Garching:Massive Kritik am Landratsamt

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Die Stadträte und das Aktionsbündnis Lohhof-Süd fordern Gutachten zu Recyclinganlage in Hochbrück

Von Gudrun Passarge, Garching

Kritik am Landratsamt, Anlagen der Recyclinganlage in Hochbrück ohne Genehmigung nach einem Brand wieder in Betrieb gehen zu lassen, hat der Garchinger Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) nun im Bauausschuss geäußert. Besonders Formulierungen, dass nachteilige Auswirkungen "offensichtlich gering" oder "aller Wahrscheinlichkeit vernachlässigbar" seien, ärgerten den Rathauschef: "So etwas darf in einem Bescheid nicht stehen." Wobei ihn das Landratsamt inzwischen informiert habe, dass es kein Bescheid, sondern nur eine Information der Behörde sei. Der Bauausschuss teilte die Kritik Gruchmanns. Einstimmig forderten die Stadträte das Landratsamt auf, Lärmgutachten und weitere immissionsschutzrechtliche Untersuchungen vorzulegen.

Bei dem Großbrand im vergangenen Dezember in der Recyclinganlage der Firma Garching Hochbrück Vermögensverwaltung GmbH (GHV) waren unter anderem Teile eines Dachs zerstört worden. Mehr als 300 Helfer waren in der Nacht im Einsatz, um das Feuer unter Kontrolle zu bekommen. Ursache war ein Akku im Elektroschrott, der sich selbst entzündete. Es war nicht der erste Brand in der Anlage, gegen die Anwohner besonders aus dem Unterschleißheimer Ortsteil Lohhof-Süd schon seit Jahren kämpfen und sich in einem Aktionsbündnis zusammengeschlossen haben. Sie werfen dem Betrieb vor, mit veralteter Technik zu arbeiten, Grenzwerte zu überschreiten, und sie fühlen sich durch Staub, Lärm und Gestank in ihrer Gesundheit gefährdet. Mit einem Gutachten hatten sie 2018 auf Defizite der Anlage hingewiesen und ihre Forderung nach einer Stilllegung untermauert.

Nach einem Eigentümerwechsel 2017 gab es zuletzt einige Veränderungen auf dem Gelände. Der neue Betreiber wies darauf hin, die Anlage in "schlechtem Zustand" übernommen zu haben und teilte mit, an Verbesserungen zu arbeiten. Das Aktionsbündnis Lohhof-Süd beschwerte sich trotzdem weiter über Lärm und Gestank. Nun hat der Betreiber der Anlage nach dem Brand "die Änderung der Beschaffenheit und des Betriebs der Anlagen" beim Landratsamt angezeigt, die nötig ist, da einige Anlagen nicht mehr einsatzbereit sind. Die Kreisbehörde stellte dazu klar, dass die Wiederaufnahme des geänderten Betriebs unter der teilweise zerstörten Überdachung zwar anzeigepflichtig, aber nicht genehmigungspflichtig sei, "da mögliche immissionsschutzrechtlich relevante nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind". Auch zu geöffneten Dachluken oberhalb betriebsfähiger Anlagen äußert das Amt die Auffassung, "dass die über die Öffnungen austretenden Immissionen aller Wahrscheinlichkeit nach vernachlässigbar sind".

Runder Tisch mit allen Beteiligten lässt auf sich warten

Das sieht der Garchinger Bürgermeister anders. Da er zunächst von einem Bescheid ausging, habe er mit der Verwaltung sofort diskutiert, Einspruch einzulegen. Gruchmann sagte, als er das gelesen habe, habe er sofort an das Aktionsbündnis gedacht, das sich bestimmt umgehend beschweren würde. Tatsächlich, so Andreas Erbenich, ein Sprecher des Aktionsbündnisses, beobachteten sie das Geschehen an der Recyclinganlage "mit Argusaugen". Sie hätten Akteneinsicht beantragt und prüften die Unterlagen genau. "Wir sind der Ansicht, für die Anlage müssen die Gesetze genauso gelten wie für alle anderen Betriebe. Aber aus irgendeinem Grund werden sie hier für die GHV sehr fürsorglich zur Anwendung gebracht", so Erbenich. Er wiederholte noch einmal seinen Vorwurf: Wenn er die Ausführungen des Landratsamts lese, "dann drängt sich mir der Gedanke auf, das Landratsamt macht Lobbyarbeit für die müllverarbeitende Industrie", so Erbenich.

In der Bauausschusssitzung bedauerte es der Bürgermeister auch, dass seine Anregung, einen runden Tisch mit allen Beteiligten zu wiederholen, bisher keine Reaktion ausgelöst habe. Außerdem erinnerte er an ein weiteres Thema auf dem Betriebsgelände in Hochbrück. Dort stehen schon seit vielen Jahren Wohncontainer, in denen Arbeiter untergebracht sind, sehr zum Ärger der Garchinger. Die Stadt selbst hat allerdings keine Handhabe, zuständig ist das Landratsamt. Schon vor zwei Jahren habe es die Zusage der neuen Betreiber gegeben, die Wohncontainer aufzulösen, spätestens nach einem Jahr hätten sie verschwunden sein sollen, aber passiert sei bisher nichts, sagte Gruchmann verärgert.

Die Stadträte stimmten einmütig der Forderung des Bürgermeisters zu. So brauche es Unterlagen vom Landratsamt, die belegen sollen, "dass durch den Betrieb der Anlage und die durch den Brand entstandene Öffnungen im Dach keine nachteiligen immissionsschutzrechtlichen Auswirkungen für die Nachbarschaft der Anlage bestehen".

© SZ vom 25.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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