Galerie Kersten:Kunst-Metropole Brunnthal

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Die Galerie Kersten hat sich in 40 Jahren zu einem Treffpunkt von Größen der Szene entwickelt

Von Udo Watter, Brunnthal

Auch wenn so manch prächtiges Bauernhaus mit Giebellaube den Ort ziert oder die Homepage der Gemeinde das Flair eines "gemütlichen, bayerischen Dorfes" für sich reklamiert - überregional bekannt ist Brunnthal eher als Standort eines schwedischen Möbelkonzerns oder für ein hoch frequentiertes Autobahnkreuz ("Brunnthal-Dreieck").

Gleichwohl kann die Gemeinde am südlichen Rand der Münchner Schotterebene auch mit einer Institution aufwarten, die in kunstinteressierten Kreisen größere Beachtung findet. Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern (CSU) wird, wenn er auf Veranstaltungen jenseits seiner Kommune weilt, jedenfalls gerne mal auf die Galerie Kersten angesprochen, wie Holger Weinstock schmunzelnd erzählt. Zusammen mit seiner Frau Barbara Weinstock ist der studierte Archäologe und Kunsthistoriker seit 2013 Geschäftsführer der Galerie, die vor 40 Jahren eröffnet wurde.

Barbara und Holger Weinstock haben die Galerie Kersten 2013 übernommen. (Foto: Angelika Bardehle)

So ist die kommende Werkschau, die am Freitag, 16. März, beginnt, und die Arbeiten des international renommierten Künstlers Alexander Befelein zeigt, zugleich eine Jubiläumsausstellung. "Für seine Stadtansichten ist er in der ganzen Welt bekannt", erklärt Holger Weinstock. "Er hat einen ganz eigenen Blick auf die Welt. Ihn zeichnen feinste Detailverliebtheit und eine meisterhafter Linienführung aus." Der in München lebende Maler wird bei der Vernissage anwesend sein.

Eine Bilderstube zum Rahmenvergolden ist zu finden. (Foto: Angelika Bardehle)

Namhafte Künstler haben in den vergangenen Jahren immer wieder den Weg nach Brunnthal zu dem im Außenbereich von zwei farbigen Kühen und weiteren Skulpturen flankierten Gebäude gefunden. Mit rund 200 Quadratmetern Fläche, über zwei Stockwerke verteilt, bietet dieses einen ziemlich großen Ausstellungsbereich, im Erdgeschoss sind aber auch diverse Räume für kunsthandwerkliche Arbeiten wie Vergolden oder Einrahmungen. Entsprechend waren auch die Anfänge. Gegründet wurde die Galerie Ende der Siebziger von der Hofoldingerin Elisabeth Plorin, die damals Kersten hieß, und im Prinzip war es vor allem eine Einrahmungswerkstatt. Auch heute noch machen Bildeinrahmungen, Vergoldungen, Restaurierungen oder Objektberatung am Ort gut die Hälfte des Geschäfts aus.

Die zwei farbigen Kühe gehören zum Inventar. (Foto: Angelika Bardehle)

Im Laufe der Jahre immer wichtiger wurden freilich die Ausstellungen: zeitgenössische Werke von international renommierten Künstlern, oder auch von lokalen Größen aus dem Münchner Raum. Elisabeith Plorin holte Holger Weinstock, der zu vor bei einem Kunstverlag in Düsseldorf gearbeitet hatte, im Jahr 2000 nach Brunnthal - nicht zuletzt, um dessen gute Kontakte zu nutzen und um längerfristig einen Nachfolger aufzubauen. Mit dem um etwa dieselbe Zeit als Ausstellungsfläche ausgebauten Raum im oberen Stock eröffneten sich neue Möglichkeiten der Präsentation. "Das war ein wichtiger Punkt. Die Leute lieben den Charakter des Gebäudes", erklärt Holger Weinstock.

Illustrator Janosch war schon zu Besuch. (Foto: Claus Schunk)

Mit ihren Ausstellungen deckt die Galerie eine Vielfalt zeitgenössischer Kunst ab - von der Gruppe Zero über Pop-Art bis hin zu Beuys oder Christo, von Werken der klassischen Moderne bis zu modernen Objekten. Auf den Vernissagen in Brunnthal trifft das Publikum immer wieder mal auf illustre und weltberühmte Künstler: James Rizzi etwa, der 2011 verstorbene Pop-Art-Maler aus New York kam 2007 zu einer Ausstellung. 2014 zeigte Multitalent Armin-Müller Stahl, einer der international renommiertesten deutschen Schauspieler, dort Grafiken und Unikate. Sogar ein Konzert mit Müller-Stahl, der auch studierter Violinist ist, wurde damals in Ottobrunn organisiert. "Das war schon ein Highlight, ihn hierher zu holen", erklärt Holger Weinstock. Ein eher menschenscheuer Künstler, welcher der Galerie verbunden ist und dort zuletzt 2015 bei einer Ausstellungseröffnung zu Gast war, ist der Schriftsteller und Illustrator Janosch. Die humoristischen oder gesellschaftskritischen Werke des Vaters der "Tigerente" sind in Brunnthal immer wieder mal zu sehen. Auch die Arbeiten von Künstlern wie Jörg Döring, Ulrich Hartig oder Puck Steinbrecher werden regelmäßig in der Galerie Kersten gezeigt, der US-amerikanische Pop-Art-Künstler Mel Ramos gehört ebenfalls zum Portfolio.

Die Galerie Kersten, die ihre Stammkunden vornehmlich im Münchner Süden hat, aber auch zahlreiche Besucher aus der Stadt anlockt, hat nun ebendort seit kurzer Zeit eine Filiale. Die Weinstocks haben die ehemalige Galerie Hanssen am Viktualienmarkt übernommen. "Wir sind total glücklich mit der Lage. Das ist auch ein Schaufenster für uns in der Stadt", freut sich Barbara Weinstock, "natürlich erhoffen wir uns davon Synergieeffekte." Den Namen der Galerie ändern, die mit dem Spruch wirbt "Kunst kommt von Kersten", wollten die Weinstocks im Übrigen noch nie. "Das ist einfach eine Institution."

© SZ vom 09.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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