist?

Ein Grund ist offenbar, dass immer noch Finanzierungsfragen in der Schwebe sind. So etwa der Punkt, wer die Erschließung des gesamten Jugendstilpark-Areals bezahlt und auch für die Anlage von naturschutz- und waldrechtlichen Ausgleichsflächen aufkommt. Die Summe des Auftrags, der mittlerweile europaweit ausgeschrieben ist und für den die Submission in knapp einem Monat vorgesehen ist, beläuft sich auf 14,6 Millionen Euro. So viel soll es kosten, etwa die Abwasserkanäle anzulegen und Straßen zu erstellen. Ein Unternehmen soll als Erschließungsträger dies übernehmen und dann die Kosten mit den "gegenwärtigen und künftigen Eigentümern der Grundstücke im Umgriff des Bebauungsplans" abrechnen, wie es in der Ausschreibung heißt.

Aus Sicht der Gemeinde birgt das immer noch genug Unsicherheit, als dass man nun mit wertvollem Baurecht in Vorleistung gehen würde, was es den aktuellen Eigentümern erleichtern würde, schnell auch wieder Teile des Areals zu verkaufen. In der Vergangenheit hat die Jugendstilpark München GmbH bereits Teile des ehemaligen Klinikgeländes weiterveräußert. Ein Grünwalder Projektentwickler und ein Unternehmen aus der Schweiz sind dem Rathaus zufolge mittlerweile mit im Boot. Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) sieht das Projekt dennoch auf gutem Weg, alle Beteiligten säßen mittlerweile an einem Tisch. Verzögerungen gebe es auch noch wegen der ausstehenden Bewertung eines Grundstücks, das dem Bezirk gehört, und für eine Kindertagesstätte vorgesehen ist. Trotz aller Unsicherheiten und aller Vorsicht, nicht vorzupreschen, hofft Bürgermeisterin Gabriele Müller "dringend", wie sie sagt, auf einen Baubeginn noch in diesem Jahr.

Denn Müller hat erst kürzlich vergeblich versucht, für den wegen der stockenden Entwicklung im Jugendstilpark in der Luft hängenden, geplanten Bau des Seniorenheims eine Lösung zu finden. Die Gemeinde will, dass der Bau so schnell wie möglich beginnt, weil das gemeindliche Maria-Stadler-Haus nur noch Dank befristeter Genehmigungen am Laufen ist. Das Maria-Stadler-Haus II im Jugendstilpark soll die Freiräume schaffen, das bestehende Haus umzubauen. Doch wie Müller sagt, habe die Anfrage im Landratsamt ergeben: erst Baurecht im Jugendstilpark, dann Baubeginn am Seniorenheim. Die Rathausverwaltung werde aber alle vorbereitenden Schritte unternehmen, sagt Müller, um das restliche Bebauungsplanverfahren dann ganz schnell durchziehen zu können, wenn die Zeit dafür gekommen sei. Also werden jetzt erst mal die Behörden gehört. Müller gibt sich optimistisch: "Wenn wir in die Auslegung gehen, dann haben wir Baurecht innerhalb von zwei Monaten."

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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