Garching:Taktstock abgegeben

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"Wir haben sehr schöne Sachen gemacht". Norbert Kutta blickt auf ein bewegte Zeit als Leiter der Musikschule zurück. Trompete wird er dort weiter spielen. (Foto: Catherina Hess)

Norbert Kutta hört nach 35 Jahren als Musikschulleiter in Garching auf

Von Gudrun Passarge, Garching

Der Alte ist gegangen, der Neue hat übernommen. Norbert Kutta war 35 Jahre lang Leiter der Garchinger Musikschule. Zum 31. März endete seine Zeit dort. Inzwischen hat er seinen Nachfolger Holger Hochmuth bereits eingearbeitet. Ein nahtloser Übergang. Hochmuth hat auch den Taktstock für das Blasorchester übernommen, das Kutta aufgebaut hat, dem er aber treu bleibt. Er wird weiterhin dort die Trompete spielen, seine Frau Cornelia die Tuba.

Der Berliner Kutta kam 1985 über eine Anzeige in der Süddeutschen Zeitung nach Garching. Er hatte damals eine Stelle am Bodensee und kam auf einer Urlaubsfahrt zum Salzkammergut in München vorbei, um seinen Schwager zu besuchen. Der zeigte ihm die Annonce: "Leiter(in) der Sing-und Musikschule in Garching gesucht". Kutta meldete sich und bekam noch zur Wiesnzeit die Zusage. Mit dem damaligen Bürgermeister Helmut Karl wurde er schnell einig, "Karl wollte vor allem ein Blasorchester haben", berichtet Kutta. Das sei die Hauptbedingung gewesen. Tatsächlich fing der neue Musikschulleiter 1986 mit vier Leuten an, zwei Trompeten und zwei Klarinetten. "Die Anfangszeiten waren schon schwierig." Denn Garching sei "nicht der Boden für Blasmusik", anders als etwa der Süden des Landkreises, wo diese Musik eine lange Tradition habe, sagt Kutta. Weil aber der Bürgermeister auf schnelle Auftritte drängte, musste der neue Musikschulleiter zur Aushilfe Leute von außerhalb holenn. Heute spielen circa 40 Musiker im Garchinger Blasorchester mit, Aushilfen sind da nicht mehr nötig.

Als Kutta anfing, war die Musikschule, die jetzt natürlich auch geschlossen ist, neu gegründet worden. Es gab zwar schon einen Vorläufer unter dem Dach der Volkshochschule, aber die wurde aufgelöst und die Stadt übernahm es in Eigenverantwortung. Das ist in Zeiten von Corona ein Vorteil, wie der neue Leiter Hochmuth ausführt. Er schaut ab und zu vorbei während des Gesprächs, das noch vor den Ausgangsbeschränkungen stattfand, will wissen, wo Schlüssel sind und auch sonst gibt es immer wieder Dinge zu klären. Hochmuth lobt die Stadt, sie unterstütze ihn, wo immer ihm die Erfahrung fehle. Und sie bezahle die Lehrer weiter, obwohl es im Moment keinen Unterricht gibt. "Das gibt ihnen Sicherheit", zumal viele, die sonst noch Konzerte nebenher geben, wegen der Krise auf diese Einnahmen verzichten müssten.

Kuttas Anfänge lagen im Keller, "in der Gruft, so haben wir es genannt". Die Musikschule mit ihren etwa 300 Schülern war früher auf mehrere Gebäude verteilt, in der Schule Hochbrück, in der Grundschule West und eben im Keller des Bürgerhauses. Das änderte sich erst, als die Schule 1993 einen Neubau bekam. "Wir waren der letzte Bau vor der U-Bahn, dann ging alles Geld nur noch in die U-Bahn", sagt Kutta. Aber schon ein Raum im Südflügel des Römerhofs, der Veranstaltungen für bis zu 200 Leuten ermöglichen sollte, wurde gestrichen, weil das Geld in den Untergrund floss. "So ein Saal fehlt noch in Garching", sagt Kutta.

Die Musikschule hat heute etwa 30 Lehrer und 800 Schüler. Und schon wieder wird es eng. "Wir können nicht viel mehr aufnehmen, weil die Räume dafür nicht da sind", sagt Kutta. Hinzu kommt, dass erst vor einiger Zeit zwei Räume vom Landratsamt gesperrt worden seien, aus Brandschutzgründen. Der Musikschulleiter schaut auf eine bewegte Zeit zurück. Tolle Musicalaufführungen und Konzerte, die Trommel- und die Bläserklasse in den Grundschulen West und Ost, die Partnerschaften mit der Musikschule in Davos oder auch mit den Partnerstädten der Stadt Garching, Lørenskog und Radeberg. Kutta erinnert sich gerne: "Wir haben sehr schöne Sachen gemacht." Mit den Musikern in den anderen Städten hätten sich über die Jahre auch private Freundschaften entwickelt. Nach Lørenskog wollten sie auch in diesem Jahr wieder fahren, wenn Corona es zulässt.

Auch die Veranstaltungen im Theatron fallen Kutta ein, eine Garchinger Besonderheit. Bei einem Beatles-Abend hätten 500 Menschen die Freiluft-Aufführung angeschaut. Doch das Theatron habe es in sich, wenn das Wetter nicht mitspielt, bedeutet das Hektik und viel Arbeit für die Aufführenden, die dann kurzfristig umziehen oder die Vorstellung ganz absagen müssten. Kutta wünschte sich eine "spontane, gute Überdachung" im Theatron, wenigstens für die Akteure, "denn das Publikum kommt immer. Die Leute können sich unter ihre Schirme setzen".

Vielleicht erlebt Kutta ja noch einige Veränderungen an der Musikschule, immerhin wird er ja weiter im Blasorchester spielen. Und wegen der neu gewonnen Zeit ist ihm nicht bang. "Ich hab genug zu tun." Immerhin hat er Hobbys. Außer der Musik ist da ja noch seine umfangreiche Holz-Spielzeugsammlung. Langeweile wird da nicht aufkommen.

© SZ vom 08.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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