Ein Tag zum Feiern:Das Christkind liest die Messe

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Irene Geiger-Schaller feiert an Heiligabend mit der Familie ihren Geburtstag. Im Anschluss beginnt für die evangelische Pfarrerin gemeinsam mit ihrem Mann Karsten Schaller, der ebenfalls in Oberhaching Pastor ist, die arbeitsreichste und zugleich schönste Zeit des Jahres

Von Nadine Schobert, Oberhaching

Ruhe, Besinnlichkeit und gutes Essen. An Weihnachten geht es den meisten Menschen darum, mit den Lieben eine stressfreie Zeit zu genießen - ganz ohne den üblichen Alltagstrubel. Auch die Gotteshäuser sind an Heiligabend so gut besucht wie sonst nie im Jahr. Weihnachtslieder singen, das Krippenspiel bestaunen und bei der Predigt zur Ruhe kommen - das gehört für viele am 24. Dezember einfach dazu. Eine nicht ganz unwesentliche Rolle spielt dabei der Pfarrer. Er kommt an Heiligabend erst dann zur Ruhe, wenn alle anderen schon schlafen.

Karsten Schaller und seine Ehefrau Irene Geiger-Schaller kennen den Balanceakt zwischen Besinnlichkeit und Stress an den Weihnachtstagen. Sie sind beide Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde zum guten Hirten in Oberhaching. Irene Geiger-Schaller besetzt zusätzlich noch eine halbe Pfarrstelle in Neuperlach. Seit acht Jahren leben und arbeiten die beiden mit ihren drei Kindern im Süden des Landkreises.

Zu den vielen Gottesdiensten an den Weihnachtstagen kommt bei Familie Schaller noch eine Besonderheit hinzu: Pfarrerin Geiger-Schaller hat am 24. Dezember Geburtstag. "Das verlangt natürlich noch zusätzlich gute Organisation", sagt die Pfarrerin amüsiert. Bereits seit November mache sich das Ehepaar deshalb Gedanken über die Weihnachtsgottesdienste. "Wir wollen an Heiligabend und den Feiertagen nicht auch noch zwischendurch am Schreibtisch sitzen", sagt Karsten Schaller. Die feste Vorgabe: Am Abend des 23. Dezember sind alle Vorbereitungen abgeschlossen. "Seitdem wir verheiratet sind - also seit 17 Jahren - halten wir uns daran."

Am 24. Dezember startet die fünfköpfige Familie traditionell mit einem gemeinsamen Geburtstagsfrühstück in den Tag. Aber die Schallers bleiben nicht lange unter sich. "Als Pfarrerfamilie ist man im Ort natürlich bekannt", sagt Irene Geiger-Schaller. Deshalb stehen meist schon vormittags Freunde, Verwandte und Bekannte vor der Tür, die der Geistlichen ihre Glückwünsche überbringen wollen. "Wir stehen dann dicht gedrängt in Küche und Hausflur", erzählt das Ehepaar lachend. Denn das Wohnzimmer ist seit dem Vorabend abgesperrt. "Seitdem wir Kinder haben, ist das Pflicht. Am 24. Dezember wird das Wohnzimmer bist zur Bescherung nicht betreten."

Die Vorbereitungen auf Weihnachten und natürlich auch auf den Geburtstag von Irene Geiger Schaller an Heilig Abend laufen auf Hochtouren. Für die Pastorin und ihren Mann Karsten Schaller sind die Feiertage natürlich auch Arbeitstage - und "ein beglückendes Geschenk". (Foto: Claus Schunk)

Von 12 Uhr an leere sich das Haus der Schallers langsam wieder. Der Geburtstag der dreifachen Mutter ist offiziell beendet. "Wir schalten dann um auf Weihnachten", scherzt das Ehepaar. Nach einer kleinen Mittagsmahlzeit macht sich die Pfarrerin auf nach nebenan in die Oberhachinger Kirche. Um 14.30 Uhr findet hier der Familiengottesdienst statt. Auch ein Krippenspiel in Form eines Kindermusicals hat die Geistliche mit dem Kinderchor einstudiert. "Schon seit November bereiten wir uns darauf vor." Mit wehendem Talar flitzt Irene Geiger-Schaller im Anschluss an den Gottesdienst in ihre zweite Kirchengemeinde nach Neuperlach. Um 16.15 Uhr geht dort der Familiengottesdienst los. Auch hier hat die Pfarrerin mit Kindern ein Krippenspiel eingeübt.

