Es kann vorkommen, dass eine bekannte Fernsehmoderatorin, die gerade bei einem Dreh auf dem Gelände der Bavariafilm in Geiselgasteig ist, dringend innerhalb von zehn Minuten "Crudités" braucht, also Rohkoststücke mit entsprechenden Dips. Mittlerweile ist das überhaupt kein Problem mehr. Der Anruf geht in der "Filmkantine" ein, wird zur Chefsache erklärt und von einem der beiden Chefs persönlich erledigt. Marco Baumgartner brachte der hungrigen Dame die gesunden Schmankerl gleich selbst zum Dreh. Gemeinsam mit Michael Sturm ist er der Betreiber der neuen "Filmkantine" in Geiselgasteig.
Einen solchen Service hat man gesucht in der Filmstadt, als es galt, die Kantine neu zu vergeben, erklärt Sprecherin Christiane Kügler-Martens. Vorher war sie von "Eurest" betrieben worden, einer bundesweiten Kette für Betriebsrestaurants. Denn viele Produzenten, die in der Filmstadt drehen, möchten keine Zeit damit verschwenden, weite Wege auf dem 300 000 Quadratmeter großen Gelände zur Kantine zurückzulegen. Sie freuten sich, wenn das Essen zu ihnen komme - ein Service, den der Vorgänger nicht bieten konnte.
Für Baumgartner und Sturm dagegen, Betreiber von "Tafelgold" mit Sitz in Oberhaching, ist das eine Kleinigkeit. "Unser Hauptgeschäft ist Catering und Event", erzählt Baumgartner. Das erkläre die sehr große Flexibilität und Spontaneität. Denn als Caterer sei man es gewohnt, "auf einer grünen Wiese ein Essen für 5000 Leute anzurichten", sagt Baumgartner. Man bringe dazu alles mit: Tische, Stühle, Servietten und jede Kleinigkeit, an die dabei gedacht werden muss. Für diesen Zweck verfügt die Firma über komplette Küchen auf Rollen, Küchentrucks und mobile Kühlhäuser. Daher gibt es auch bei einer Feier weit weg von jedem Stromanschluss keine Einschränkungen bezüglich des Menüs. Auch die Hygieneregeln werden alle problemlos beachtet. 42 festangestellte und unzählige freie Mitarbeiter halten alles am Laufen.
Zu den Festlichkeiten, die man bereits erfolgreich organisiert hat, gehören der Deutsche Filmpreis in Berlin mit 4000 Personen, das Sommerfest der Stadtwerke München mit 3500 Gästen, das Sommerfest von Pro 7/Sat 1 mit 3000 Leuten. Sogar die 12 000 Personen, die beim Ruder-World-Cup auf der Regattastrecke in Oberschleißheim hungrig waren, hat man zur größten Zufriedenheit bewirtet. Auch Facebook ist ein Kunde, der schon mal mit 600 Personen in einer Studiohalle bei Bavaria feiert.
Aus irgendeiner unwirtlichen Ecke auf dem Bavariafilm-Gelände eine gemütliche Essecke zu machen, ein Büfett mit hoher Qualität aufzubauen und bestes Essen zu servieren, ist für "Tafelgold" auf jeden Fall eine der leichtesten Übungen. "Das ist wie ein Hotelbüfett und ein Koch steht auch da." Die Mitarbeiter sind solche Ausflüge gewöhnt. "Unsere Leute kennen die Rumflitzerei", sagen die Chefs. "Die würden sich wahrscheinlich langweilen, wenn ihr Arbeitsalltag anders wäre." Dass auch die Chefs selbst rumflitzen, sei selbstverständlich, versichert Baumgartner. "Es gibt nichts, was wir nicht machen, wir sind uns für keine Arbeit zu schade."
Die Mitarbeiter übrigens stammen alle aus der Steigenberger Hotelfachschule. Ein Erlebnis der Anfangszeit habe sie das gelehrt, erzählt Baumgartner. Es war einer ihrer ersten Events, an dem ein Kellner zu ihm kam und sagte: "Mich hat gerade jemand gefragt, wie eure Firma heißt . . . wie ist noch mal der Name?" Das war natürlich der Gau, fanden die Eventmanager, die nur beste Qualität abliefern wollten. Seither kommen nur ausgebildete Kräfte in Frage, die wissen, was sich gehört.
Außer dem Service am Drehort ist da die Filmkantine selbst. Es ist übrigens die zweite, die "Tafelgold" betreibt. Die andere ist die der Firma "Avnet Logistics" in Poing, die täglich rund 800 Personen verköstigt. Auch an allen Feiertagen hat sie geöffnet, da es eine amerikanische Firma ist. In Geiselgasteig waren bisher 1000 Essen an einem Tag das höchste. Einer Steigerung schaut man gelassen entgegen.
Die Filmkantine ist übrigens für jedermann zugänglich, man braucht sich durch den Pförtner nicht abschrecken zu lassen, er lässt alle Hungrigen durch, ihre Gastkarte ziehen sie einfach am Automaten. Die Preise variieren zwischen 5,50 Euro und 6,80 Euro, für Bavaria-Mitarbeiter 4,80 Euro. Auch ein veganes und ein vegetarisches Essen sind täglich im Angebot, außerdem kann man Komponenten kombinieren. Die Produkte stammen aus der Region: Kartoffeln aus Sauerlach, Gemüse aus Ismaning, Fleisch vom Ochsenzüchter Waller aus Oberaudorf, Bergkäse und Schinken aus Berchtesgaden. Glutamate dagegen sind tabu. Auch eine noch so figurbewusste Vip-Moderatorin kann also bedenkenlos die Crudités verspeisen.