Grünwald:Ein Wirt kann das Einschenken nicht lassen

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Richard Süßmeier steht an diesem Freitag beim Josefi-Theater der Freunde Grünwalds am Zapfhahn. Außerdem tritt der 84-Jährige als Conférencier auf - und nimmt gern mal jemanden aufs Korn.

Von Claudia Wessel, Grünwald

Richard Süßmeier sitzt auf der Sonnenterrasse im Café Fischer und trinkt eine Tasse Kaffee. Er ist oft hier, aber auch in vielen anderen Restaurants und Cafés. "Ich bin jetzt Gast", sagt der ehemalige Wiesn-Wirt. "Das ist sehr abwechslungsreich, als Gast hat man mehr Bewegungsfreiheit, aber halt nur einen Nachteil: Man muss zahlen." Klar, dass der 84-Jährige gleich mit einem Scherz beginnt, den er jedoch in einem so gleichgültigen Tonfall macht, dass man einen Sekundenbruchteil braucht, um zu kapieren. Und zu lachen.

"Alle sollen lachen, auch der, den man aufs Korn nimmt." Das wünscht sich Süßmeier und er hat sein Leben lang auf diesen Effekt bei seinen Mitmenschen hingearbeitet. Denn wäre er nicht Wirt gewesen, so wäre er sehr gern Kabarettist geworden, bekennt er. Was er in gewissem Sinne nun in seinem Ruhestand ja auch ist. Er tritt in München beim Augustiner-Starkbieranstich als Kellnerin Maria und in Grünwald seit unzähligen Jahren beim Theater der Vereinigung der Freunde Grünwalds auf. Die Sketche werden jeweils zweimal aufgeführt, einmal am Rosenmontag und einmal am Josefitag - diesen Freitag um 19 Uhr. Beide Termine sind immer ausverkauft, der Josefitermin jedoch besonders schnell, wie der Regisseur des Theaters, Rainer Fischer, sagt. Und das liege mit daran, dass an diesem Tag Richard Süßmeier das von den Freunden Grünwalds spendierte Freibier zapft und verteilt.

Na, ja, das sei schon möglich, sagt Süßmeier, dass manche ihn gerne wieder am Zapfhahn sehen. Aber der Erfolg dieses Theaters, der sei keineswegs nur bei ihm zu suchen. "Das ist eine tolle Gemeinschaftsarbeit aus lauter Einheimischen." Einheimisch in Grünwald ist Süßmeier seitgut 25 Jahren, hier lebt er seit seiner Scheidung allein, aber nicht einsam. Er war immer aktiv, auch als Parteifreier im Gemeinderat. Klar, als er noch Wirt im Forsthaus Wörnbrunn war - bis 1996 - konnte er allein vor lauter Arbeit nicht einsam sein. Einfach hat er es auch mit diesem Wirtshaus nicht gehabt, ein Brand mit einem Todesopfer ließ ihn schließlich ganz dem Wirteleben entsagen, obwohl er bereits als "Wirtsbua" geboren worden war.

Richard Süßmeier am Mittwoch bei der Generalprobe zum Theaterstück der Freunde Grünwalds im Bürgerhaus Römerschanz. (Foto: Angelika Bardehle)

Ja, die Wiesn. "Ich trage dem Gauweiler nichts nach", sagt Süßmeier. Der CSU-Politiker hatte Süßmeier als Kreisverwaltungsreferent 1984 zur Halbzeit des Oktoberfests die Konzession entzogen, am zweiten Wiesnsonntag um 12 Uhr. "Das war eine Demütigung", sagt Süßmeier. Aber ja, er habe ihn auch provoziert. "Der Gauweiler hat keinen Spaß verstanden." Leider hat es seinerzeit eben nicht geklappt, dass auch der lachen konnte, der aufs Korn genommen wurde: Aus seiner Wiesn-Eröffnungspressekonferenz hatte Süßmeier 1984 eine böse Satire auf Peter Gauweiler gemacht, quasi ein Theaterstück vor der Presse aufgeführt, das sich über die strengen Kontrollen des Referenten furchtbar lustig machte. Eine Szene zeigte unter anderem, wie aus einem Wiesn-Hendl drei halbe werden, vorgeführt von Süßmeiers Kellner Biwi. Nach diesem ersten Akt gab es strenge Kontrollen in seinem Zelt, bei denen unter anderem Schwarzarbeiter entdeckt wurden.

Richard Süßmeier hat sein Buch mitgebracht, erschienen 2007. Wer es liest, stellt schnell fest, dass Süßmeiers kabarettistische Ader ihn schon vor der Wiesn-Sache des öfteren in Schwierigkeiten gebracht hat. Weil so einige Leute seinen Humor wohl nicht recht verstanden. Da war einmal der Wirt vom Tierpark, von bösen Zungen "Affenwirt" genannt - den er auf der Nacht der Gastronomie im Löwenbräukeller 1958 mit einem Gedicht über die Affen im Tierpark beleidigte. Da waren Süßmeiers Auftritte als falscher Narrhalla-Prinz, wobei er sich einmal im Deutschen Theater bis auf die Unterhose auszog, um dem echten Prinzen das Gewand zurück zu geben. Und da war der "würdevolle Ball des Konsularischen Corps" im Deutschen Theater. Nach einem Sketch des Conférenciers mit Süßmeier und ein paar leichten Mädchen herrschte eisige Stille im Publikum, niemand klatschte, der Narrhalla-Präsident Max Schottenhamel sprach von einer Sauerei und der Ball fand nie wieder statt.

Wenn Süßmeier an diesem Freitag als Conférencier auftritt, wird es sicher keine eisige Stille geben. Seinen 85. Geburtstag am 22. August hat er übrigens schon geplant. Er feiert "im kleinen Kreis", sagt er. Das ist aber bestimmt wieder ein Scherz.

© SZ vom 20.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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