Grünwald:Autofahrer und Eulen müssen umdenken

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Am Steilhang über der Straße wird täglich von 8.30 bis 16 Uhr mit schwerem Gerät gearbeitet. (Foto: Angelika Bardehle)

Das Staatliche Bauamt Freising lässt in dieser Woche kranke Bäume an der Staatsstraße 2572 entfernen, damit sie nicht auf die Fahrbahn stürzen. Deshalb ist die Verbindung zwischen Grünwald und Pullach tagsüber gesperrt

Von Michael Morosow, Grünwald/Pullach

Bis zuletzt hat sie im Wipfelgeäst der kranken Esche ausgeharrt und wohl mit steigender Sorge beobachtet, wie um sie herum ein Baum nach dem anderen Stück für Stück gekappt wird und schließlich ganz von der Bildfläche verschwindet. Dann, als der mächtige Teleskoplader und eine Greifersäge sich daran machen, auch ihrem Hochsitz den Garaus zu machen, schwingt sich die Eule entrüstet davon, landet irgendwo unten im Tal, wo die Isar leise plätschernd in Richtung München fließt und die Idylle nicht von Motorengeräuschen gestört wird. Sie wird große Augen machen, wenn sie in den nächsten Tagen wieder einen Blick auf den Steilhang neben der Staatsstraße 2572 auf Grünwalder Flur wirft, der dann wie glatt rasiert aussehen wird.

Am Montag hat das Staatliche Bauamt Freising damit begonnen, an dieser Stelle 55 kranke Bäume abzutragen, deren Standfestigkeit nicht mehr gegeben ist und die, falls sie den Halt im Erdreich verlören, unweigerlich auf die enge Straße stürzen würden, die sich in Serpentinen von Grünwald hinunter zur Isar und auf der anderen Seite wieder hinauf nach Pullach schlängelt. Die Arbeiten sind gefährlich hier im unwegsamem Steilhang, selbst wenn die Gelbwesten vom Straßenbauamt sich nicht mehr selbst auf Leitern stehend mit der Motorsäge an Stämmen und Ästen zu schaffen machen müssen, sondern auf moderne Gerätschaften zurückgreifen können.

Neben der Eule gibt es eine Reihe von Menschen, die nicht angetan sind von den Arbeiten, jene nämlich, die deshalb einen weiten Umweg fahren müssen. Grund: Die Staatsstraße ist in der laufenden Woche täglich von 8.30 bis 16 Uhr komplett gesperrt. Eine unverzichtbare Maßnahme, um zügig und ohne Gefahr für Arbeiter und Verkehrsteilnehmer voranzukommen, wie Thomas Jakob von der Pressestelle des Staatlichen Bauamts bei einem Ortstermin am Montagvormittag erläutert. Die etwa 20 Arbeiter, die sich von Baum zu Baum vorarbeiten, haben dabei zwar die gefährlichere Arbeit, aber nervig ist sie wohl für einen ihrer Kollegen, der in Grünwald an der Absperrung postiert ist und sich bei jedem Autofahrer für die Straßensperrung rechtfertigen müsse, wie Gärtnermeister Stephan Endriß vom Bauamt berichtet.

Dabei seien die Fällarbeiten dringend notwendig. "Dass da noch nichts passiert ist, ist ein Wunder", sagt Endriß, stochert mit dem Finger in die Wunde einer alten Buche, die vom Brandkrustenpilz befallen ist, und breitet schließlich eine faulige, erdähnliche Masse auf seiner Handfläche aus. "Der Pilz frisst sich durch, das Todesurteil für jeden Baum", weiß der Gärtnermeister. Die meisten der 55 zur Fällung stehenden Bäume sind aber Eschen, die dem Eschentriebsterben geweiht sind. Wichtig zur Hangsicherung sei dabei, die Wurzeln und Stümpfe im Erdreich zu belassen, sagt Pressesprecher Thomas Jakob.

Weil die Gelegenheit günstig ist, wird in dieser Woche nicht nur gefällt, sondern werden entlang der Strecke Leitpfosten und Beschilderungen ausgetauscht sowie auf der Hangstraße auf Pullacher Seite Fahrbahnschäden beseitigt. Dazu machen sich jetzt Endreß und sein Kollege, Straßenmeister Frank Plate, mit einer Spraydose auf dem Weg, um die Schadstellen mit gelber Farbe zu kennzeichnen. Bei fließendem Verkehr, so Plate, "kann man kurz auf die Straße springen und einen Strich ziehen und muss dann sofort zurückspringen." Jetzt haben sie dazu täglich Zeit bis 16 Uhr, dann rollt der Verkehr wieder.

© SZ vom 03.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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