Fröttmaninger Heide:Tödliche Fallen

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Weitere 210 Hektar der Fröttmaninger Heide werden mit Sonden auf Kampfmittel, Waffen und Sprengstoff untersucht. Ziel ist, größere Flächen des ehemaligen Militärgeländes als Erholungsraum freizugeben

Von Thomas Kronewiter, Garching/Oberschleißheim

Der frühere Umweltminister und jetzige bayerische Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) sprach immer gerne von "Bayerns einzigem Naturschutzgebiet mit U-Bahn-Anschluss". Dass man die Fröttmaninger Heide gleichwohl nur an ausgewählten Stellen und auf eigens ausgewiesenen Wegen betreten durfte, deren Verlassen mithin auf eigene Gefahr erfolgte und immer noch erfolgt, spielte bei öffentlichkeitswirksamen Publicity-Terminen eine eher untergeordnete Rolle.

Insofern ist es durchaus konsequent, dass die lange auf die Umweltbildungszone und die Wege beschränkte Räumung der 334 Hektar großen südlichen Heidefläche im Grenzgebiet der Landeshauptstadt München, der Stadt Garching und der Gemeinde Oberschleißheim von alten Kampfmitteln, Waffen und Sprengstoffen nunmehr weitergeht. In diesen Tagen beginnt eine Fachfirma für Kampfmittelbeseitigung eine großflächige geomagnetische Erkundung.

Bereits gesäubert sind 32 Hektar, vor allem Wege und Ausgleichsflächen, zwischen dem Freimanner Siedlungsrand und der Autobahn. Nun werden weitere 210 Hektar des Geländes mit einer Sonde befahren, die alle metallischen Störkörper im Boden erfasst. Lediglich die Bereiche, die auf Wälder oder Buschwerk entfallen, können nicht mit der vorgesehenen Kanalsonde befahren werden. Die Wälder lässt der Heideflächenverein aber immerhin punktuell mit einer Handsonde untersuchen. Die Aufzeichnungen sollen genauere Informationen zur tatsächlichen Kampfmittelbelastung auf dem ehemaligen Militärgelände zu Tage fördern.

Eine computergestützte Mehrkanalsonde wird das dafür geeignete Gelände abfahren und geomagnetisch aufzeichnen. So werden "Verzerrungen" des Erdmagnetfeldes gemessen, und es kann zugeordnet werden, welche ferromagnetischen Störkörper - vor allem Objekte aus Eisen und Stahl, also etwa Kampfmittel, aber auch Schrott - wo vorhanden sind. Im ersten Schritt sind also unbelastete oder gering belastete Flächen (wenige bis keine Störkörper) von höher belasteten Bereichen (viele Störkörper) abzugrenzen. Auf Grundlage der Aufzeichnungsergebnisse werden mehrere Testfelder ausgewählt, dort wird dann gegraben, und die Störkörper werden identifiziert. Im Falle von echten Kampfmittelfunden dokumentieren die Experten Lage und Zustand der Granaten, Bomben oder auch der Kleinmunition exakt. "Aktuell finden keine Räumungen und keine Eingriffe in den Boden statt", betont Christine Joas, Geschäftsführerin des Heideflächenvereins. Erst nach Auswertung der Sondierungsergebnisse ist die Räumung eines Testfelds geplant.

Mit den Ergebnissen der Testfeldräumungen kann die tatsächlich vorhandene Kampfmittelbelastung für das gesamte Heideareal eingeschätzt werden. Auf Basis dieser Ergebnisse erfolgt die abschließende Erstellung des Kampfmittelräumkonzeptes. Das von der Fachfirma zu entwickelnde Räumkonzept soll klären, was getan werden muss, um gleichermaßen die Erholungsnutzung zu ermöglichen und die Naturschutzziele nicht aus den Augen zu verlieren.

Die nun eingeleitete Sondierung, deren Finanzierung der Heideflächenverein übernimmt, kostet rund 45 000 Euro. Was eine später womöglich nötige große Lösung verschlingen könnte, ist noch völlig offen. Aussagen über den Umfang und die Kosten erwartet der Heideflächenverein bis Ende 2018. Dann dürfte auch über mögliche Mitfinanziers gesprochen werden. "Ziel ist es", sagt Geschäftsführerin Joas jedenfalls, "Flächen zur Erholung an die Besucher freigeben zu können."

Bei allen bisherigen Räumungen etwa im Zuge des Baus des Heidehauses hat sich der Verdacht auf nach wie vor im Boden befindliche Kampfmittelreste bestätigt. Die Auswertung von Luftbildern und der bisherigen Räumberichte durch ein Ingenieurbüro hat verdeutlicht, dass Munition auf vielfältige und mitunter schwer nachvollziehbare Weise in den Boden der Fröttmaninger Heide geraten ist. Entsprechend schwer tut sich der Heideflächenverein als Eigentümer, konkrete Aussagen zu treffen, wo sich Kampfmittel befinden, in welchem Zustand diese sind und welche Gefahren von ihnen ausgehen können.

© SZ vom 13.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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