Grasbrunn:Kopfschütteln über Richter

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Markus Bistrick verlegt auch Gemeindeblätter. (Foto: Ilona Stelzl)

Verleger Bistrick sieht kommunale Blätter nicht als Konkurrenz

Von Gudrun Passarge, Grasbrunn

Die "Grasbrunner Nachrichten" oder "Lebendiges Vaterstetten" als Konkurrenz zu Printmedien? Markus Bistrick schüttelt den Kopf. Der Journalist verlegt die beiden Gemeindeblätter sowie einige Magazine, Kunden- und Verbandszeitschriften. Als früherer stellvertretender Lokalchef der Münchner Abendzeitung kennt er das Geschäft. "Dass die Kommunen jetzt schuld sein sollen und der Presse etwas wegnehmen, das finde ich befremdlich. Denn die Amtsblätter gibt es schon seit mehr als 35 Jahren und länger." Vielmehr sieht er die Probleme, die Facebook und Google den Verlagen bereiten. Und auch die Bezahlsysteme der Online-Ausgaben funktionierten wohl noch nicht so, wie sie sollten oder besser: Die Leute nähmen sie nicht so an, weil sie bisher gewohnt seien, alles umsonst im Netz geliefert zu bekommen.

Er selbst hat sich in einem "Mikromarkt" eingerichtet, rund um Grasbrunn bespaße er mit seinen Publikationen etwa 40 000 bis 45 000 Einwohner. Dabei herrschen bei den Gemeindeblättern, die er seit 2012 und 2014 betreut, strikte Regeln. "Wir sind für grafische Gestaltung, Finanzierung, Druckabwicklung und für die Auslieferung und Verteilung an die Haushalte zuständig", sagt er. Die Texte und Bilder werden von den Gemeinden geliefert. Auch wenn es ihm aus journalistischer Sicht manchmal ob der Behördensprache den Magen umdreht, "wir haben keine Befugnis, uns redaktionell einzubringen. Das ist nicht gewünscht". Selbst wenn er nur kleine Verbesserungsvorschläge hatte, seien diese vehement abgelehnt worden. Bistrick ficht das nicht an. Er hat sein Online-Magazin "B 304" und ein dazugehörendes Printprodukt. "Da kann ich mich journalistisch austoben."

Bistrick findet das Urteil des Bundesgerichtshofs nicht gerechtfertigt. Zwar gebe es den ein oder anderen Beitrag in Amtsblättern, über den sich diskutieren ließe, aber ansonsten kommen nur Beschlusstexte des Gemeinderats, Informationen über Baupläne, Nachrichten aus dem Rathaus und vieles aus den Vereinen in die Blätter. Aber Parteienveranstaltungen, und sei es nur eine Ankündigung für den CSU-Faschingsball, sind beispielsweise in Vaterstetten strikt ausgeschlossen. Die Vereinsnachrichten fänden häufig nur in den Gemeindeblättern statt. Denn Tageszeitungen hätten gar nicht den Platz, deren Veranstaltungen und Feste anzukündigen oder abzufeiern.

Die Informationen würden zwar allen Medien gleichzeitig zugänglich gemacht, weil die Gemeindemitarbeiter sie an einen großen Verteiler verschickten. Doch zum Teil handle es sich um Themen, die nur eine sehr kleine Zielgruppe interessiere, dafür sei eben kein Platz in den großen Zeitungen. Aber gerade, wenn ihm mal ein Zahlendreher beim Datum der Mülltonnenleerung unterlaufe, bekomme er sofort die Rückmeldung der Leser. Für viele Gruppen und Vereine sei es sehr wichtig, einen Weg zu haben, an die Öffentlichkeit zu treten. Als er aus Platzgründen mal eine Initiative nicht ins Blatt heben wollte, folgte sogleich die Klage: "Dann kommen wir ja nirgends mehr vor. Wie sollen wir uns da bekannt machen und noch Mitstreiter finden?"

Bistrick erwartet eine Diskussion darüber, wie das BGH-Urteil konkret umgesetzt werden soll. Was er nicht verstehen kann, war eine Kritik, die sich auf die zunehmend professionelle Gestaltung mancher Gemeindepublikationen bezog. "Journalistische Qualität bemisst sich doch nicht an der Optik. Mir ist schon klar, dass das Auge mitisst, aber ich hole mir doch nicht die SZ wegen der Optik, sondern wegen der Inhalte." Und die seien im Unterschied zu Gemeindeblättern ganz anderer Natur. "Ein Mitteilungsblatt hat nicht die Interpretation, sondern die wertneutrale Information zur Aufgabe." Anderseits sei es an den Medien, diese Informationen einzuordnen, zu bewerten, zu kritisieren und an der Meinungsbildung mitzuwirken.

Bistrick sieht dagegen mehr die Kommunen untereinander in einer Konkurrenzsituation - um neue Bürger, um lukrative Firmen. Da gehörten Gemeindeblätter, die auch optisch etwas hermachen, zu den imagebildenden Maßnahmen, "da kann man sich kein Kasperltheater leisten". Und was die Anzeigen angeht, bleibt der ehemalige leitende Redakteur der AZ entspannt. Selbst in seinem eng gezirkelten Umfeld könne er mit dem Magazin "B 304" bestehen. "Das funktioniert neben den beiden Mitteilungsblättern bestens."

© SZ vom 16.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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