Diskussion:Ehrenamt - ja bitte

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Im Gespräch mit SPD-Landtagskandidatin Annette Ganssmüller-Maluche wünschen sich Helfer mehr Unterstützung vom Staat

Von Vinzenz Neumaier, Garching

Ehrenamt im sozialen Bereich ist zum Großteil weiblich. "Sind Frauen also einfach empathischer als Männer?" Diese Frage stellte Annette Ganssmüller-Maluche an den Beginn einer Diskussion, in der es um "Ehrenamt! Mehr Amt als Ehre?" ging. Die stellvertretende Landrätin und SPD-Direktkandidatin für den Landtag veranstaltet derzeit eine Gesprächsreihe, die Frauen im Landkreis in den Mittelpunkt stellt. Diesmal diskutierte sie mit zwei Helferinnen aus Garching: Nicola Gerhardt leitet den Helferkreis Garching und unterstützt Flüchtlinge. Martina Hanuschik ist als Vorstandsmitglied in der Nachbarschaftshilfe Garching tätig, kümmert sich dort außerdem um die Säuglingsgruppe und hat als Privatperson mit Unterstützung der Nachbarschaftshilfe schon mehrere Hilfstransporte für Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos organisiert.

Der Tenor der Diskussion im Römerhoftheater war eindeutig: Ehrenamtliches Engagement hält die Gesellschaft zusammen und ohne Frauen im Ehrenamt geht es sowieso nicht. Da gab es für alle Beteiligten nicht viel zu debattieren. Stattdessen nutzten viele der etwa 25 Zuhörer im Publikum die Möglichkeit, sich zum Thema Ehrenamt Luft zu verschaffen. Sie beklagten zu wenig Unterstützung aus Politik und Wirtschaft. Auch Nachwuchssorgen plagen vielerorten die Vereine und Initiativen.

Doch zurück zur Eingangsfrage, hängt Mitgefühl vom Geschlecht ab? Männer können genauso empathisch sein wie Frauen, sagte Martina Hanuschik. Nicola Gerhardt stimmte Ganssmüller-Maluche hingegen zu: Frauen seien sozial stärker engagiert, für ihr Engagement seien sie zudem bereit, Opfer zu bringen. Und diese "Opferbereitschaft" sei nichts Schlechtes. Jahrelang hätte man Frauen eingeredet, dass nur beruflicher Erfolg zähle. Wer sich als Frau sozial engagiert, sei oft belächelt worden. Und um Männer, welche die Lücke hätten schließen können, hat man sich laut Gerhardt nicht gekümmert. Um so mehr begeistert sich Gerhardt dafür, wenn berufstätige Frauen Engagement zeigen. Besonders im Helferkreis und im Garchinger Pfarrgemeinderat sei das der Fall, sagte Gerhardt weiter, die auch Vorsitzende des Pfarrgemeinderats von St. Severin ist.

Nach dem ersten kurzen Geplänkel mischte sich dann das Publikum in die Debatte ein. Kritisch sahen die Besucher beispielsweise, dass Unternehmen häufig ehrenamtliches Engagement ihrer Mitarbeiter nicht mehr wertschätzten. Zeitlich befristete Arbeitsverträge sorgen zudem für Unsicherheit bei Beschäftigten und verhindern ein langfristiges Engagement. Ganssmüller-Maluche nutzte diese Steilvorlage für Werbung in eigener Sache: Um das Problem der befristeten Arbeitsverträge werde sich die SPD kümmern, sagte die SPD-Landtagskandidatin. Einige Helfer beschwerten sich auch über bürokratische Hürden, die ehrenamtlich Tätigen das Leben schwermachten. Zu wenig Anerkennung für Ehrenamtler seitens der Politiker gebe es sowieso hieß es. Ganssmüller-Maluche verwies jedoch darauf, dass der Landkreis München sehr wohl Ehrenamtliche für ihre Tätigkeiten ehrt.

Nicola Gerhardt,... (Foto: privat)

Konkrete Vorschläge, wie der Staat Helfern besser unter die Arme greifen könne, hatte Hanuschik: In einigen Bereichen arbeite der Helferkreis Garching ohne Versicherungsschutz, hier könne der Gesetzgeber doch einspringen und für Sicherheit sorgen, so ihr Vorschlag. Nicola Gerhardt stellte auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung allerdings fest, dass alle Mitglieder des Garchinger Helferkreises über die bayerische Ehrenamtsversicherung geschützt sind. Gerhardt war auch der Ansicht, dass finanzielle Anreize uninteressant seien. Viel wichtiger sei "ein Klima des Wohlwollens" seitens des Staats.

Auch strenge Formalien in Vereinen seien vor allem für junge Helfer eine große Herausforderung, deshalb müssten erfahrene Vereinsmitglieder ihren Nachfolgern das Wissen mit auf den Weg geben, damit sie weiter ehrenamtlich tätig sein können, sagte eine Zuhörerin. Betont wurde von den Diskussionsteilnehmern aber auch, wie wichtig es sei, sich in Vereinen einzubringen. "Das gibt viel zurück", stellte ein Mann fest. Bei aller Kritik und abweichenden Meinungen waren sich am Ende alle im Saal bei einer Sache einig: "Was passiert, wenn es keine Ehrenamtler mehr gibt?", fragte eine Frau. Martina Hanuschiks Antwort kam prompt. "Dann sieht es schlecht aus." Wer sich übrigens engagieren möchte, der Helferkreis Garching sucht noch Freiwillige für die Hausaufgabenbetreuung von Flüchtlingen.

© SZ vom 27.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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