Carsharing: Zwei neue Konzepte:Ein Auto - viele Fahrer

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Autofahren für 25 Cent pro Minute: Zwei neue Anbieter wollen in München ein Carsharing-System etablieren. Noch im Frühjahr soll es losgehen.

Marco Völklein

Noch in diesem Frühjahr werden voraussichtlich mindestens zwei neue Carsharing-Anbieter in München an den Start gehen. Das Konzept erinnert ein bisschen an "Call a Bike" - den Münchner Radverleih, bei dem man sich überall in der Innenstadt ein Rad schnappen und losstrampeln kann. Die Stadt bereitet derzeit alles vor, damit BMW (zusammen mit dem Autoverleiher Sixt) sowie zwei Unternehmensgründer ihre Ideen umsetzen können. Dazu hat das Kreisverwaltungsreferat (KVR) ein auf vier Jahre befristetes Pilotprojekt entwickelt. Am Dienstag wird sich der zuständige Ausschuss des Stadtrats damit befassen.

Zwei neue Carsharing-Konzepte sollen noch im Frühjahr in München starten. (Foto: dpa)

Zuletzt hatten mehrere Firmen beim KVR angefragt, ob die Stadt ihnen in den eng bebauten Altbauvierteln spezielle Parkplätze zuweisen könnte. Zu den Anbietern gehört auch der Firmengründer Matthias Hoene mit seinem Unternehmen "ZebraMobil". Er würde gerne in den Altbauvierteln innerhalb des Mittleren Rings seine Carsharing-Autos zur Verfügung stellen. Die Rechtslage gestattet es den Kommunen aber nur, spezielle Parkplätze für Behinderte und Anwohner auszuweisen sowie für Einsatzfahrzeuge etwa von Feuerwehr und Polizei. Das KVR hat sich daher zwei Modelle einfallen lassen, wie die Stadt Carsharing dennoch fördern kann.

Beim ersten Modell können die Anbieter für 240 Euro Jahresgebühr beim KVR einen Parkausweis für ihre Autos beantragen, der auf ein zuvor festgelegtes Parklizenzgebiet begrenzt ist. Die Nutzer können die Autos dann auf allen Plätzen innerhalb der jeweiligen Parkzone abstellen - wie ein normaler Anwohner auch. Parkt der Carsharing-Nutzer jedoch das Auto in einer anderen Parkwapperlzone, muss er dort den Gebührenautomaten füttern.

Um zu verhindern, dass künftig massenhaft Carsharing-Autos die ohnehin raren Plätze belegen, will das KVR die Zahl der Parkausweise auf 20 pro Lizenzgebiet begrenzen. Dieses Modell will ZebraMobil-Gründer Hoene zusammen mit seinem Partner Michael Ohr nutzen: Mit zehn Audi A3 möchte er im März an den Start gehen; voraussichtlich in Schwabing und der Maxvorstadt. Im Laufe des Jahres soll die Flotte auf 180 bis 200 Autos anwachsen. 25 Cent pro Minute soll die Anmietung kosten, zudem ist die Kilometerzahl gedeckelt: Wer mehr als 150 Kilometer am Stück fährt, muss einen Aufpreis zahlen.

Auf eine andere Version wird vermutlich BMW zusammen mit Sixt setzen. Bei dem Modell stattet das KVR für 1800 Euro Jahresgebühr die Autos der Anbieter mit einer speziellen Sondergenehmigung aus. Die erlaubt es den Nutzern, das Auto in allen Parklizenzzonen abzustellen - dort aber nur in "Mischzonen", also in den Bereichen, in denen Anwohnerfahrzeuge und Autos ohne Parkwapperl für die jeweilige Zone abgestellt werden können. Parkgebühren fallen dann nicht an.

Pilotversuch auf vier Jahre befristet

Die Nutzer sollen die Autos zum Beispiel über ihr Handy oder die Internetseiten der Anbieter orten können. Um auch hier zu verhindern, dass zu viele Carsharer den Anwohnern die Parkplätze wegnehmen, wird die Zahl der Ausnahmegenehmigungen insgesamt (also aus beiden Modellen) auf 1200 begrenzt.

Dem Vernehmen nach will BMW rund 300 Autos auf die Münchner Straßen stellen; offiziell schweigt der Konzern jedoch zu den Plänen. Insider rechnen damit, dass BMW Anfang Februar Details vorstellen wird. Vorbild für alle Unternehmen ist das Projekt "Car2go", das Daimler in Ulm gestartet hat. Dort hat der Konzern 200 Smarts in der Stadt verteilt - die Nutzer können diese ausleihen und an anderer Stelle in der Stadt wieder abstellen.

Klassische Carsharing-Anbieter kritisieren unter anderem den Tarif, da Daimler nicht kilometerabhängig abrechnet. Leitgedanke des Carsharings ist es aber, die Kunden "durch das Tarifsystem zu einer sparsamen Autonutzung zu bewegen", so der Branchenverband. Bei Car2go bestehe die Gefahr, dass das neue Konzept "den Nahverkehr kannibalisiert und bisherige Monatskartenbesitzer abwirbt".

Deshalb will KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle den Pilotversuch zunächst auf vier Jahre befristen - und in einer wissenschaftlichen Studie untersuchen lassen, ob tatsächlich mehr Münchner auf Carsharing gesetzt haben und der private Autoverkehr so reduziert wurde. Bei Car2go selbst heißt es, München sei zwar "eine interessante Stadt, auf die wir das Konzept ausdehnen könnten". Konkrete Pläne für München habe das Unternehmen aber noch nicht.

© SZ vom 21.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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