Grünwald:Klangvoll ohne Knarren

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Im zweiten Teil des Konzertes bekommen die vier virtuosen Herren am Bass Unterstützung von der stupenden Pianistin Lilian Akopova. (Foto: Angelika Bardehle)

Kontrabass-Ensemble "Bassiona Amorosa" begeistert in Grünwald

Von Reinhard Szyszka, Grünwald

Als Gag beim Faschingskonzert hat es einmal angefangen. Mittlerweile ist längst eine ernsthafte Unternehmung daraus geworden, mit zahllosen Konzertverpflichtungen in aller Herren Länder, CD-Einspielungen und einem ständig wachsenden Kreis begeisterter Fans. Die Rede ist vom Zusammenschluss von vier Kontrabassisten zu einem Streichquartett der etwas anderen Art: "Bassiona Amorosa" nennt sich das Ensemble, und am Mittwoch hatten die vier virtuosen Herren in Grünwald ihren Auftritt.

Für den Schriftsteller Patrick Süskind ist der Kontrabass in seinem gleichnamigen Stück das unhandlichste und undankbarste aller Instrumente, etwas, worauf niemand schön spielen kann. "Bassiona Amorosa" strafte dieses Urteil Lügen. Gleich mit der ersten Nummer des Abends, dem langsamen Satz aus einem Cembalokonzert von Bach, gelang den Künstlern eine überzeugende Demonstration, dass man auf einem Kontrabass sehr wohl schön spielen kann. Wenn man es kann. Mit weicher, geradezu sinnlicher Tongebung schwelgten die Musiker in den Kantilenen Bachs und brachten ihre Instrumente zum Klingen. Da gab es kein Brummen, kein Knarren, nichts von dem, was man sonst mit Kontrabässen assoziiert, stattdessen Schönklang und perfekte Symbiose von vier gleichen Instrumenten.

Die Cembalokonzerte von Bach sind durchwegs keine Originalkompositionen, sondern eigene und fremde Werke für andere Besetzungen, die der Komponist nachträglich für Solo-Cembalo und Orchester umgeschrieben hat. Somit war die Fassung für vier Kontrabässe eine Bearbeitung der Bearbeitung, und Bach hätte sicher nichts dagegen gehabt. Ob freilich der "Frühling" aus Vivaldis "Vier Jahreszeiten" ein solches Arrangement ebenso verträgt, muss doch mit einem Fragezeichen versehen werden. Vivaldi geht bei seinem Concerto sehr vom Klang der Violine aus, und gerade die Imitation der Vogelstimmen, die beim "Frühling" eine so wichtige Rolle spielt, gelingt auf dem Kontrabass nicht restlos überzeugend und streift die Grenze zur unfreiwilligen Komik. "Bassiona Amorosa" beschränkte sich auf den ersten Satz des "Frühling", was eigentlich schade war, denn das Hundegebell im zweiten und der Bauerntanz im dritten Satz wären den Kontrabässen wohl eher entgegengekommen als ausgerechnet das Vogelgezwitscher.

Das ausgedruckte Programm bot nur ungefähre Anhaltspunkte, denn der Koreaner Andrew Lee war erkrankt, und mit ihm entfielen auch alle Stücke, die speziell auf ihn zugeschnitten waren. Zum Glück verfügt "Bassiona Amorosa" über mehr als vier Mitglieder und kann in wechselnden Kombinationen auftreten. So kam anstelle von Lee der Tscheche Jan Jirmasek, der auch mit knochentrockenem Humor das Programm moderierte. Er empfahl den Zuhörern dringend den Kauf der mitgebrachten CDs, selbst wenn das Konzert nicht gefallen haben sollte: "Dann schenken Sie die CD jemandem, den Sie nicht mögen!" Vor der Pause gab es noch "Passione amorosa" des italienischen Romantikers Giovanni Bottesini zu hören, original für zwei Kontrabässe und Orchester. Die musikalischen Qualitäten der Komposition rechtfertigten die Ausgrabung nicht unbedingt, aber das wurde durch das leidenschaftliche Spiel der Musiker mehr als wettgemacht.

War der erste Programmteil der Klassik gewidmet, so stand nach der Pause gehobene Unterhaltungsmusik im Mittelpunkt, rhythmusbetonte, eingängige, aber niemals seichte Stücke. Und gerade hier war "Bassiona Amorosa" in seinem Element, und die Künstler machten den Kontrabass wahlweise zum Saxofon, zur Jazz-Trompete oder zum Schlagzeug. Bei manchen Werken erhielten die Kontrabassisten Verstärkung von einem Perkussionisten und einer Pianistin. Und gerade die letztere, die Ukrainerin Lilian Akopova, glänzte mit pianistischer Brillanz und stupender Technik. Zwei Klavierwerke von Franz Liszt gab es in Arrangements für vier Kontrabässe und Klavier zu hören; ohne Zweifel hätte Akopova diese Stücke auch im Alleingang geschafft. Fazit: ein zwar nicht restlos überzeugender, aber doch sehr vergnüglicher Konzertabend, und eine überaus eindrucksvolle Demonstration der Möglichkeiten und der Klangschönheit von vier Kontrabässen.

© SZ vom 04.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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