Grasbrunn:Tief gespalten

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Der Neukeferloher Bolzplatz ist bei den Anwohnern besonders umstritten. (Foto: Angelika Bardehle)

Grasbrunn muss bis Ende des Jahres 100 Flüchtlinge aufnehmen. Doch in der Bevölkerung wächst der Widerstand, vor allem gegen den Standort am Bolzplatz.

Von Christoph Hollender, Grasbrunn

Die Vorwürfe, die durch den Sitzungssaal im Grasbrunner Rathaus hallen, gelten Bürgermeister Klaus Korneder (SPD). "Zu spät" brüllt ein Gast, als es um eine Bürgerversammlung geht, die Korneder für den September ankündigt. Den Vorwurf "intransparenter Politik" muss sich der Rathauschef gefallen lassen. Es geht um eine Liste mit 28 möglichen Standorten für Flüchtlingsunterkünfte, die ein Arbeitskreis des Gemeinderats zunächst intern geprüft hatte. Mangelnde Bürgerbeteiligung lautet deswegen auch ein weiterer Vorwurf in der Gemeinderatssitzung.

Grasbrunn wird in naher Zukunft Platz für mindestens 75 Flüchtlinge schaffen müssen; derzeit sind 48 Menschen in einem Containerdorf auf dem Gelände der KFZ-Zulassungsstelle untergebracht. Dieses aber, sagte Karena Brodback von der Koordinierungsstelle Asyl im Landratsamt, sei aber nur eine Notunterkunft. Die Gemeinde selbst müsse ausreichend Unterkünfte schaffen, sagte Brodback. Und Bürgermeister Korneder ergänzte, die Zahl an Flüchtlingen, die Grasbrunn zu beherbergen habe, könne bis zum Jahresende gar auf 100 ansteigen. Ausreichend Unterkünfte zu finden, bereite der Gemeinde enorme Schwierigkeiten; private Unterkünfte stünden derzeit nicht zur Verfügung.

Aus diesem Grund erarbeitete die Verwaltung den Plan der dezentralen Unterbringung in mehreren Gemeindeteilen. Auf dem Bolzplatz im Technopark in Neukeferloh, auf einem Feld am Ende des Haarer Weges in Grasbrunn sowie in einem Gebäude an der Hauptstraße 1 in Harthausen. Diese Standorte müssten "näher betrachtet" werden, denn auf diesen Flächen könne "einfacher Wohnraum" in Holzständerbauweise entstehen, ließ die Verwaltung verlautbaren. Diese drei Varianten sind Bestandteil jener Liste mit 28 Vorschlägen, die der Arbeitskreis Asyl, dem alle Fraktionsvorsitzenden angehören, ausgearbeitet hat. Dass den Bürgermeister nun der Vorwurf der Intransparenz aus den Reihen der mehr als 100 Besucher im Sitzungssal traf, lag insbesondere daran, dass die komplette Liste von der Verwaltung nicht öffentlich gemacht wurde.

Ein zweiter Standort für Flüchtlingsunterkünfte, für die sich der Grasbrunner Gemeinderat entschieden hat: Das Haus in der Hauptstraße 1 in Harthausen. (Foto: Angelika Bardehle)

Korneder trat dem Vorwurf der Geheimniskrämerei vehement entgegen; die Vorschläge seien losgelöst von persönlichen Befindlichkeiten der Bürger entwickelt worden. Dann verwies Korneder auf die geplante Bürgerversammlung im September, bei der Meinungen ausgetauscht werden sollen. Dies kritisierte Thomas Michalka (BfG) und sagte, der Dialog hätte wesentlich früher beginnen müssen. Außerdem stellte sich Michalka gegen die mögliche Unterkunft am Bolzplatz in Neukeferloh; im Vorfeld hatte seine Fraktion sogar eine Unterschriftenliste der Anwohner für den Erhalt des Bolzplatzes bei der Gemeinde eingereicht. Mit dieser Aktion will die BfG den Bolzplatz als einen "Ort der Begegnung" und "Platz für Sport und Spiel" erhalten.

Korneder konterte das Verhalten der BfG: "Es ist immer leicht etwas abzulehnen. Konkrete und eigene Vorschläge, wie man es anders machen kann, kamen nicht." Unterstützung bekam der Bürgermeister von Ursula Schmid (CSU): "Herr Michalka hat den Dialog im Arbeitskreis nicht gesucht. Das macht er nur jetzt, weil die Öffentlichkeit da ist." Zudem gebe es Stimmen, dass der Bolzplatz nur wenig für sportliche Tätigkeiten genutzt werde.

Dass der Dialog mit den Bürgern früher hätte stattfinden sollen, sagte auch Hannes Bußjäger (FW). Erst durch die heutige Sitzung seien wichtige neue Informationen bekannt geworden. "Es fällt mir schwer jetzt eine Hau-Ruck-Entscheidung zu treffen", sagte Bußjäger. Für eine "neue schöne Anlage" am Ortsrand plädierte Johann Hiltmair (BfG). Er sprach sich ebenfalls für den Erhalt des Bolzplatzes aus und präferierte ein zentrale Lösung mit einem großen Gebäude für Asylbewerber. Die so entstehenden Wohnungen könnten, sagte Hiltmair, vielleicht in 15 oder 20 Jahren anderweitig vermietet werden.

Bürgermeister Klaus Korneder sagte, er verstehe die Sorgen der Bürger - das Gespräch mit den Menschen sei wichtig. Landratsmitarbeiterin Karena Brodback betonte, die Gemeinde müsse bei allen Schwierigkeiten Möglichkeiten der Unterbringung ans Landratsamt melden.

Michael Hagen (CSU) kam noch auf die gute Willkommenskultur in Grasbrunn zu sprechen. Dennoch müsse noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden, das zeige die Reaktion der Bürger. Auch viele Unterstützer des Helferkreises Asyl waren anwesend, gingen mit ihren Argumenten in der Debatte aber unter.

Die Abstimmung war letztlich knapp. Mit elf zu neun Stimmen beschloss das Gremium die drei Standorte am Bolzplatz, am Haarer Weg und an der Hauptstraße als mögliche Unterkünfte in Betracht zu ziehen. SPD und Grüne und drei Mitglieder der CSU-Fraktion stimmten dafür. "Für mich war es wichtig, ein Mandat des Gemeinderates zu haben", sagte Korneder. Jetzt starte der Bürgerdialog.

© SZ vom 30.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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