Garching:Zerrüttete Beziehung

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Die Garchinger Grünen rechnen in ihrer Halbzeitbilanz mit Bürgermeister Gruchmann ab

Von Gudrun Passarge, Garching

Die Halbzeitbilanz der Grünen im Garchinger Stadtrat ist auch zu einer Abrechnung mit Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) geraten. Die gescheiterte Sozialstaffelung bei den Kindergartengebühren, die "katastrophale Planung" des neuen Kinderhauses, das für unzulässig erklärte Bürgerbegehren, das auf Anregung der Grünen geplante Straßenerhaltungsmanagement - alle vier Stadträte der Fraktion gaben am Montagabend ein Resümee der bisherigen Arbeit ab. Insbesondere Fraktionschef Hans-Peter Adolf sparte dabei nicht mit Kritik am Bürgermeister: "Man hat den Eindruck, ihm fehlen die Ideen, die Visionen, wo Garching hin soll."

Dabei hatte es 2014 als gute Beziehung begonnen. Die Grünen unterstützten den Bürgermeister. "Am Anfang hat es sich sehr, sehr gut angelassen", sagte Adolf und nannte als Beispiel den Flüsterasphalt, der auf der B 471 bis hinter zur Isar verbaut wurde. Auch den Zehn-Minuten-Takt der U-Bahn heftet sich Adolf wenigstens teilweise ans Revers. Doch dann habe es den Bruch gegeben, "ich habe keine Ahnung, woran es liegt", sagte Adolf. Vielleicht daran, dass sich der Bürgermeister zu sehr auf die Verwaltung verlasse. "Das ist kein Vorwurf, sondern eine Feststellung." Er vermisse Führung und Gestaltung durch den Bürgermeister. Zur Nagelprobe der Beziehungen gerieten die Abstimmung über die Sozialstaffelung von Kindergartengebühren und das Bürgerbegehren zum Lieferverkehr auf dem Helmut-Karl-Platz.

Dass der Stadtrat es als nicht zulässig erklärte, habe er als "grobes Foul" empfunden, sagte Adolf. Er dröselte die ganze Geschichte noch einmal minutiös auf. "Wir haben von Anfang an gesagt, dass es kein Durchfahrtrecht gibt", betonte er und bezog sich auf ein von der Stadt beauftragtes Gutachten einer Kanzlei, das längere Zeit nicht mehr im digitalen Informationssystem auffindbar war. "Aber wenn man lange genug Dummheiten behauptet, hat man irgendwann alternative Fakten." Den jetzigen Vorschlag der Verwaltung, Poller an drei Stellen der Fußgängerzone zu errichten, die nur in Notfällen herunterfahren könnten, bezeichnete er als ersten Zwischenerfolg für alle, die unterschrieben hätten. Allerdings missfallen den Grünen noch die möglichen Lieferzeiten zwischen 8 und 20 Uhr. Dritter Bürgermeister Walter Kratzl nannte eine maximale Lieferzeit bis 14 Uhr ausreichend und forderte die Garchinger auf, in der Bürgerversammlung für diese Beschränkung zu plädieren.

Das Scheitern der Staffelung der Kindergartengebühren und die Trägervergabe nannte Werner Landmann als Grund dafür, warum er seine alte Heimat SPD verlassen habe und zur Grünen-Fraktion gewechselt sei. "Ich habe es nicht bereut und fühle mich sauwohl. Und ich habe endlich wieder Spaß, Politik zu machen." Zur Trägervergabe für das Kinderhaus Untere Straßäcker äußerte er noch einmal sein Unverständnis, warum nicht der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt den Zuschlag bekommen habe, sondern die Diakonie. "Die Abstimmung ist sehr willkürlich ausgefallen", mit der Diakonie sei ein deutlich teurerer Träger zum Zuge gekommen.

Ingrid Wundrak nimmt es dem Bürgermeister übel, dass er in Zusammenhang mit dem Kinderhaus von "Schaukämpfen" gesprochen hat. Vielmehr habe sich die Diskussion nur deswegen so lange hingezogen, "weil er nicht auf uns gehört hat". Wundrak beschrieb, wie sie für Aufenthaltsräume auf der Südseite und kleinere Wohneinheiten gekämpft habe, letztlich erfolgreich, auch wenn die Rathausverwaltung, Bürgermeister und Architekt "stinksauer" waren.

Die Mahagonifenster und der fehlende Wirt im Bürgerhaus, die irgendwann vielleicht drohende Straßenausbaubeitragssatzung, die Geothermie, es kamen noch viele Themen zur Sprache. Von den Zuhörern angestoßen wurde eine Diskussion über die Versiegelung Garchings. "Garching wird zubetoniert", stellte einer fest. Bei den Grünen stieß er damit auf Zustimmung. Adolf machte eine verfehlte Strukturpolitik in Bayern für die Entwicklung verantwortlich und Wundrak sagte, "wir in Garching können nicht die Wohnungsnot lindern".

© SZ vom 08.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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