Grünwald:Der seinen Kopf hinhält

Lesezeit: 3 min

Wann immer in der Bavaria-Filmstadt eine waghalsige Szene gedreht wird, treten Stuntman Mac Steinmeier und sein Team in Aktion

Von Matthias Danyeli, Grünwald

Seine Finger stehen lichterloh in Flammen, doch der Mann bleibt seelenruhig. Er grinst und winkt - mit der brennenden Hand. Erst nach einigen Minuten löscht er das Feuer in einem Eimer mit Wasser. Die Zuschauer applaudieren dankbar, wie sie es zuvor bereits bei einem kleinen Straßenkrimi getan haben. Laut Drehbuch versuchte ein Ganove ein Polizeiauto zu stehlen, wurde aber von den uniformierten Besitzern festgehalten und anschließend verprügelt. Und ein Passant durfte mit einer Pistole auf einen Flüchtenden schießen, der Blut spritzend von einem Gerüst stürzte.

Es ist Mittag in der Bavaria-Filmstadt in Geiselgasteig, und die erste Vorstellung der neuen Familien-Stuntshow ist in vollem Gange. Mac Steinmeier, Inhaber der Firma "Stuntmac" mit ungefähr 20 Stuntmännern und -frauen, hat diese Version eigens für die Ferientage entworfen, sodass viele Familien mit ihren Kindern kommen können. Seit 35 Jahren arbeitet der 51-Jährige schon für das Filmstudio und hat zahlreiche seiner Leute draußen im Gelände von Hausdächern springen lassen. Seine Kindershow ist nicht ganz so spektakulär, aber lehrreich, da den Kleinen alles genau erklärt wird.

Feuer und Flamme für seinen Beruf ist Stuntman Mac Steinmeier. Voraussetzung dafür sind jedoch eine seriöse Stunt-Planung und viel Training. (Foto: Claus Schunk)

Mac Steinmeiers Arbeitsalltag ist natürlich nicht so harmlos wie die Familien-Show, in vielen seiner Stunts geht es wesentlich härter zur Sache. Nicht von ungefähr wird ein Stunt als "ein besonderes und gewagtes Kunststück" bezeichnet. Steinmeier kann aus dem Stegreif zahlreiche Beispiele dafür aufzählen: Autocrashs, Massenprügeleien, Stürze und Sprünge von Dächern. Für alles, was für einen Schauspieler zu gefährlich ist, engagiert eine Film-und Fernsehproduktion Stuntleute.

Mac Steinmeier hat seine Karriere zunächst als Kaufmann begonnen, doch als er vor mehr als drei Jahrzehnten eine Reportage über Stuntmen sah, fand er Gefallen an diesem Beruf. Nach einem Intermezzo in einem Stuntteam in München gründete er 1990 seine eigene Firma. Mittlerweile kann er eine eindrucksvolle Erfolgsliste vorzeigen. Bei Produktionen wie "Fack ju Göthe", "Der Bergdoktor" und dem Tatort hat er mitgewirkt, aber auch bei zahlreichen Hollywoodproduktionen wie Quentin Tarantinos monumentalem Kriegsfilm "Inglorious Bastards".

So gefährlich viele Szenen aussehen, bislang ist der 51-Jährige stets mit heiler Haut davongekommen. (Foto: Claus Schunk)

Steinmeier erklärt, dass viele Leute heute durch "Making-Ofs" von Filmen oder Informationen im Internet einen Blick hinter die Kulissen von Filmproduktionen bekommen und dadurch ihr Interesse, Stuntman zu werden, oft schon sehr früh geweckt werde. Er selbst hingegen hat die Idee erst spät entwickelt. Mit seinen Erfahrungen in Taekwondo, Kickboxen und Karate und der damit verbundenen Körperkontrolle fühlte er sich dennoch motiviert, den Beruf zu wechseln. Dabei war die Tätigkeit laut Steinmeier damals noch "nicht so salonfähig" gewesen, was sich inzwischen gebessert habe. In den USA und in England sei Stuntman sogar bereits ein Ausbildungsberuf.

Eine der nahezu täglichen Beschäftigungen von Mac Steinmeier besteht darin, Gefährdungskalkulationen aufzustellen. Dabei muss er abschätzen, wie hoch das Verletzungsrisiko bei einem bestimmten Stunt ist. Aus 40 Metern Höhe zu springen kann natürlich auch trotz Luftkissen oder Kartons gefährlich sein, wenn man nicht in Rückenlage aufkommt. Dass es aber gefährlicher aussieht, als es tatsächlich ist, sieht man an Mac Steinmeier: In 35 Jahren hat er nicht mehr als ein paar blaue Flecke davongetragen.

Stuntman Mac Steinmeier. (Foto: Claus Schunk)

Fitness und Sportlichkeit sind dennoch nötig. Wer in Autos durch Schranken fährt, sodass das Dach abreißt bis der Fahrer quasi im "Cabriolet" sitzt, oder wer durch Tische geworfen wird, der muss schon etwas verkraften können. "Mit manchen Schauspielern, die besonders fit sind, kann man auch mal eine vernünftige Prügelei machen", meint Steinmeier, beispielsweise mit Bud Spencer habe er das schon getan. Es gebe übrigens viele Schauspieler, die behaupten, alle Stunts selbst durchgeführt zu haben, selbst wenn das nicht ganz stimme. Das sieht Steinmeier jedoch gelassen. Er verstehe, dass sie den Zuschauern nicht die Illusion nehmen wollen, authentische Helden zu sehen.

An 16 Produktionen ist Steinmeier derzeit gleichzeitig im Einsatz. Das bedeutet, Tag und Nacht zu drehen, während er gleichzeitig neue Drehbücher lesen und prüfen muss, für welche Szenen Stuntmen nötig und wo digitale Computeranimationen angebracht sind, über die er sagt: "Das macht uns nicht arbeitslos, sondern ergänzt sich super. Keiner von uns will unnötige Gefahren eingehen." Ein Double muss natürlich dem Schauspieler möglichst ähnlich sehen, vor allem was die Größe angeht, den Rest kann oft die Maske erledigen. Im Tatort gibt Mac Steinmeier selbst Udo Wachtveitls Double. Wenn also Kommissar Leitmayr im nächsten Tatort seine brennende Hand in die Kamera hält, muss man sich kleine Sorgen um ihn machen. Ein Eimer Wasser steht bereit.

Die Familien-Stuntshow im Foyer von Studio 9 in der Bavaria-Filmstadt wird in den Pfingstferien noch täglich um 12 Uhr, 13, Uhr, 14 Uhr und 15 Uhr gezeigt, dann wieder in den Sommerferien.

© SZ vom 02.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: