Kirchheimer Grundstücksgeschäft:Offene Widersprüche

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Kirchheims Bürgermeister gewährt Akteneinsicht zum Kauf eines Grundstücks. Das freut die Grünen. Doch ihre Kritik am Kaufpreis halten sie aufrecht.

Von Markus Mayr, Kirchheim

Noch immer ist es dieses Grundstück an der Erdinger Straße, das den Kirchheimer Bürgermeister umtreibt. Bereits Mitte Januar hatte Maximilian Böltl (CSU) das 3,37 Hektar große Flurstück im Nordosten Kirchheims für 4,5 Millionen Euro gekauft. Daraufhin musste Böltl massive Kritik einstecken: wegen des Kaufs an sich, vor allem aber am nichtöffentlichen Vorgehen dabei. Akten blieben unter Verschluss, Diskussionen über Sinn und Unsinn des Grundstückskauf im Verborgenen.

Am härtesten kritisierte Rüdiger Zwarg den Rathauschef. Der Grünen-Gemeinderat warf diesem undurchsichtiges Handeln vor. Böltl hingegen betonte immer wieder, wie wichtig ihm Transparenz sei. Nun, knapp zwei Monate später, versucht Böltl den Streit endgültig beizulegen und hat die Akten für ein kurzes Zeitfenster öffentlich gemacht.

Die Namen der früheren Eigentümer sind geschwärzt

Am Dienstag hatten Interessierte die Möglichkeit, während seiner Sprechstunde Einsicht in Gutachten und juristische Stellungnahmen zu dem Flurstück zu nehmen. Böltl konnte seine Kritiker damit zwar besänftigen. Alle Zweifel am Sinn des Grundstückerwerbs konnte er damit nicht ausräumen.

Eine solche Einsichtnahme in vertrauliche Akten ist rechtens, bestätigt der juristische Berater des Landratsamts. Philip Hahn sagt: "Sobald die Gründe für die Geheimhaltung wegfallen, darf eine Gemeinde gemäß dem Datenschutz Akteneinsicht gewähren." Die Namen der Verkäufer in den Kirchheimer Unterlagen waren geschwärzt. Die Gründe für die Nichtöffentlichkeit waren bereits mit dem Kauf Mitte Januar weggefallen. Dass der Bürgermeister erst jetzt in die Transparenz-Offensive geht, hat einen anderen Grund.

Den Anstoß gab ein Antrag der Grünen

In seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat einem Antrag der Grünen zu einer sogenannten Informationsfreiheitssatzung mit großer Mehrheit zugestimmt. Die Verwaltung arbeitet derzeit eine solche Satzung aus. "Dieser Antrag gab den Anstoß zur Akteneinsicht", erklärt der Bürgermeister. "Für mich war diese Möglichkeit neu." In der Sitzung bedankte Böltl sich für diese Unterstützung vonseiten der Grünen-Fraktion. Deren Vorsitzender Zwarg wiederum begrüßt nun dessen Vorstoß: "Wir sind einen großen Schritt weiter, weil die Unterlagen jetzt einsehbar sind. Offensichtlich war der Druck groß genug." Etwaiges falsches Ermessen bei dem Kauf könne jetzt von jedem nachvollzogen werden.

Umstritten war an dem Kauf vor allem die Klassifizierung von zwei Dritteln der Fläche als Bauerwartungsland innerhalb der nächsten zehn Jahre. So hatte sie ein TÜV-Gutachter eingeordnet. Das wirkte sich maßgeblich auf den ermittelten Marktwert von 4,8 Millionen Euro aus. Der Sachverständige des Landratsamts hingegen hatte den Zeitraum von zehn Jahren als zu niedrig angezweifelt. Darauf hatte der TÜV in einer Stellungnahme geantwortet, dass bei einer Entwicklungszeit von 20 Jahren der Marktwert nur bei 3,7 Millionen Euro läge. Gekauft hat die Gemeinde die Fläche letztlich für 4,5 Millionen Euro.

Ein weiterer Kritikpunkt zielte darauf ab, dass das gekaufte Grundstück am Ortsrand liegt, die Gemeinde sich aber auferlegt hat, vor allem ihren Ortskern zu entwickeln. Böltl hatte in Gesprächen mit dem TÜV-Gutachter diesen Beschluss erst verschwiegen. Im Nachhinein bezeichnet Böltl das als "Versäumnis". Unter Umständen hätte dieser Beschluss den Marktwert mindern können.

Hintertürchen im Beschluss

Dass diese Umstände nicht eintraten, liegt einzig an einem Hintertürchen im Beschluss. Demnach behält sich die Gemeinde Abweichungen von dem Plan vor, ihr Ortsgebiet "von innen nach außen" und "von alt nach neu" zu entwickeln. "Das ist nie in dieser Offenheit diskutiert worden", beschwert sich Zwarg auch nach der Akten-Offenlegung. Er deutet an, dass dieser Kauf die Ortsentwicklung gefährden könnte. Böltl hingegen beteuert, wie sehr ihm diese am Herzen liege.

Trotz Transparenz-Offensive bleibt sowohl laut Bürgermeister als auch laut seinem Kritiker ein "Gschmäckle" in dieser Sache. Böltl blickt dabei auf die anhaltende Kritik, Zwarg auf die verbliebenen Unstimmigkeiten. Einander zu vertrauen fällt den Gemeindevertretern schwer, obwohl sie sich genau das wünschen.

© SZ vom 09.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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