Garching:Biogas statt Fernwärme

Lesezeit: 3 min

Die Geothermie in Garching ist ein Erfolgsmodell - die TU will sie in ihren Bauten dennoch nicht. (Foto: EWG)

Die Stadt Garching würde gerne die Neubauten auf dem Campus der Science City an die Geothermie anschließen - doch die Technische Universität sträubt sich

Von Gudrun Passarge, Garching

Die Science City in Garching nimmt langsam, aber sicher Gestalt an. Das beweist der Masterplan für den neuen Campus West am TU-Gelände. Die Stadträte nutzten die Vorstellung des Masterplans Science City am TU-Gelände, um für die städtische Geothermie zu werben. Jürgen Ascherl, Fraktionschef der CSU, warb dafür, die Energie-Wende-Garching (EWG) stärker in die Planung einzubeziehen und Götz Braun (SPD) sprach von "verpasster Chance", wenn die Geothermie bei den Neubauten nicht berücksichtigt würde. Immerhin rechnet die EWG damit, bald die Genehmigung zu bekommen, ihre Leitung durch die neue Nord-Süd-Straße auf dem Campus verlegen zu dürfen, um Bestandskunden im Norden, wie etwa General Electric, auch ohne Container versorgen zu können. Ansonsten entwickelt sich der neue Campus-West fast so, wie es der Siegerentwurf von 2014 vorsieht.

Der Masterplan soll ein Grundgerüst für die noch anstehenden Entwicklungen auf dem Wissenschaftscampus sein. Dazu gehören Aussagen, dass die maximale Gebäudehöhe 28 Meter betragen soll, abgesehen von einzelnen Hochpunkten mit 50 Metern. Oder auch die Festsetzung, dass jeweils 20 Prozent der Fläche auf den Baufeldern nicht versiegelt werden sollen. Aktuell stehen etwa 200 000 Quadratmeter Fläche im Campus West zwischen Ludwig-Prandtl- und Lichtenbergstraße westlich vom Wiesäckerbach zur Bebauung an.

Das nächste Bauvorhaben der TU ist der Neubau der Fakultät für Elektrotechnik, der in drei Bauphasen unterteilt wird. Der Oberboden ist schon abgetragen, im Mai, Juni nächsten Jahres soll der erste Bauabschnitt beginnen, sagte Hermann Mühleisen, Mitarbeiter der Stabstelle TU im staatlichen Bauamt München 2, jüngst den Garchinger Stadträten. Wenn das komplette Gebäude steht, werden dort etwa 4000 Studenten und Mitarbeiter ihre neue Wirkungsstätte haben.

Der Bauausschuss hatte die Planung für den Neubau der Elektrotechnik bereits abgenickt, obwohl auch da schon über die Geothermie diskutiert worden war. Florian Baierl (Unabhängige Garchinger) nannte es einen Schildbürgerstreich, wenn die EWG zwar ihre Leitungen an den Gebäuden vorbeilegen, sie aber nicht anschließen dürfe. Götz Braun hatte vorgeschlagen, das Einverständnis der Stadt nur zu geben, wenn die TU darüber mit der Stadt verhandle, doch Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) hatte von einem Konfrontationskurs abgeraten, "wir sollten eher durch Argumente überzeugen". Die Geothermie sollte ergänzend zum Kraftwerk eingesetzt und nicht als Konkurrenz verstanden werden.

Die Argumente brachte Christian Nolte, einer der beiden Geschäftsführer der EWG, im Stadtrat vor. Die EWG hatte eigens eine Studie in Auftrag gegeben, die zu dem Schluss kam, würde das neue Gelände der TU an die Geothermie angeschlossen, würde man etwa 2600 Tonnen CO₂ und 1100 Kilogramm Stickoxide im Jahr einsparen. Florian Loibl, Chef der Immobilienverwaltung der TU, machte jedoch unmissverständlich klar: "Wir haben im Moment ein funktionierendes Kraftwerk." Die TU erzeugt mit Hilfe von Biogas in ihrem Heizkraftwerk nicht nur Wärme, sondern auch Strom. "Zum jetzigen Zeitpunkt ist es für uns definitiv kein Thema", sagte Loibl zu einem möglichen Anschluss an die Geothermie. Es sei momentan nicht geplant, das Kraftwerk außer Betrieb zu nehmen. Im Gegenteil: "Je intensiver das Kraftwerk genutzt wird, desto wirtschaftlicher ist es natürlich." Auch der Präsident des Bundesverbands Geothermie, Erwin Knapek, sagte, die TU soll statt auf ihr eigenes Gaskraftwerk verstärkt auf die Tiefenwärme setzen. Eine Einigung aber schein derzeit nicht in Reichweite.

Interessant wird auch die Parksituation. Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) sagte im Stadtrat, die Stadt gehe davon aus, dass mit den Neubauten auch die Umstrukturierung der Parkplätze einhergehe. Mühleisen antwortete, das Bauamt werde sich hier an den Stellplatzschlüssel halten, der vorsehe, für je zehn Studenten einen Parkplatz vorzuhalten. Für Forschungsgebäude gelte, pro 40 Quadratmeter Nutzfläche müsse ein Stellplatz geschaffen werden. Gerade sei ein Parkhaus im Bau, das 2018 fertiggestellt werden soll, ein zweites soll bis 2020 folgen. Insgesamt sollen später einmal 5200 Plätze in den Parkhäusern zur Verfügung stehen und fast 900 im Außenbereich. Alle Beteiligten wiesen noch einmal auf den Wunsch hin, dass der Fünf-Minuten-Takt der U-Bahn bald umgesetzt wird und vor allem, dass sie nach Norden verlängert wird.

Zur Fahrradsituation berichtete Mühleisen, dass die neue Nord-Süd-Verbindungsstraße eine Tempo-30-Zone werden soll, in der Radfahrer auf der Straße fahren dürfen. Außerdem werde der geplante Radschnellweg zur Uni an der Ludwig-Prandtl-Straße einmünden.

Zudem sollen am Wiesäckerbach drei Studentenwohnheime entstehen , jeweils aus den unterschiedlichen Materialien Holz, Beton und Ziegeln. Ingrid Wundrak (Grüne) äußerte Sorge, dass diese Wohnungen mit dem Plan, an der Grenze zu Eching Windräder zu errichten, kollidieren könnten wegen etwaiger Verschattung. Gruchmann verneinte das. An den studentischen Wohneinheiten würden die Windkraftanlagen nicht scheitern, "da geht es momentan nur um Grundstücksfragen. Aber ich bin guter Dinge, dass man sich da irgendwann einigen wird".

© SZ vom 14.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: