Garching:Toben auf Linoleum

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Der Garchinger Stadtrat einigt sich nach langem Hin und Her auf einen Bodenbelag für das neue Kinderhaus

Von Alexandra Vettori, Garching

Es wird keinem der Mädchen und Buben bewusst sein, die dereinst durch das Kinderhaus Untere Straßäcker toben, wie die Entscheidung über den Untergrund zustande kam, auf dem sie das tun. Dabei war es ein durchaus denkwürdiger Moment in der Arbeit des Garchinger Stadtrates, als die Entscheidung zum Bodenbelag im Kinderhaus nach Monaten endlich fiel. Intuitiv, sozusagen, ohne Verwaltungsvorlage und Kostenschätzung. "Wer ist dafür, dass wir Linoleum in allen Räumen verlegen, Kostenschätzung unbekannt?", läutete Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) die Schlussrunde ein. Und 13 Stadträte beendeten die Debatte über den Fußboden, indem sie die Hand hoben, während elf andere sie unten ließen.

Es war nur das jüngste Kapitel in der schwierigen Planung des Kinderhauses, das die Stadt für mittlerweile gut 6,7 Millionen Euro bauen möchte. Diesmal ging es um einen kinderfreundlicheren Boden als den geschliffenen Estrich, den Planer und Stadtverwaltung favorisierten. Von Anfang an stand kein guter Stern über der Planung, dabei ist es ein vorausschauendes Projekt in einem Viertel der Stadt, wo bald zig neue Wohnungen in der Nachbarschaft entstehen und sich viele Familien ansiedeln werden. Vorausschauend auch, weil auf das Dach des Kinderhauses zwölf Wohnungen gebaut werden sollen, für die Erzieherinnen und Betreuerinnen, die man so leichter auf dem leer gefegten Arbeitsmarkt zu finden hofft.

Schon im vergangenen Frühjahr kippte der Stadtrat die Planung, man kritisierte den zu kleinen Garten und die Ausrichtung nach Norden. "In einen Kindergarten gehört Sonne rein", brachte Albert Biersack (CSU) damals die Mehrheitsmeinung im Gremium auf den Punkt. Vergeblich verteidigte Architekt Jörg Moser seine Planung damit, dass die vom Stadtrat gewünschten Wohnungen für die Erzieherinnen die Abstände zu den Nachbarhäusern erhöhten und das Gebäude also noch massiver sein müsse. Es half nichts, der Stadtrat forderte eine Neuplanung, man einigte sich mühsam auf einen Kompromiss mit mehr Sonne und zwei Millionen Euro Mehrkosten. Im Sommer dann gab es hitzige Diskussionen um die Trägerschaft, da war viel die Rede vom Verhältnis von Kirche und Staat. Werner Landmann, bis dahin SPD-Stadtrat, trat schließlich sogar aus der SPD aus, als die Entscheidung für die Diakonie als Träger fiel, und lief zur Fraktion der Grünen über.

Und jetzt also die Fußbodenfrage. Erst wollte Hans-Peter Adolf von den Grünen das Thema noch einmal vertagen, Bauverzug hin oder her. Solange die Verwaltung nicht in der Lage sei, echte Alternativen vorzulegen, keine Entscheidung. Parteikollege Martin Kratzl sagte an die Adresse von Bauamtsleiter Klaus Zettl: "Sie wollen uns jetzt wieder den Estrich unterjubeln." Allerdings hatte die Verwaltung zumindest eine Alternative mit Parkettboden für 60 000 Euro Aufpreis in der Beschlussvorlage, damit aber konnte sich auch niemand anfreunden. Und so warf sich noch einmal Hans-Peter Adolf in die Bresche, "dann stelle ich noch einen weiter gehenden Antrag, der sofort behandelt werden muss: Alle Böden sollen Linoleum sein." Und so kam es zur oben beschriebenen, denkwürdigen Frage von Bürgermeister Gruchmann, und zum Votum des Garchinger Stadtrates.

© SZ vom 07.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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