Grasbrunn:Ruhe nach dem Sturm

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Grasbrunn stellt die Planungen für Windräder vorerst ein

Von Lars Brunckhorst, Grasbrunn

Der Wind ist raus: Vor zwei Jahren noch war Grasbrunn ganz vorne mit dabei, als es darum ging, mögliche Flächen für Windräder im Gemeindegebiet auszuweisen; jetzt lässt man die Planungen bis auf weiteres ruhen. Hintergrund ist die von Ministerpräsident Horst Seehofer und der bayerischen Staatsregierung beschlossene sogenannte 10-H-Regelung. Danach müssen Windräder von der nächsten Wohnbebauung mindestens soweit entfernt sein, wie es ihrer zehnfachen Höhe entspricht. Bei 200 Metern Höhe, wie sie von modernen Rotoren derzeit erreicht werden, bedeutet dies einen Mindestabstand von zwei Kilometern.

Unter dieser Maßgabe ist jedoch im gesamten Gemeindegebiet Grasbrunns kaum eine geeignete Fläche zu finden. Der Gemeinderat war sich daher in seiner Sitzung am Dienstagabend einig, dass es unter diesem Gesichtspunkt kaum Sinn ergibt, die vor zwei Jahren in die Wege geleitete Bauleitplanung fortzuführen. Damals hatte man sich dazu regelrecht gezwungen gesehen. Die dünn besiedelte Gemeinde mit ihren großen Wald- und Wiesengebieten im Südosten Münchens schien nach Expertenmeinung geradezu prädestiniert für Windkraftanlagen. Weil seinerzeit deutlich geringere Abstände üblich waren, galten viele Flächen vor allem im Süden und Südosten der Kommune als geeignet. Um einen Wildwuchs an Windrädern zu verhindern, beschloss der Gemeinderat, seinen Flächennutzungsplan zu ändern und geeignete Standorte auszuweisen. Damit wollte man sich Einfluss auf den Bau von Windkraftanlagen sichern.

Inzwischen ist aber die anfängliche Euphorie bei Windradbetreibern einer gewissen Ernüchterung gewichen. Nicht nur, dass Windstärke und Energieausbeute im Großraum München hinter den Erwartungen zurückbleiben, auch die 10-H-Regel hat der anfänglichen Goldgräberstimmung in ganz Bayern einen Dämpfer verpasst. Zwar ist nicht sicher, ob die in der Bayerischen Bauordnung neuerdings verankerte Abstandsregelung auf Dauer Bestand hat, doch der Gemeinderat war sich - bekräftigt von der Empfehlung seines Beratungsbüros - einig, dass zumindest vorerst keine weitere Planung nötig ist. "Das ist uns das Allerliebste", kommentierte Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) die Empfehlung des Nürnberger Büros TB Markert. Sollte die 10-H-Regel irgendwann vor Gericht fallen, bliebe immer noch genügend Zeit, die Planung abzuschließen, um den Bau von Windrädern zu regeln.

Gleichzeitig sprach sich der Gemeinderat ebenfalls einstimmig gegen die Planungen der Nachbargemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn aus, die an der Grenze zu Grasbrunn Windräder zulassen will. Diese wären wohl mit der 10-H-Regel konform, doch die Gemeinde sieht dadurch insbesondere die Einwohner des Ortsteils Harthausen beeinträchtigt. Aus dem Gemeinderat wurde harsche Kritik an der Nachbargemeinde laut, die ihre "Negativplanungen" stets an die Grenzen setze und in diesem Fall sogar in ein Wasserschutzgebiet.

"Höhenkirchen fährt immer gern mit ausgestrecktem Ellenbogen", fasste Hannes Bußjäger (Freie Wähler ) den Unmut in Worte. Max Walleitner (Grüne) pflichtete ihm bei: Eine Ablehnung sei das "einzige Mittel, die Rechte der Gemeinde und unserer Bürger zu wahren". Die Beziehungen der beiden Südostgemeinden wird das Nein indes nicht verbessern. Denn mit seinem Einspruch könnte Grasbrunn möglicherweise die ganze Planung Höhenkirchens zu Fall bringen.

Eine Hoffnung von Windkraftgegnern hat sich unterdessen zerschlagen: Die Radaranlage der Flugsicherung bei Poing dürfte Windräder im Osten Münchens nicht verhindern. Bisher war man davon ausgegangen, dass um das Funkfeuer ein Sicherheitsabstand von mindestens 15 Kilometern eingehalten werden muss. In einem ähnlichen Fall wurde ein Einspruch der Flugsicherung jedoch per Gerichtsurteil zurückgewiesen. Experten gehen daher von aus, dass es sich bei dem 15-Kilometer-Umkreis allenfalls um eine "weiche Tabuzone" handelt. Allerdings steht auch hier noch eine höhere Rechtsprechung aus.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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