Festakt:Die jungen Alten

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Volles Haus in Ottobrunn: Das Haus der Senioren feiert im Wolf-Ferrari-Haus sein 40-jähriges Bestehen und die Bewohner begeistern mit tollen Einlagen. (Foto: Claus Schunk)

Das Ottobrunner Haus der Senioren feiert sein 40-jähriges Bestehen und sein innovatives und kreatives Umfeld

Von Jacqueline Kluge, Ottobrunn

Senioren. Das sind griesgrämige Stubenhocker, die den lieben langen Tag darüber sinnieren, dass früher alles besser war. Oder etwa nicht? Im Haus der Senioren der Gemeinde Ottobrunn jedenfalls spricht schon das Motto klar gegen diese Annahme: "Gemeinsam aktiv über sechzig". Dort können Senioren sich, ähnlich wie in der Volkshochschule, an einer Vielzahl von Aktivitäten beteiligen, aktiv bleiben und müssen die Langeweile nicht fürchten. Und das seit 40 Jahren. Denn so lange gibt es das Haus für Senioren bereits - und das wurde am Freitag im Festsaal des Wolf-Ferrari-Hauses gefeiert.

"Mir gefällt die Vielfalt der Senioren. Deren Aktivität und deren Agilität", sagt Ingeburg Date, Leiterin des Hauses. Sie selbst sieht sich als Coach für die Interessen und den Erfolg der Senioren in der dritten Lebensphase. Den Fachbegriff "offene Altenhilfe" benutzt sie ungern. Ihr sei es wichtig zu zeigen, dass Senioren auch Sport machen und kreativ sein können. "Das Wunderbare ist, dass die Gemeinde die Möglichkeit bietet", sagt die 58-Jährige.

In seinem Grußwort sagte Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU): "Wir müssen uns nicht verstecken im Haus der Senioren." Gerade auf sein aktives und vielseitiges Angebot könne das Haus stolz sein. Das Seniorenhaus biete Raum für Gemeinschaft und Freundschaft. Der ein oder andere soll es sogar schon mal als "Rentnersinglebörse" bezeichnet haben. Vor allem aber lebe die Seniorenarbeit von den Ehrenamtlichen, sagte der Rathauschef. Etwa hundert Freiwillige engagieren sich im Haus der Senioren. Die meisten von ihnen sind selbst im Rentenalter. Hans Markgraf ist einer von ihnen. Er gestaltet das Haus schon seit Jahrzehnten mit und war auch für das Gesamtkonzept der Geburtstagsfeier verantwortlich. Für sein Engagement bekam der 90- Jährige am Freitag vom Bürgermeister die Ehrennadel der Gemeinde verliehen.

Angefangen hat die Geschichte des Seniorenhauses an einem Küchentisch mit zwei Stühlen. Nachdem die erste Leiterin Helga Gerlach 1978 die Gemeinde von der Idee der Seniorenarbeit überzeugen konnte, erarbeitete sie zusammen mit Elisabeth Dronne in ihrer Küche ein Konzept. Die beiden Sozialpädagoginnen nahmen es sich zum Ziel, möglichst viele Leute für ihre Sache zu begeistern und jede Idee aufzugreifen. "Jeder sollte etwas finden, wo er sich wiederfindet", sagt Gerlach. Zuerst stand ihnen nur ein Raum in der Mehrzweckhalle zur Verfügung. "Wir mussten damals auf der Toilette das Geschirr spülen", sagt sie. Mit der Zeit entstanden immer mehr Klubs und sechs Jahre später konnte das Haus der Senioren in der Mozartstraße 68 in Ottobrunn bezogen werden. Heute gibt es mehr als 57 Klubs in allen möglichen Themengebieten: Sprache, Sport, Wandern, Computer und seit neuestem sogar ein Motorrad-Klub.

Einen Einblick in die verschiedenen Klubs bietet die von Hans Markgraf gestaltete Power Point-Präsentation auf der großen Kinoleinwand des Festsaals. Zu sehen sind Bilder und Videos der Klubs und Veranstaltungen des Seniorenhauses: Die Gartengruppe bewaffnet mit Harke und Gartenschere, Adventsfeier mit Nikolaus, Frauen bei der Wassergymnastik im Pool. Eine Gruppe spielt Tennis, eine andere Canasta oder Schafkopf. Marianne Kodytek ist seit fünf Jahren in der Canasta-Gruppe. "Dieses Haus bietet unheimlich viel", sagt Kodytek. Wer kreativ ist, kann in die Malgruppe gehen, Tische aus Holz schreinern oder Gedichte verfassen. Technikaffine Rentner können ins Internetcafé gehen. Und für diejenigen, die nur gerne bei Kaffee und Kuchen zusammensitzen, organisieren Gitti Gerstner und Christina Hillmann das wöchentliche Kaffeekränzchen.

Zwischen den Videos gibt es auch Einlagen auf der Bühne. Eine Gruppe singt in Wanderkleidung und Fahrradmontur ein selbstgeschriebenes Lied passend zum Motto: "Wir sind die jungen Alten". Mit einem Sketch zeigen ein paar Bewohner, dass auch Menschen jenseits der Sechzig noch Sprachen lernen können. Gedächtnistrainerin Claudia Mäßiggang stellt mit einer Übung die Konzentration, Koordination und Beweglichkeit der Gäste auf die Probe. Diese sollen asynchron die ausgestreckten Arme hoch- und runterheben - keine leichte Aufgabe. Zum Abschluss spielt die Theatergruppe in ihrem Stück "Wie die Zeiten sich ändern" den Rollenwandel der Frau von der lieben Hausfrau und Mutter zur heutigen Powerfrau nach.

Für die Frau der Zukunft haben sie auch eine Idee: Die Roboterfrau. Eine innovative Idee. Helga Gerlach ist stolz auf das Haus der Senioren: "Es ist genauso, wie ich es mir gedacht habe."

© SZ vom 08.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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