Garchinger Römerhof:Alarmstufe Rot

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Sanierungsbedürftige Heimstätte für Kultur und Kinder: der Römerhof in Garching. (Foto: Catherina Hess)

Die Sanierung der Kultur- und Bildungsstätte gestaltet sich deutlich aufwendiger: Das zu den ältesten Gebäuden der Stadt zählende Anwesen genügt in keiner Weise aktuellen Vorschriften des Brandschutzes

Von Irmengard Gnau, Garching

Der Römerhof in Garching muss wohl umfänglicher saniert werden als bislang gedacht. Das legen Untersuchungen der städtischen Bauverwaltung nahe. Damit das historische Gebäude allen aktuellen Vorschriften des Brandschutzes genügt, werden zusätzlich zum geplanten Einbau von Brandmeldeanlagen voraussichtlich brandschutztechnische und statische Ertüchtigungen an den Decken im Nordteil des Hauses nötig. Betroffen sind die Räume des Kindergartens "Spatzennest", der Großtagespflege der Nachbarschaftshilfe, der Beratungsstelle der Arbeiterwohlfahrt (Awo) sowie der Einliegerwohnung im zweiten Obergeschoss. Die Stadt hat bereits Angebote für ein Sanierungskonzept eingeholt.

Der Römerhof zählt zu den ältesten historisch belegten Anwesen Garchings und war lange einer der größten landwirtschaftlichen Gutshöfe des Ortes. Seinen Namen hat der Hof vermutlich von einem einstigen Besitzer, nach welchem er erst Riedmairhof, später Riemer- und schließlich Römerhof geheißen wurde. Das Anwesen hatte wechselnde Besitzer; unter anderem diente es Ernst Hüdepohl, Bürgermeister in Garching während der Zeit der NS-Diktatur 1938 bis 1945, als Wohnsitz. 1971 kaufte die Gemeinde Garching das Gut und baute die Gebäude teilweise um. Im ehemaligen Wohnhaus wurde 1972/73 der gemeindliche Kindergarten "Spatzennest" eingerichtet, weitere Sozialeinrichtungen folgten.

1990 ließ die Kommune den Ostflügel, das ehemalige Wirtschaftsgebäude, neu bauen und machte den Römerhof damit auch zu einer Kulturstätte: 1992 eröffnete das "Theater im Römerhof", 1994 die Musikschule. Außerdem sind in dem dreiflügeligen Gebäude ein Glasbläser, eine Tonwerkstatt, ein Tanzstudio, eine Tierarztpraxis, Lagerräume der Vereine Zeitkind, der Schützen, des Wandervereins und der Bauernbühne sowie der Bauhof beheimatet.

Nachdem schon vor etwa drei Jahren nach einer Baukontrolle Fragen zum Brandschutz beim Römerhof aufgetaucht waren, hatte die Stadt den Hofkomplex daraufhin untersucht und den Baubestand neu erfassen lassen, da nicht alle Nutzungsänderungen in der Vergangenheit entsprechend dokumentiert waren. Im April 2020 gab der Stadtrat seine Zustimmung, um den Brandschutz im Nord- und Ostflügel des Gebäudes entsprechend zu ertüchtigen und unter anderem zwei barrierefreie Toiletten, eine in der Musikschule und eine für das Theater, einzubauen. Den Bauantrag reichte die Verwaltung im September 2020 beim Landratsamt ein.

Die Aufsichtsbehörde forderte allerdings noch zusätzliche Nachweise bezüglich der Statik im Nordflügel an. Daher ließ die Garchinger Bauverwaltung im vergangenen Herbst und Frühjahr mehrere Decken und Fußböden in den Räumen der Awo, des Kindergartens und der Großtagespflege öffnen. Nach Angaben der Verwaltung erfüllte keine der geöffneten Decken die heute vorgeschriebene Mindestanforderung an den Brandschutz bezüglich des Feuerwiderstands im Brandfall. Sie müssen also ertüchtigt werden und zwar sowohl brandschutztechnisch als auch statisch. Beispielsweise könnte das Einziehen von Stahlträgern oder anderen Stahlelementen nötig werden. Die Standsicherheit des Gebäudeteils schätzt ein beauftragter Statiker nach Angaben der Verwaltung nicht als gefährdet ein.

Wie eine solche Ertüchtigung stattfinden kann, dafür sollen Experten nun ein Sanierungskonzept erstellen. Von diesem erhofft sich die Stadt einen Überblick über das ganze Ausmaß der nötigen Arbeiten samt Kosten; bislang war die Verwaltung nach einer Grobschätzung vom April 2020 von brutto knapp 310 000 Euro samt der beiden barrierefreien Toiletten ausgegangen. Bei dieser Summe dürfte es nach den neuesten Erkenntnissen kaum bleiben.

Noch wichtiger dürfte vielen jedoch die Frage sein, wie die Bauarbeiten vonstatten gehen sollen, ohne den Betrieb von Kindergarten, Tagespflege und der Beratungsstelle allzu sehr einzuschränken. Die Verwaltung will prüfen, ob zumindest ein Teil der Arbeiten während des laufenden Betriebs stattfinden kann, etwa indem man die Decken abschnittsweise ertüchtigt. Auch will man Pausenzeiten nutzen.

Die drei Gruppen des Kindergartens im Römerhof besuchen bis zu 65 Kinder. In der Großtagespflege betreut die Nachbarschaftshilfe zwei Gruppen mit je bis zu acht Kindern.

© SZ vom 08.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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