Feldkirchen:Eltern fühlen sich allein gelassen

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Bei einer Podiumsdiskussion wünschen sich die Betroffenen, dass die Gemeinde mehr gegen den Mangel an Kita-Plätzen tut

Von Sophie Kobel, Feldkirchen

Knapp zehn Kinder krabbeln über die im Foyer aufgestellten Stühle, bewerfen sich mit Strohhalmen, hüpfen von Schoß zu Schoß und wollen alles außer still zu sitzen. Um sie geht es am Dienstagabend bei der Podiumsdiskussion im Rathaus von Feldkirchen. Die Aufregung in der Gemeinde ist groß: Im April standen die Eltern von 48 Kindern vor der Problematik, keinen Betreuungsplatz für ihren Nachwuchs bekommen zu haben. Inzwischen wurde eine Not-Gruppe in der Turnhalle eines Kindergartens organisiert, die im Oktober startet. 27 Kinder der Gemeinde haben jedoch bis heute keinen Platz in einem örtlichen Kindergarten oder einer Tagesstätte bekommen.

"Wie wollen Sie damit umgehen, dass wir wachsen?" "Sind wir für die nächsten Jahre versorgt?" "Werden unsere Kinder genügend Schulplätze haben?" Das sind die Fragen, die die Feldkirchner Eltern stellen. Viele von ihnen stehen immer noch auf Wartelisten und wissen nicht, ob sie im Herbst wieder arbeiten können. Der Grund dafür, da sind sich Gemeinde und Träger einig, ist weniger der Platz- als vielmehr der Personalmangel.

"Vor zehn Jahren hatte ich 70 Bewerbungen auf dem Tisch. Heute bin ich froh wenn es eine gibt", erzählt Irmgard Löffler von der Caritas, Leiterin des Kinderhauses St. Jakob. Ebenfalls anwesend sind Vertreter und Mitarbeiter der Inneren Mission, die die Kindertagesstätte Bienenhaus leiten, und der evangelischen Kirche, die für den Kindergarten Arche Noah zuständig sind. An sie und den Bürgermeister Werner van der Weck (SPD) gehen die meisten Fragen aus dem Publikum.

Ein Feldkirchner meldet sich, er ist selbst Vater einer zweijährigen Tochter: "Sind wir als Arbeitsplatz attraktiver für pädagogisches Personal als andere Gemeinden? Könnte man nicht die Arbeitsmarktzulage erhöhen?", fragt er. Van der Weck entgegnet, dass die Gemeinde zum Beispiel frei werdende Appartements regelmäßig pädagogischen Fachkräften anbiete. Was die Gehälter angeht, müsse jedoch eine gewisse Ausgewogenheit herrschen: "Mit nach oben offenen Arbeitsmarktzulagen würden reiche Gemeinden den Rest einfach ausstechen." Den Eltern rät der Bürgermeister, das Personal selbst in ihrer Arbeit durch Lob und Anerkennung zu bestärken, und betont außerdem, dass Mütter und Väter sich auf Kosten der Gemeinde Feldkirchen zu Tageseltern ausbilden lassen könnten.

Für berufstätige Eltern ist das aber keine Option. Julia Llewellyn hat eine einjährige Tochter, sie hatte bereits im Dezember mit weiteren besorgten Eltern eine Gemeinderatssitzung besucht: "Damals wurde uns gesagt, man kann die Anmeldungen jetzt noch nicht abschätzen. Aber man könnte doch die Eltern um eine frühere Registrierung ihrer Kinder bitten", sagt sie. Arbeitende Eltern brauchten mit durchschnittlich 27 Urlaubstagen schließlich vor allem eines: Planbarkeit. Wenn sie mit Gemeinderäten spreche, habe sie immer das Gefühl, es gebe ein Problem zwischen Theorie und Praxis, sagt Llewellyn. "Das Verständnis für die Dringlichkeit dieses Themas ist einfach nicht da."

Für ihn sei die Problematik zwar verständlich, erklärt der Bürgermeister, er könne jedoch keine leeren Räume vorenthalten, bevor der Bedarf ermittelt wurde. Zudem wurde vor zwei Jahren eine statistische Bedarfsprognose bis 2030 eingeholt, in der fälschlicherweise kaum Veränderungen prognostiziert wurden. "Als die Anmeldungen bekannt wurden, sind wir sofort aktiv geworden, sodass die neue Gruppe ab Oktober an der Start gehen kann", betont der Bürgermeister.

Was mit den Kindern passiert, die immer noch keine Plätze haben, kommt auf die Personallage an. Vor allem durch Schwangerschaften sind in St. Jakob derzeit zwei Stellen unbesetzt, im Bienenhaus drei. Für einige Eltern könnte sich die Lage so bald nicht ändern, sie suchen sich alternativ Plätze in privaten Kindergärten.

Ein Vater meldet sich gegen Ende der Veranstaltung erneut: "Die allgemeine Stimmung ist einfach sehr schlecht gerade. Auf dem Spielplatz gibt es seit fünf Monaten kein anderes Thema mehr", sagt er. "Wir wünschen uns mehr Durchsichtigkeit von der Gemeinde."

© SZ vom 21.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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