Gräfelfing:Sprache ist das A und O

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Die Schreinerei Schiller und Wimmer aus Gräfelfing bildet Asylbewerber wie Abdolkarim Karimi aus. (Foto: Robert Haas)

Gemeinden im Würmtal bringen Flüchtlinge und Firmen zusammen

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Brücken bauen - das war das erklärte Ziel des Abends. Und zwar Brücken zwischen den deutschen Unternehmen, die bereit sind, Flüchtlinge als Praktikanten, Azubis oder Mitarbeiter aufzunehmen und zwischen den Asylbewerbern, die eine Beschäftigung suchen. Auf beiden Seiten ist das Interesse groß, das bewies eine Veranstaltung im Würmtal. Die drei Gemeinden Gräfelfing, Planegg und Neuried hatten unter dem Titel "Job meets refugee" Unternehmen zu einer Informationsveranstaltung geladen, die bereit sind, Flüchtlingen eine Job-Perspektive zu geben. Es war ein Abend, der auf mehr Anklang traf, als erwartet, und der als Modell für andere Gemeinden dienen könnte. Anfragen gab es bereits im Vorfeld, sagte Landrat Christoph Göbel (CSU). Eines wurde deutlich: Für das Brückenbauen benötigt es versierte Konstrukteure, die beide Seiten zusammenführen.

Integration funktioniert nur, wenn die Flüchtlinge eine Perspektive erhalten. Sprache und Job sind die Grundvoraussetzungen dafür. Das wurde mantra-artig im Verlauf des Abends wiederholt. Die Brisanz des Themas scheint vielen bewusst zu sein, es kamen auch Bürgermeister aus anderen Landkreisgemeinden, Kreisräte, Mitarbeiter aus den Verwaltungen, Vertreter der Arbeitsagentur. Es gibt bereits Initiativen, die Jobs und Flüchtlinge zusammenbringen: das kulturelle Orientierungspraktikum, das die Gräfelfingerin Ute Zima ins Leben gerufen hat, ist eine davon. Zima hat bislang 20 Flüchtlinge als Praktikanten bei Gräfelfinger Unternehmen untergebracht, damit die Neulinge die hiesige Arbeitskultur kennenlernen. Das kommt gut an, referierte sie, auch wenn es "ein Abenteuer" sei, auf das sich die Unternehmer einlassen, denn die meisten Flüchtlinge können noch kein Deutsch sprechen. Doch wenn sich keine Parallelgesellschaften bilden sollen, "müssen wir die Menschen in unser Leben holen" appellierte sie. Einige der Praktikanten hätten bereits gute Aussichten, Azubis zu werden.

Ebenso eine Vermittlerfunktion hat das Förderprogramm Migranet, das auf "Integration durch Qualifizierung" setzt und Unternehmen dabei begleitet, interkulturelle Kompetenzen zu entwickeln. Denn auch die deutschen Unternehmen sind gefragt, sich zu öffnen, betonte der Gräfelfinger Professor für Wirtschaftspsychologie, Claas Triebel. Das Schlagwort Willkommenskultur sei "keine Seifenblase", sondern eine Aufgabe, die eine Haltung erfordere: eine positive Grundhaltung im Bezug auf Migration. Das Förderprogramm hilft Flüchtlingen auch bei der Anerkennung ihrer Berufsqualifikation oder bietet Workshops an, um Handwerk und Migranten zusammenzubringen. Viele Angebote seien für die Unternehmen kostenfrei zu nutzen, warb Triebel.

Eines wurde an dem Abend auch deutlich: Die Unternehmer wünschen sich pragmatische Lösungen. Viele sind bereit, Asylbewerber aufzunehmen, haben aber keine Zeit, sich um die Bürokratie zu kümmern, so brachte es der Gräfelfinger Malermeister Andreas Romanow auf den Punkt, der als Zuhörer gekommen war und bereits am kulturellen Orientierungspraktikum teilgenommen hat. Er wünschte sich einen Ansprechpartner, der sich um die Behördenangelegenheiten von Mindestlohn bis Versicherungsfragen kümmert und erhielt Applaus für seine Forderung.

In dieser Marktlücke ist die Initiative von drei Hochschulabsolventen aus München und Berlin aktiv. "Jobs4Refugees" ist eine mobile Jobbörse: Die jungen Leute kommen zu den Flüchtlingen, derzeit in die Traglufthalle nach Unterhaching, klopfen Lebensläufe und Qualifikationen ab, vermitteln Sprachkurse, stellen Kontakte zu Unternehmen her, begleiten zu Bewerbungsgesprächen, helfen bei Behördengängen. Ans Publikum ging am Montag die konkrete Aufforderung: "Wenn Sie jemanden einstellen wollen, wenden Sie sich an uns." Pragmatischer können Brücken kaum gebaut werden.

© SZ vom 24.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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