Um 17 Uhr beginnt derweil in Oberhaching der Hauptgottesdienst. Jetzt muss Pfarrer Karsten Schaller ans Werk. "Um diese Uhrzeit ist die Kirche an Heiligabend brechend voll", sagt er. Auch seine Frau kommt nach dem Familiengottesdienst in Neuperlach ins Oberhachinger Gotteshaus. "Es ist uns sehr wichtig, die Besucher nach dem Gottesdienst an der Tür persönlich zu verabschieden." Die beiden wünschen jedem Einzelnen ein gesegnetes Fest. Die drei Söhne der Schallers dürfen sich selbst aussuchen, welchen Gottesdienst sie besuchen möchten.

Um etwa 18 Uhr huscht die Pfarrerin nach Hause und bereitet eine Brotzeit mit Weißwürsten vor. "Das ist an Heiligabend Tradition bei uns", sagt sie. Ihr Ehemann räumt in der Zwischenzeit noch die Kirche auf. Gegen 18.30 Uhr kommt er nach Hause. Dann gönnen sich die Schallers zum ersten Mal ein bisschen Ruhe. Nach dem Essen darf Karsten Schaller als erster ins Wohnzimmer. Dort läutet er dann ein Glöckchen und die Kinder bekommen endlich ihre Geschenke. Das lange Warten auf die Bescherung störe die Kinder nicht. Sie wissen, dass Mama und Papa an Weihnachten viel zu tun haben. Die Zeit für das gemeinsame Abendessen und die Bescherung nehme sich die Familie aber immer. "Das ist uns unglaublich wichtig", sagt Karsten Schaller. Schließlich gehe es genau darum an Weihnachten.

Vereint auch im Dienst: Irene Geiger Schaller und Karsten Schaller in ihrer Kirche zum guten Hirten in Oberhaching. (Foto: Claus Schunk)

Feierabend hat der Oberhachinger Pfarrer dann aber noch lange nicht. Um 22 Uhr geht es weiter mit der traditionellen Christmette. "Wenn ich danach nach Hause komme, sind meine Frau und die Kinder schon im Bett", sagt er. Dann komme er zum ersten Mal richtig zur Ruhe. "Ich atme durch, setze mich ins Wohnzimmer und lege eine CD ein." Bei einem Glas Wein lasse er den Tag Revue passieren. In diesem Jahr wird Vikarin Regine Kellermann die Messe um 22 Uhr abhalten. "Ich werde aber trotzdem teilnehmen, um die Kollegin danach zu beraten."

Am ersten Weihnachtsfeiertag um 10 Uhr geht es für das Ehepaar wieder in die Kirche. Irene Geiger-Schaller hält den Gottesdienst in Neuperlach ab, während ihr Ehemann in Oberhaching in der Kirche steht. Danach ist Zeit für die Familie. Zusammen mit den nächsten Verwandten verbringen die Schallers den ersten Weihnachtstag ganz entspannt. "Wir lassen uns dann immer gerne einladen", sagt die Pfarrerin lachend.

Zum letzten Mal walten die beiden an Weihnachten am 26. Dezember um 10 Uhr ihres Amtes. Dann ist das Ehepaar in der katholischen Kirche Oberbiberg zu Gast. Danach heißt es durchatmen. "Da fällt schon eine gewisse Last ab", gibt Pfarrer Schaller zu. Trotzdem würde er den Weihnachtsstress in seinem Beruf nicht missen wollen. Schließlich erlebe man das Fest als Geistlicher unmittelbar zusammen mit vielen unterschiedlichen Menschen. Die beiden sind sich einig: "Das ist ein großes, beglückendes Geschenk."

© SZ vom 24.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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