Grünwald:Nixen in ihrem Element

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Füße in die Plastikflosse, Schuppen-Schlauch aus Bikinistoff drüber - fertig ist die Meerjungfrau Elena. (Foto: Claus Schunk)

Beim Meerjungfrauenschwimmkurs in Grünwald werden Mädchenträume wahr

Von Ulrike Schuster, Grünwald

Arielle, die Meerjungfrau aus dem Disney-Film, wollte an Land, denn "dort ist man frei, dort ist man froh, dort scheint das Licht, der Mond, dort lebt man". So singt die Nixe über ihre Neugier auf die Welt der Menschen.

Abtauchen in eine fremde Welt - das wollen auch die acht Mädchen, die sich für das Meerjungfrauenschwimmen des Grünwalder Ferienprogramms entschieden haben. "Einmal Meerjungfrau sein, schön, frech und frei, davon habe ich schon immer geträumt", sagt die 14-jährige Elena. Um sich in eine Nixe zu verwandeln, wählt sie einen Schuppen-Schlauch aus pinkem Bikinistoff und stülpt ihn über eine durchsichtige Zwei-Kilo-Plastik-Flosse, in deren Mitte ein Fußteil aus Gummi steckt. Fertig ist das Nixenkostüm aus Schwanz und Flosse für den Unterleib.

Trainerin Daniela Pfuisi, 33, war früher Sozialpädagogin beim Jugendamt. In Elternzeit dachte sie nach, wie sie sich selbständig machen könnte. Was wollen kleine Mädchen? Prinzessinnen sein, sich schmuck kleiden, posieren, mit Fantasie dem Alltag entfliehen - wohl auch, um nicht länger hören zu müssen, was es alles zu können und welche Ansprüche es zu erfüllen gilt - wie Arielle. "Ich hab zahllosen Kram und viel Plunder, ich erstick im Klimbim, sieh nur her . . . doch für mich reicht es nicht, ich will mehr", singt sie.

Im Jahr 2013 gründete Pfuisi dann die Münchner Meerjungfrauen Schwimmschule. Teilnahme-Voraussetzung: Das Seepferdchen muss geschafft sein.

"Schuppenschwanz runterrollen, ins Gummi steigen, Schuppenschwanz hochziehen, genau wie die Strumpfhose", ruft Pfuisi und macht vor, wie es geht, die Beine verschwinden zu lassen. "Und nie mit Flosse an Land gehen." Das ist leicht zu befolgen, schließlich stecken zwei Beine in einem Schwanzbein. Damit sind die Mädchen halb Mensch, vom Bauchnabel abwärts halb Fisch. Elena und die anderen rollen sich auf den Bauch, winkeln die Beine an, wedeln mit der Flosse zur Probe und lassen sich von der Abflussrinne kopfüber ins Wasser gleiten.

Touch, klick und wisch macht es vom Beckenrand, wieder und immer wieder. Die Mamas und Omas feiern das Prinzessinnen-Ereignis so ausgelassen wie die jungen Nixen. "Wie reizend du aussiehst", ruft Oma Karin Haag, 76, ihrer Enkelin Tess zu. Die Elfjährige taucht gerade nach Nepomuk und lässt ihren Körper wie beim Delfin-Schwimmen wellenförmig durchs Wasser gleiten. Danach geht's mal durch den Unterwasser-Reif, mal in die Rolle vorwärts, in den Handstand, mal ins synchrone Hand-in-Hand-Schwimmen.

"Es tut zwar weh, reibt an den Knöcheln, macht aber voll Spaß", sagt Elena. Die Füße im Gummiring stehen dicht. Das Mädchen ist mit seiner Freundin Sophie-Carmen gekommen. Beide sind große Fans von "H₂O - Plötzlich Meerjungfrau". Eine Serie mit Mädchen, die sobald sie nass werden, zu Nixen werden. Weltenretterinnen, immer im Kampf gegen das Böse. Arielles Lieder können nur noch die Omas vom Beckenrand pfeifen.

Finaler Höhepunkt nach 120 Minuten ist das Foto-Shooting mit echten Unterwasser-Bildern. Die Mädchen streifen für wallendes Haar den Zopfgummi übers Handgelenk, ziehen den Bauch ein, zupfen den Bikini zurecht und tauchen sich in Pose. Elena und Sophie-Carmen sind glücklich, sie wollen Schauspielerinnen werden, mal einen ähnlich coolen Freund wie den Schauspieler Elyas M'Barek haben, der den Lehrer im Kinofilm "Fack ju Göhte" spielte. Den unter Wasser zu finden, halten sie aber für unwahrscheinlich, und blaue Lippen für nicht allzu verführerisch. Unter die Dusche zu gehen, ist erst mal dringender.

© SZ vom 19.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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