Garching:Zeichen der Modernisierung

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Vor 50 Jahren wurde St. Severin in Garching geweiht, in einer Zeit, als sich die katholische Kirche öffnete. Die Pfarrei feiert den Jahrestag mit einem dreitägigen Fest und buntem Programm

Von Gudrun Passarge

Selbst der Friedhof neben St. Katharina war einige Zeit im Gespräch als Standort für eine zweite katholische Kirche in Garching. Der Bedarf war eindeutig, "das Bevölkerungswachstum war ganz massiv", berichtet Kirchenpfleger Heinz-Gerd Hegering. Die Leute fanden an Feiertagen selbst keinen Stehplatz mehr. Aber die Suche nach einem geeigneten Bauplatz war schwierig. Doch am 17. September 1967 weihte Julius Kardinal Döpfner schließlich die Kirche St. Severin, ein außergewöhnliches Gotteshaus mit einem Glockenturm, der als "Raketen-Campanile" bezeichnet wurde, und einer Kirche, die der damalige Pfarrer Korbinian Lehrberger als ein "Zelt des Gottesvolkes" sah. Die Pfarrei St. Severin feiert den 50. Jahrestag nun mit einem dreitägigen Fest.

50 Jahre Pfarrei St. Severin, ein guter Anlass, nicht nur zu feiern, sondern auch um eine Chronik zu verfassen. Kirchenpfleger Hegering hat das in die Hand genommen. Er hat geforscht, viele Kapitel geschrieben und viele andere Autoren eingebunden. "Er war wie ein Zirkusdompteur, der uns herumgescheucht hat", berichtet die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats, Nicola Gerhardt. "Ich habe mich massiv unter Druck gesetzt gefühlt, aber sonst hätten wir es niemals geschafft", sagt sie. Tatsächlich haben es die Autoren geschafft, auf 328 Seiten eine sehr lebendige Zusammenfassung der Geschehnisse der vergangenen 50 Jahre zu liefern, die das Engagement unzähliger Menschen würdigt. Obwohl Gerhardt fürchtet, es seien einige vergessen worden, Menschen, die eher im Stillen arbeiteten. "Leute, die seit vielen Jahren ehrenamtlich die Kirche putzen, fallen einem eben nicht sofort ein", sagt Hegering. Doch bei dem Fest am kommenden Wochenende geht es ja um die Pfarrei und ihre Kirche, betont der Kirchenpfleger.

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(Foto: Privat)

Auf dem Kirchenportal hat der Künstler Karl Reidel Szenen aus dem Leben des heiligen Severin dargestellt.

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(Foto: Privat)

Julius Kardinal Döpfner weihte die Kirche 1967 (mit Pfarrer Korbinian Lehrberger).

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(Foto: Privat)

Zum Gottesdienst zur Glockenweihe kamen 1965 zahlreiche Gläubige.

Und diese Kirche war dringend notwendig, weil Garching eine Wachstumsgemeinde war. Schon durch die Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg war die Kommune gewachsen, die Ausrichtung als Wissenschaftsstandort verstärkte den Zuwachs noch, circa 2900 Katholiken gehörten 1960 der Pfarrei an. Das Wachstum hält bis heute an, "weil so viele Familien herziehen". Hegering beziffert die Zahl der Pfarreiangehörigen aktuell auf circa 6500. St. Katharina jedenfalls war zu Beginn der Sechzigerjahre eindeutig zu klein für die Pfarrei, und zudem gab es auch keine vernünftigen Veranstaltungsräume. Also kam der Wunsch auf, beides zu bekommen, eine neue Kirche und ein Pfarrzentrum. "Es war die Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils, also die Zeit der Öffnung zur Welt hin", sagt Gerhardt, "da passte ein Pfarrzentrum gut rein, mit Jugendräumen und Klubräumen." Die auch heute noch gut genutzt werden. 23 Gruppen treffen sich hier, berichtet Hegering.

Der damalige Pfarrer, Josef Hogger, bemühte sich bereits seit 1959 um ein neues Gotteshaus und suchte auch nach einem geeigneten Standort. Letztlich wurde die Kirche neben dem 1957 neu errichteten Schulhaus fündig. Das Grundstück gehörte dem Landwirt Heinrich Popp. Es gab noch einige Hindernisse zu überwinden, wie Hegering berichtet, aber es blieb bei der Poststraße. Der Kirchenbau, der gut in die Zeit passte, wurde vom Architekten Sepp Östreicher geplant, der in Pasing mit St. Hildegard eine der modernsten Kirchen Münchens geschaffen hatte. Seit Ende 1962 hatte er mit Pfarrer Korbinian Severin Lehrberger einen neuen Partner in Garching an seiner Seite. Günter Koller, Vorsitzender des Fördervereins St. Severin, hat Lehrberger als unglaublich offenen, engagierten Pfarrer in Erinnerung. "Er hat sich zum Beispiel für Tanzveranstaltungen im Pfarrheim stark gemacht", damals keine Selbstverständlichkeit, weshalb er auch erst den 1967 neu installierten Pfarrgemeinderat überzeugen musste. Koller erinnert sich auch noch an eine andere nette Begebenheit: "Damals wurde auch noch viel über die Pfarrersköchin diskutiert." Und Lehrberger hatte da offenbar sehr große Ansprüche. Die Pfarrei machte sich daraus einen Spaß. "Wir haben ihm eine aus Holz geschnitzt. Mit ihr hat er viel Freude gehabt", berichtet Koller mit einem Augenzwinkern. Selbstverständlich fand man aber auch eine richtige Köchin.

Wer jetzt vermutet, die Kirche St. Severin habe ihren Namen von diesem Pfarrer, liegt falsch. Sowohl Hogger als auch Lehrberger hätten sich für den Namen "Wiederkunft-Christi-Kirche" stark gemacht. "Das hätte mir nicht gefallen", gibt Kirchenpfleger Hegering unumwunden zu Protokoll. Doch das Ordinariat entschied sich für den heiligen Severin von Noricum, der in Niederösterreich wirkte. Die Kirche, sie wurde auf Wunsch von Lehrberger mit Natursteinwänden verkleidet, und der Architekt stattete sie mit einem ungewöhnlichen Grundriss aus: Der Altar rückte in die Mitte. Der Pfarrer schrieb dazu: "Der Grundriss sollte allen Neuzugezogenen Hilfe zum gegenseitigen Kennenlernen bieten, da sie sich als Mitfeiernde sehen können."

Hegering unterstreicht, dass mit der neuen Kirche und dem Pfarrheim auch die Musik einen besonderen Stellenwert erhielt. So ist es auch kein Zufall, dass der Chor ebenfalls seit 50 Jahren besteht. Ein Grund mehr zum Feiern. Wie überhaupt durch die neue Kirche und das Pfarrheim Raum da war, den Glauben zu entfalten. Wie heißt es in der Einladung: "Rückblickend wissen wir heute, dass alles gut gelungen ist, wofür wir Gott sehr dankbar sind."

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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