Flüchtlinge:Notfall Nummer zwei

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Gerüstet: In der Dreifachturnhalle des Taufkirchner Freizeitparks werden demnächst wieder die Betten aufgestellt. (Foto: Claus Schunk)

Wieder muss der Landkreis Turnhallen beschlagnahmen, um Flüchtlinge unterzubringen, denn wöchentlich kommen 35 neue Asylbewerber an. Neben Taufkirchen trifft es dieses Mal auch Pullach. Dafür wird eine Unterkunft in Ottobrunn geräumt.

Von Konstantin Kaip, Taufkirchen/Pullach

3660 Flüchtlinge muss der Landkreis München laut eigenen Angaben in diesem Jahr dezentral unterbringen. Weil dauerhafte Einrichtungen fehlen, kann dies nur mit Notunterkünften in Turnhallen bewerkstelligt werden. Die derzeit als Flüchtlingsunterkunft genutzte Turnhalle des Gymnasiums Ottobrunn muss jedoch geräumt werden. Deshalb sollen in etwa zwei bis drei Wochen wieder in der Turnhalle des Sport- und Freizeitparks Taufkirchen Flüchtlinge einquartiert werden - und in der Einfachturnhalle der Mittelschule Pullach. Die Isartalgemeinde gilt schon seit Herbst als zweiter Standort für eine Notunterkunft im Notfallplan des Landkreises.

Taufkirchens Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) hat am Mittwochabend einen Anruf aus dem Landratsamt erhalten. "Mir wurde gesagt, man plane, die Halle erneut zu beschlagnahmen", berichtet Sander. Ein Bescheid liege bislang aber nicht vor. Die Taufkirchner Freizeithalle wurde erstmals in der Faschingszeit zur Flüchtlingsunterkunft erklärt, im Rahmen des Winternotfallplans wurden dort 140 Asylbewerber etwa sechs Wochen lang untergebracht. Darüber, wie lange die Asylbewerber diesmal in der Sportstätte bleiben sollen, habe er "nur sehr vage Antworten" erhalten, sagt Sander. Zwar habe man ihm versichert, die Unterbringung sei befristet. Allerdings werde es "wohl länger dauern als beim letzten Mal", vermutet der Bürgermeister. Schließlich wolle die Behörde nun, anders als bei der Notunterbringung im Winter, auch Trennwände zwischen den Stockbetten errichten.

Dass es diesmal länger dauern könnte, bis in der Halle wieder Sport getrieben werden kann, befürchtet Klaus Brandmaier, Präsident des SV-DJK Taufkirchen. Die Nachricht, dass dort wieder Flüchtlinge einziehen sollen, ist für ihn "katastrophal". Gerade erst im April habe man den Betrieb wieder voll aufgenommen, sagt er. "Und jetzt müssen wir wieder raus. Wir sind schon sehr verärgert." Die Behörden sollten endlich andere Lösungen finden, die "vielleicht mehr kosten, aber die Bürger nicht in ihrem täglichen Leben so sehr beeinflussen", findet Brandmaier. "Wenn man eine Turnhalle mit sämtlichen Nebenräumen beschlagnahmt, richtet man auch einen sozialen Schaden an."

Zwar arbeitet der Landkreis parallel an Dauerlösungen: So wird demnächst eine Unterkunft in Aschheim eröffnet, der Kreisausschuss Bauen und Schulen hat außerdem gerade drei weitere Flüchtlingsunterkünfte in Garching, Heimstetten und Dornach beschlossen, für insgesamt 4,8 Millionen Euro. Ohne Notlösungen geht es jedoch momentan einfach nicht. "Wir werden die Turnhalle nutzen müssen", sagt Katharina Lang von der Amtsleitung des Landratsamtes, der auch die Koordinierungsstelle Asyl untersteht. Grund sei einerseits die steigende Zahl an Flüchtlingen: 35 von ihnen müsse der Landkreis derzeit pro Woche aufnehmen, von 1. Juni an sollen es laut Regierung von Oberbayern 50 pro Woche sein. Zudem entfalle die Turnhalle in Ottobrunn als Notunterkunft aufgrund der dortigen Neubaupläne. Daher müsse man dringend neue "Interimskapazitäten" schaffen. Anders als im Winter handle es sich nun aber nicht um eine Sondersituation, sondern um die Erfüllung der Pflicht, die zugewiesenen Flüchtlinge dezentral unterzubringen, sagt Lang. Turnhallen seien zwar "immer nur ein vorübergehender Notbehelf", als solcher derzeit aber "absolut notwendig". Daher habe man sich auch an die Gemeinde Pullach gewandt, die als zweiter Standort für eine Notunterkunft vorgesehen ist.

Entstehen soll die in der Turnhalle der Pullacher Mittelschule, erklärt Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne). Am Freitag hat sie sich mit allen Nutzern getroffen und die direkten Anwohner per Brief informiert. Am Montag werde das Landratsamt die Halle erneut inspizieren, berichtet Tausendfreund. Mit der Ankunft der Flüchtlinge rechnet sie in etwa drei Wochen. Im Untergeschoss der Halle könne dann auch weiterhin Unterricht stattfinden. Für den Schulsport und Pullacher Vereine werde die Gemeinde Räumlichkeiten in anderen Hallen bereitstellen.

© SZ vom 09.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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