Flüchtlinge:Ein Ordner ist das halbe Leben

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Der Landkreis hat ein Logbuch entwickelt, in dem alle wichtigen Informationen für Asylbewerber zusammengefasst sind

Von Iris Hilberth, Landkreis

Wie finde ich meine Unterkunft, auf welchem Formular beantrage ich einen Integrationskurs und wie ist das mit der Schulpflicht meiner Kinder? Viele Unterlagen, jede Menge Erfassungsbögen, zahlreiche Behördengänge mit verschiedenen Ansprechpartner und vor allem viele Fragen begleiten einen Asylbewerber nach seiner Ankunft im Landkreis München. Da kann leicht mal etwas durcheinander geraten oder auch unnötigerweise doppelt und dreifach erledigt werden. Um den Flüchtlingen eine bessere Orientierung und Organisation ihres neuen Lebens zu ermöglichen und zugleich Helfern und Mitarbeitern in den Behörden alle nötigen Informationen des Asylbewerbers komprimiert an die Hand zu geben, hat das Landratsamt ein sogenanntes Logbuch entwickelt. Der Ordner ist bestückt mit Informationen über das Leben im Landkreis sowie den persönlichen Unterlagen des Flüchtlings und gilt als "absolutes Novum" in Deutschland, wie Landrat Christoph Göbel (CSU) betont.

Die Mitarbeiter des Landratsamt haben seit Februar an diesem persönlichen Wegweiser für die Neuankömmlinge gearbeitet. "Wir hatten gemerkt, dass wir etwas entwickeln müssen, was es den Asylbewerbern leichter macht, sich hier zurechtzufinden", sagt Pressesprecherin Andrea Klein, die an dem Projekt mitgewirkt hat. Zunächst hatte man an einen Schnellhefter mit den wichtigsten Formularen gedacht, um zu vermeiden, dass jemand fünf Termine bei der selben Stelle machen muss, weil immer wieder etwas fehlte. So wurde zusammengetragen, welche Informationen und Formblätter notwendig sind.

Herausgekommen ist ein persönlicher und umfangreicher Wegweiser, der sich in fünf Bereiche gliedert. Unter "Wer, was, wo, wie" findet der Nutzer sämtliche Ansprechpartner, Wegbeschreibungen, Telefonnummern, MVV-Fahrpläne, Handyverträge und Kontoeröffnung. Das Kapitel "Regeln und Gesetze" soll die Prinzipien und Werte der deutschen Rechtsordnung ebenso vermitteln wie das Prinzip der Mülltrennung und die Regeln im Straßenverkehr. Kapitel drei ist mit dem Titel "Deutsch lernen" überschrieben und enthält Informationen über Kurse, aber auch eine Deutschlerntafel und Hinweise zu Gratis-Apps. Der vierte Teil fasst alles zusammen, was unter Familie und Gesundheit fällt. Hier findet der Asylbewerber alles über Krankenscheine und Hygiene, aber auch über Kindergarten und Schule. Dokumente und Zeugnisse sind dann im letzten Kapitel zusammengefasst. Erhebungsbögen, Zeugnisse und Lebenslauf werden hier abgeheftet. "Einiges haben wir neu entwickelt, andere Broschüren oder Formblätter gab es bereits", sagt Klein. Dabei wurde an vieles gedacht, was auch einfach und praktisch ist, etwa eine herausnehmbare Mappe, in der die Flüchtlinge Dokumente aufbewahren können. "Viele kommen ja mit einer Plastiktüte, in der sie alle möglichen Unterlagen haben", sagt Andrea Klein.

9000 Exemplar hat das Landratsamt zunächst gedruckt, nach und nach werden die jetzt an die Asylbewerber verteilt. Das Logbuch gibt es in verschiedenen Muttersprachen der Flüchtlinge, es gibt zum Beispiel Exemplare in Arabisch, Türkisch, Farsi, Englisch, Französisch, Russisch und afrikanischen Sprachen. Die Texte stehen jeweils auch in Deutsch auf den Seiten.

Mit diesem Logbuch seien auch die Ansprechpartner stets über das Notwendigste informiert, so Göbel: "Dadurch sparen wir uns auch viel Beratungszeit." Bisher ist noch von keinem anderen Landkreis bekannt, dass er ein ähnliches Ordnungssystem entwickelt hat. "Einige wollen das jetzt auch machen", sagt Klein. Auch digital hat das Landratsamt die Informationen unter integration.landkreis-muenchen.de sowie asylinfo.landkreis-muenchen.de gebündelt.

© SZ vom 04.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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