Ehrung:Vereinsgründer schlägt Bürgermedaille aus

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Die Gemeinde Unterföhring will Karl Klietsch für seine Verdienste um die Kinder- und Jugendfarm würdigen. Doch der kann sich mit der Einrichtung in ihrer heutigen Form nicht identifizieren - und lässt die Ehrung platzen

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

So etwas hat es in Unterföhring noch nicht gegeben: dass ein Erwählter die Bürgermedaille ausschlägt. Karl Klietsch, der 2009 zusammen mit zehn Unterstützern den Verein "Mehr Spielraum für Kinder" gründete, hat dies getan und damit das Protokoll der Bürgerversammlung am Mittwochabend gehörig durcheinander gebracht. Rathauschef Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU) setzte den Punkt ohne große Worte ab, eine Erklärung gab es für die mehr als 70 Besucher nicht.

Klietsch sagte am Donnerstag der SZ, er habe sich zwar sehr geehrt gefühlt, die Unterföhringer Bürgermedaille zu bekommen, allerdings habe er sie nach langem Überlegen nicht annehmen wollen. "Ich hätte mich dann nicht mehr im Spiegel anschauen können." Hintergrund ist offenbar, dass die Gemeinde den 66-Jährigen in erster Linie wegen seines unermüdlichen Einsatzes für die Schaffung einer Kinder- und Jugendfarm am Ort auszeichnen wollte. Doch dafür stehe er nicht mehr, versicherte Klietsch. Die aktuelle Einrichtung an der Jahnstraße in Unterföhring habe nichts mehr gemein mit seinen Vorstellungen einer solchen Farm: "Es ist alles vom Feinsten, dabei sollte doch gerade die Einfachheit im Vordergrund stehen." Zum Beispiel, dass Kinder, Jugendliche und Eltern gemeinsam alles herrichten - "und man nicht alles nur hinstellt". Ziel des Vereins "Mehr Spielraum für Kinder" war es, eine Kinder- und Jugendfarm zu errichten und zu betreiben, zwar unter Trägerschaft des Kreisjugendrings, aber eben vor allem mit der tatkräftigen Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Eltern.

Dass man zwei Pferde angeschafft habe, mit denen nur über 18-Jährige ausreiten dürften und die mittels einer automatischen Futterraufe versorgt würden, sei ein Beleg dafür, dass sich das Projekt in die falsche Richtung entwickelt habe, heißt es in einem Schreiben des 66-Jährigen an Bürgermeister Kemmelmeyer und den Gemeinderat, in dem er erklärt, warum er die Bürgermedaille nicht annehmen werde. Sein Plan sei gewesen, dass vor allem Grundschulkinder sich auf dem Farmgelände nützlich machen und um Tiere kümmern könnten. Was der Kreisjugendring als Träger wohl aber nicht so recht wollte, wie Klietsch vermutet.

Mit dem jetzigen Konzept könne er sich nicht mehr identifizieren, schreibt Klietsch. Er bedauert in dem Brief darüber hinaus, dass all seine Versuche, in Gesprächen mit Bürgermeister und Verwaltung "auf einen Nenner zu kommen" fehlgeschlagen seien. Daher werde er nach "reiflicher Überlegung und in Abstimmung mit meiner Familie diese im Leben einmalige Ehrung für die Initiierung der Kinder- und Jugendfarm Unterföhring nicht annehmen". Dass ihm das Nein zur Bürgermedaille nicht leicht gefallen ist, schreibt Klietsch ebenfalls: Für ihn als gebürtigen Unterföhringer, der mit seinem Heimatort sehr verbunden sei und mit der Farm den Ort nur ein Stück weit schöner machen wollte, sei die Ablehnung der Ehrung ein "sehr schmerzhafter Schritt" gewesen.

Hat die Unterföhringer Bürgermedaille abgelehnt: Karl Klietsch hat maßgeblich die Kinder- und Jugendfarm vorangetrieben, kann sich aber nicht mehr mit dem Konzept identifizieren. (Foto: Privat)

In den vergangenen Jahren bot die Bürgerversammlung, in der Bilanz gezogen wird und der Rathauschef Rede und Antwort steht, die Gelegenheit, eine Persönlichkeit zu ehren, die sich um die Gemeinde Unterföhring besonders verdient gemacht hat. Vorgeschlagen wird die Person in der Regel vom Gemeinderat; der debattiert und wählt hinter verschlossenen Türen den künftigen Träger aus - und vereinbart höchste Geheimhaltung bis zur Bürgerversammlung. Wer die Auszeichnung erhält, erfährt davon normalerweise selbst erst mit der persönlichen Einladung zur Bürgerversammlung.

Der Unterföhringer Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer wollte sich einen Tag nach der Versammlung nicht zur Ablehnung der Bürgermedaille durch Karl Klietsch äußern. "Ich sage nicht mehr als am Abend zuvor."

© SZ vom 13.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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