Cannabis:SPD will ein Recht auf Rausch

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Bela Bach ist seit März Vorsitzende der SPD im Landkreis. Die Planeggerin peilt eine erneute Kandidatur für den Bundestag im Jahr 2017 an. (Foto: Claus Schunk)

Die Sozialdemokraten im Landkreis fordern eine Entkriminalisierung von Cannabis. Auch der Landtagsabgeordnete Peter Paul Gantzer unterstützt den Vorstoß - damit sich die Polizei auf Wichtigeres konzentrieren kann

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Die neue SPD-Kreisvorsitzende Bela Bach hat ihr erstes großes Thema gesetzt und beim Parteitag im Münchner Hofbräuhaus die große Mehrheit der Delegierten hinter ihren Antrag für die Entkriminalisierung von Cannabis versammelt. Der Kreisverband München-Land stimmte für die staatliche Produktion und den Verkauf von Cannabis sowie eine Legalisierung "beschränkter Mengen" für "Erwachsene". Dem Entscheid ging eine lebhafte Debatte voraus, bei der Bachs Antrag unter anderem die Unterstützung der SPD-Landtagsabgeordneten Natascha Kohnen und Peter Paul Gantzer erhielt; bei der sich aber auch ein einheitliches Bild unter den Delegierten abzeichnete.

Die offene Diskussion im Wappensaal eröffneten auf Einladung Bachs der Rechtswissenschaftler Bernd Schünemann, der als Unterzeichner des Schildower Kreises aus der Sicht eines Juristen für eine staatlich kontrollierte Entkriminalisierung von Cannabis plädierte, sowie Peter Schall, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, der mit der Erfahrung aus "40 Jahren Praxis" für die restriktive Drogenpolitik in Deutschland warb. Freilich fand insbesondere die ausgefeilte Argumentationslinie von Schünemann Zustimmung unter Gästen im Wappensaal - darunter mehrere Mitglieder der Initiative für das Volksbegehren "Ja zu Cannabis in Bayern", die den Wappen im Saal ihr eigenes Logo in Form einer Hanfpflanze hinzufügten. Schünemann attestierte dem Bundesverfassungsgericht, das im Jahr 1994 das sogenannte "Cannabis-Urteil" gefällt hatte, "Volksverdummung" - das BVG sprach sich damals gegen ein "Recht auf Rausch" aus. Diese "Unterdrückung alternativer Lebensformen" sei indes nicht länger zu halten, urteilte der Rechtswissenschaftler. "Strafen stellen einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Menschen dar und dürfen nur in Extremfällen angewandt werden. Das ist hier aber nicht der Fall."

Sein Gegenpart Schall gestand ein, dass die Frage der Entkriminalisierung auch die Polizei in all ihren Facetten erreicht habe: "Auch bei uns wird das sehr kontrovers diskutiert." Aus seiner Sicht sei Cannabis aber nach wie vor "die Einstiegsdroge". "Viele Kollegen haben zu viele Fälle von Schwerstabhängigkeit und auch Drogentote gesehen - und natürlich berührt das auch Polizisten", sagte Schall. Die drohenden Strafen aber könnten immer noch Menschen dazu bewegen, von Drogen abzulassen, sagte Schall: "Klar ist auch: Gibt es eine Freigabe, gibt es kein Zurück mehr."

Und genau dieses Zurück wollen die Sozialdemokraten im Landkreis nicht; vielmehr streben sie den Schritt nach vorne an. Allerdings nicht in der Radikalität, die manchem Anhänger des Volksbegehrens lieb wäre. "Es geht hier nicht um die generelle Freigabe", erläuterte Bela Bach ihren Antrag. "Wir wollen die staatliche Kontrolle beibehalten, aber endlich den Besitz und Konsum von Cannabis entkriminalisieren." Bei der Beratung ihres Antrags ließ sich Bach schließlich von ihrer Förderin Natascha Kohnen überzeugen, die zwei kleine Änderungen in der Formulierung durchsetzte: Zum einen die Ergänzung, der Besitz "beschränkter Mengen" müsse legalisiert werden, zum anderen der Hinweis "ab 18 Jahren", der dann noch einmal in "Erwachsene" abgeändert wurde. "Ich stehe voll hinter dem Vorschlag, aber ich kenne unsere Leute", sagte Kohnen angesichts ihrer Vorschläge, die zunächst nicht nur Zustimmung fanden. "Unser Ziel muss es sein, erst einmal die Landes-SPD zu packen. Denn auf Bundesebene ist das noch kein Thema."

Auch Peter Paul Gantzer warb überraschend vehement für Bachs Vorschlag, schließlich ist der Haarer nicht nur sicherheitspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, sondern auch Ehrenkommissar der Bayerischen Polizei. Doch mit der Entkriminalisierung werde die "Mafia zurückgedrängt", und die Polizei spare sich Arbeit für Wichtigeres, sagte Gantzer. "Da wird der Landesparteitag schauen, wenn Peter bei dem Thema mit auf die Bühne kommt", freute sich Kohnen über Gantzers klares Bekenntnis vor dem Konvent an diesem Wochenende in Hirschaid bei Bamberg.

Axel Marquardt, Kommunalreferent der Landeshauptstadt, sagte, es müsse von diesem Parteitag ein politisches Signal ausgehen: "Über die Details muss dann in Berlin entschieden werden. Es ist gut, dass wir das Alter in den Antrag mit reinschreiben, dann kann uns keiner die Verderbnis der Jugend vorwerfen." Die Jugend in der Partei, in Person der 24-jährigen Vorsitzenden Bela Bach, freute sich mit einem breiten Grinsen über den Beschluss ihres Parteitages.

© SZ vom 26.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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