Grasbrunn:Sozialpädagoginnen als Streitschlichter

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Mitarbeiter des Kreisjugendrings berichten dem Gemeinderat von ihrer Arbeit an der Grundschule Neukeferloh

Von Lars Brunckhorst, Grasbrunn

Ärger mit Freunden, Mobbing in der Klasse, Probleme im Elternhaus - Isabella Albert und Susanne Wiegemann-Henze fangen an der Grundschule Neukeferloh seit anderthalb Jahren die ganze Bandbreite an Konflikten ab, mit denen Kindern morgens in den Unterricht kommen. Was sie im Einzelnen alles leisten und wo ihrer Erfahrung nach am meisten Handlungsbedarf besteht, schilderten die beiden Sozialpädagoginnen, die über den Kreisjugendring an der Schule beschäftigt sind, dem Hauptausschuss des Grasbrunner Gemeinderats erstmals in einem Bericht über ihre Arbeitssituation.

Von Projektarbeit über Pausenangebote und Klassenbegleitungen bei Ausflügen bis hin zu Gewaltpräventionsprogrammen und Krisenintervention - das Aufgabenspektrum der beiden Sozialarbeiterinnen ist breit. Die Zeit, die ihnen dafür zur Verfügung steht, ist dagegen begrenzt. Beide sind lediglich an vier Tagen in Teilzeit an der Schule, jeweils von 7.30 bis 13 Uhr, und das für aktuell 326 Kinder. Nun benötigen bei weitem nicht alle von ihnen eine individuelle sozialpädagogische Betreuung, aber zum Standardprogramm kommen jede Woche zwei bis drei Konfliktberatungen, mehrere Eltern- und Lehrergespräche sowie zeitintensive Einzelfallhilfen hinzu, etwa bei familiären Belastungen wie Krankheit, Trauer oder Trennung der Eltern. Auch bei emotionaler Überforderung werden die Pädagoginnen zur Entlastung der Lehrer in Klassen gerufen, außerdem helfen sie beim Übertritt an weiterführende Schulen, stehen in Kontakt mit Mittagsbetreuung und Hort sowie dem Jugendamt und Schulpsychologen.

Eine wichtige, regelmäßige Aufgabe ist das Streitschlichten in den Pausen: Etwa zehn Fälle zählen Albert und Wiegemann-Henze am Tag. Gerade seit Schuljahresbeginn beobachten sie besonders viele Konflikte. "Es ist wahnsinnig viel los auf dem Schulweg, und das wird alles in die Schule hineingetragen", schilderte Suanne Wiegemann-Henze dem Hauptausschuss. Die Frühaufsicht zwischen 7.30 und 8 Uhr sei deshalb besonders wichtig, ermögliche sie doch den beiden Sozialpädagoginnen, mit Kindern, Lehrern und Eltern noch vor dem Unterricht zu sprechen. Die Hilfe bei Konflikten und in Einzelfällen geht natürlich zu Lasten der Projektarbeit. "Da geht nicht mehr so viel."

Ob die Konflikte Ausdruck einer Art "Wohlstandsverwahrlosung" seien, wollte SPD-Gemeinderat Dieter Schuster wissen. Die Probleme in einem Ort wie Grasbrunn seien sicher nicht mit denen am Hasenbergl in München vergleichbar, sagte Isabella Albert. "Aber wir sehen schon viele Kinder, die sehr auf sich bedacht sind und nicht auf andere schauen." Wenn solche Kinder aufeinanderträfen, dann gebe es meistens Streit. Im übrigen fehle in immer mehr Familien häusliche Erziehungsarbeit, wenn Kinder erst nach 17 Uhr aus Schule und Hort heim kommen, weil beide Eltern berufstätig sind.

Grundsätzlich habe das Konfliktpotenzial an der Schule aber nicht zugenommen, es entwickle sich "wellenartig", , so Isabella Albert. "Es ist nicht schlimmer als vor anderthalb Jahren." Das ist auch der Eindruck von Sabine Wiegemann-Henze: "Die Kinder haben sich nicht verändert, aber wir kriegen mehr mit." Das führt sie auf das in der Zeit gewachsene Vertrauensverhältnis zu den Kindern zurück.

Eines machten die Sozialpädagoginnen auch deutlich: Durch die Kinder von Flüchtlingen, die seit zwei Jahren vermehrt an der Schule aufgenommen wurden, entstehe ihnen kein Mehraufwand. Und sie stellten auch klar, dass sie nicht an der Schule sind, um für Lehrer einzuspringen und ausgefallene Schulstunden zu übernehmen. Dass die Schulsozialarbeit, die vom Landratsamt und der Gemeinde finanziert wird, ausgebaut wird, ist vorerst nicht zu erwarten. "Mehr kann man immer machen", sagte Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) am Ende der Aussprache im Ausschuss. "Aber im Vergleich zu anderen Gemeinden sind wir gut dabei." Knapp 33 000 Euro hat sich Grasbrunn heuer die Schulsozialarbeit kosten lassen, für nächstes Jahr ist ein ähnlicher Betrag eingeplant.

© SZ vom 17.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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