Grünwald:Noch einen Monat Chaos auf den Schleichwegen

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Anwohner müssen bis zum Ende der Bauarbeiten auf der Tölzer Straße den Durchgangsverkehr ertragen

Von Claudia Wessel, Grünwald

Unterwegs mit Einkaufstasche und Hund in der Straße Am Koglerberg - das ist nicht ungefährlich. (Foto: privat)

Probier's mal mit Gelassenheit - diesen Rat wird Hans-Joachim Kohler nun seinen Nachbarn im Reiterweg überbringen müssen. Denn eine andere Lösung für das Verkehrschaos auf den Schleichwegen Reiterweg und Am Koglerberg konnte man ihm in der Bürgerversammlung am Dienstagabend im Hubertus-Lindner-Saal des Bürgerhauses nicht anbieten. Gelassenheit empfahl Polizeichef Andreas Aigner auch, weil die Sperrung der Tölzer Straße, die das Ausweichen in die Schleichwege verursacht, ja schon Mitte November beendet sein werde. Die Wünsche der genervten Anwohner können jedenfalls nicht erfüllt werden.

Eine "Anlieger frei"-Regelung hätten sie gerne wieder, wie es sie vor 20 Jahren schon einmal gab. Doch schon seinerzeit habe es Leute gegeben, die diese Regelung schlichtweg ignorierten, erzählte Anlieger Hans Göppl bei einem Treffen in seiner Wohnung am Reiterweg am Nachmittag vor der Bürgerversammlung. Sogar eine Gemeinderätin habe beim Durchfahren zwei Anzeigen kassiert, erinnert sich Göppl, der seit 31 Jahren im Reiterweg lebt. Wenig später habe die Gemeinderätin, an deren Namen er sich nicht mehr erinnert, die Aufhebung der Regelung durchgesetzt.

",Anlieger frei' ist ein Schild ohne Wert", befand Polizeichef Aigner in der Bürgerversammlung, weil sich niemand daran halten würde. Denn Navis, die man aufgrund der Baustelle nach dem kürzesten Weg für eine Umfahrung frage, würden eben Reiterweg und Am Koglerberg ausspucken.

Was das dann konkret bedeutet, sagte Kohler in der Versammlung: "Dreiachser und Baustellenkipper fahren da täglich durch. Es gibt keinen Gehweg, und die Straße ist an der schmalsten Stelle nur 3,10 Meter breit." An die Adresse der Gemeinde sagte er: "Bisher habe ich das Gefühl, dass Sie das Gefahrenpotenzial ignorieren." Da musste Bürgermeiste r Jan Neusiedl widersprechen: "Am Koglerberg ist eine öffentlich gewidmete Straße". Man könne daher niemanden daran hindern, sie zu nutzen.

Das Thema Verkehr spielte auch in den einzigen drei Anträgen, die zur Bürgerversammlung eingereicht worden waren, eine Rolle. Uwe Gross von der Grünwalder Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs beantragte zwei Radwege, einen davon entlang der Tölzer Straße sowie einen Radschutzstreifen. Da die Tölzer Straße eine Staatsstraße ist, so Bürgermeister Neusiedl, werde man diese Anträge zur Prüfung ans Landratsamt weiterleiten. Erst danach könne sich der Gemeinderat damit befassen.

Was man tun könne, damit die Gabriel-von-Seidl-Straße keine Rennstrecke bleibe, fragte ein weiterer Bürger. Er regte Verkehrsinseln an. Dafür sei die Straße zu klein, antwortete Neusiedl, denn eine Verkehrsinsel müsse 1,50 Meter lang sein. Hilflos zeigte sich Polizeichef Aigner angesichts der Tatsache, dass "sehr viele bei Rot über die Ampel bei der Cafeserie Lang fahren", wie ein weiterer Bürger festgestellt hat. Das sei bekannt, so Aigner, doch habe man nicht die personellen Kräfte, um hier sehr oft zu kontrollieren. Der Einbau einer Kontrolleinrichtung, etwa eines Blitzers, sei an der Stelle baurechtlich nicht gestattet. Aigner findet es für die Polizei auch wichtiger, sich "um die Sicherheit von Schulkindern zu kümmern", wie er sagte.

Angst vor Flüchtlingen spielte in einer weiteren Frage in der Versammlung eine Rolle. Ältere Damen trauten sich nicht mehr, abends mit der Trambahn in die Stadt zu fahren, sagte Theo Haara, weil sie vor allem bei ihrer Rückkehr Angst vor den Flüchtlingen hätten, die sich oft dort aufhielten. Andreas Aigner lud die ängstlichen Damen zu einem "Abendspaziergang" ein, bei dem er mit ihnen die unheimlichen Stellen in Grünwald besichtigen wollte. Bürgermeister Neusiedl wohnt selbst in der Nähe der Haltestelle und sagte, er habe die Männer als freundlich erlebt.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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