Garching:Sicher ist sicher

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Wie verhält man sich im Ernstfall? Verein fordert Aufklärung am Garchinger Reaktor

Von Julia Weller, Garching

Der Verein "Bürger gegen Atomreaktor" hat Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann dazu aufgefordert, eine Broschüre zur zivilen Sicherheit erneut an alle Haushalte der Stadt verteilen zu lassen. Der Flyer "Rundherum sicher", der von der Technischen Universität München (TUM) herausgegeben wird, informiert auf etwa 30 Seiten über das richtige Verhalten im unwahrscheinlichen Fall einer Kernschmelze oder anderer Unfälle im Garchinger Forschungsreaktor München II.

Gemäß Strahlenschutzverordnung ist die Bevölkerung "unaufgefordert mindestens alle fünf Jahre über die Sicherheitsmaßnahmen und das richtige Verhalten bei solchen Ereignissen zu informieren." In Garching ist dies allerdings zuletzt 2008 geschehen, also vor sieben Jahren. 2013 hatte die TUM zwar eine aktualisierte Version der Broschüre drucken lassen, diese wurde aber vom Umweltministerium zurückgehalten. "Im Moment liegt noch die Version von 2008 aus, ergänzt um ein Faltblatt", sagte eine Sprecherin der TUM. Die Broschüre könne direkt beim Forschungsreaktor oder auf verschiedenen Veranstaltungen abgeholt werden, verteilt worden sei sie aber seit 2008 nicht mehr. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz konnte am Montag auf Anfrage nicht erklären, warum die Broschüre 2013 zurückgezogen worden ist.

Ingrid Wundrak, Stadträtin der Grünen und Vorsitzende des Anti-Reaktor-Vereins, forderte in einem Brief an Bürgermeister Gruchmann, die Broschüre neu aufzulegen und allen Haushalten zukommen zu lassen. Sie müsse jedem Neubürger ausgehändigt werden, so Wundrak. Der Flyer solle in möglichst vielen Sprachen erhältlich sein. Wundrak regte zudem an, einen Hinweis auf den Internetseiten der Stadt zu geben und die Broschüre in öffentlichen Einrichtungen auszulegen.

Bürgermeister Gruchmann wies die Verantwortung von sich. Er sei der falsche Ansprechpartner für derartige Forderungen, sagte er. "Wir sind nicht Betreiber des Reaktors, da ist die Technische Universität in der Pflicht." Obwohl Gruchmann den Reaktor nicht für gefährlich hält, betont er, die Sorgen seiner Bürger ernst zu nehmen: "Ich habe meine Mitarbeiter gebeten, einen freundlichen Brief an die TUM zu schreiben, um die Bitten aus der Bevölkerung weiterzugeben." Gruchmann gab an, selbst keine Broschüre zu besitzen, er fühle sich aber trotzdem sicher in Garching. "Meine Angst hält sich in Grenzen", sagte er, "denn beim Bau des Reaktors wurde wirklich alles dreifach abgesichert."

Ingrid Wundrak sorgt sich trotzdem um die Sicherheit der Bürger: "Meine Erfahrung ist, dass die meisten Leute nicht informiert sind." Vor allem in Kindergärten und Schulen müsse das Personal, das ja oftmals außerhalb Garchings wohne, besonders geschult werden. Der Verein schlägt zudem vor, einen zuvor abgelehnten Antrag der Grünen im Jahr 2016 wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Dabei geht es um die Errichtung stationärer Sirenen, die im Ernstfall als zusätzliches Warninstrument dienen sollen. Der Bau solcher Anlagen war 2013 wegen Kosten von 50 000 Euro abgelehnt worden.

© SZ vom 22.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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