Garching:Pinselpioniere

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Die Vorstandsmitglieder Kornelia Buchta, Ursula Busch und Isabella Barbagallo (von links) schätzen es, sich in verschiedenen Techniken, aber auch über verschiedenen Medien auszudrücken. (Foto: Catherina Hess)

Kunstkompass, der erste Kunstverein im nördlichen Landkreis, stellt sich auf seiner Gründungsfeier in Garching-Hochbrück mit einer Auswahl von Bildern und Objekten vor

Von Udo Watter, Garching

Talent allein, das ist vielleicht die Voraussetzung, aber nicht der Schlüssel. Ein feines Händchen, der versierte Umgang mit Pinsel und Farben, das Beherrschen verschiedener Techniken oder der kompetente Blick für die Perspektive - das mündet letztlich doch nur in Eklektizismus, wenn denn die künstlerische Neugier fehlt, wenn die Experimentierfreude abgeht.

Für Kornelia Buchta, Isabella Barbagallo und Ursula Busch ist genau das ein wesentliches Kriterium ihres kreativen Selbstverständnisses: Neugierig sein, sich weiterentwickeln, sich ausdrücken aus einem inneren Antrieb heraus, Breschen in das Konventionelle zu schlagen. Jede natürlich auf ihre Art und Weise: Als Künstlerinnen sind sie zuvörderst Individualistinnen. Einzelkämpferinnen in Auseinandersetzung mit der eigene Fantasie und Inspiration oder auch mit den eigenen Unsicherheiten.

Manche Dinge gehen freilich gemeinsam besser, gerade im organisatorischen Sinne und über das zeitgemäße Zaubermittel der Vernetzung. Im Mai 2016 riefen sie und vier weitere Personen den Kunstverein Kunstkompass München-Nord ins Leben- auf Initiative Buchtas hin - und nun an diesem Wochenende findet die eigentliche Gründungsfeier an ihrem Heimatort Garching statt. Die inzwischen elf Mitglieder des Vereins, der im August 2016 ins Vereinsregister eingetragen wurde, stellen sich von Freitag bis Sonntag mit einer Auswahl ihrer Arbeiten im "Pali Raum auf Zeit" in Garching-Hochbrück vor. Eine Zwischennutzung quasi, die am Sonntag wieder endet, und zudem keine öffentliche Veranstaltung (wer an einem Besuch der Ausstellung oder an weiteren Infos interessiert ist, kann sich unter info@Kornelia-Buchta.de anmelden). "Unsere Schwierigkeit ist, wir haben hier in Garching keinen festen Raum, keine Möglichkeit, uns zu präsentieren", sagt Barbagallo bei einem Treffen im Buchtas Wohnung. Im Moment kommen die Mitglieder einmal im Monat im Haus der Vereine zusammen, aber mittelfristig soll sich das ändern. Überhaupt steht der Verein noch ziemlich am Anfang. Buchta, die 2010 über ein Künstlerinnen-Vernetzungsprojekt des Landratsamtes auf die Idee kam, eine entsprechende Künstlergruppe für Garching zu gründen ("Zwischentöne") und nach dessen Scheitern schließlich mit neuen Mitstreitern den Kunstkompass initiierte, sah die Schwierigkeiten freilich voraus: "Wir haben gewusst, es wird nicht einfach, aber jetzt haben wir immerhin schon mal eine Struktur." Und schon allein ob der Lage ergibt sich eine besondere Anziehungskraft: einen Kunstverein gibt es im Landkreis bisher nur im Süden, in Ottobrunn: der wurde 1995 gegründet und verfügt dank eines großzügigen Mietangebots der Gemeinde seit 2001 über eine eigene Galerie. Aber Ottobrunn ist von Garching, Ismaning oder Unterschleißheim nicht der nächste Weg. Und der traditionelle KV München in der näher gelegenen Landeshauptstadt ist schon wegen seiner hohen Anzahl an Mitgliedern unpersönlicher. "Im Norden gab es halt nichts und unsere Bestreben ist es auch, Künstler aus dem ganzen Norden zu gewinnen", sagt Barbagallo. Im Moment kommen die meisten Mitglieder aus Garching, es sind bildende und plastisch arbeitende Künstlerinnen, immerhin ein Mann, der in Unterschleißheim lebende Schauspieler Antonio Lomuscio ist dabei. So sehr ein Anwachsen der Mitgliederzahl im übrigen erwünscht ist - Buchta betont auch: "Wir haben schon den Anspruch, nur ernsthafte Künstler aufzunehmen."

Zu den Aufgaben des Vereins gehört die Veranstaltung von Ausstellungen und Vorträgen, Studienfahrten, Museums- oder Ausstellungsführungen und Atelierbesuche. Im Oktober vergangenen Jahres gab es die erste Vereinsausstellung in Eching oder einen Ausflug inklusive Führung zur Paul-Klee-Ausstellung nach Oberschleißheim, im Juni ist eine Exkursion nach Murnau mit einem Besuch im Münter-Haus geplant sowie im Sommer eine gemeinsame Werkschau im Garchinger U-Bahn-Ausgang. Das Jahresprogramm steht unter dem Motto "Fenster" und inspiriert davon soll es auch kreative Aktionen mit Garchinger Geschäftsleuten geben. Generell ist es ein Anliegen, sich in der Universitätsstadt eine Basis zu schaffen, Verantwortliche und Politiker am Ort für sich zu interessieren, und so zumindest mittelfristig eine Möglichkeit zu schaffen, regelmäßig die Werke der Vereinsmitglieder ausstellen zu können - ob im Bürgerhaus oder in der Bücherei. Die Voraussetzungen sind nicht so schlecht. Nicht nur Buchta, die seit 1997 in Garching lebt, ist in der Stadt gut verwurzelt, und hat in den vergangenen Jahren diverse Kunstprojekte und Ausstellungen dort realisiert. Auch Bürgermeister Dieter Gruchmann (SPD) hat sich für einen Besuch der Gründungsfeier angekündigt.

Die Vorstandsmitglieder Buchta, Busch und Barbagallo betonen zwar, dass selbst für diese drei Tage der Aufwand enorm sei, aber die Motivation ist hoch, nicht zuletzt, weil man im regelmäßigen Austausch miteinander künstlerisch wachsen will. Wie heißt es im Vereins-Flyer: "Wir freuen uns auf Menschen, die progressiven Strömungen und künstlerischen Experimenten gegenüber aufgeschlossen sind."

© SZ vom 18.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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